Kleine Parteien in Brandenburg und ihre Spitzenkandidaten - Von National-Konservativen bis zum Flughafen-Rebell

Mi 03.09.14 | 13:05 Uhr | Von Michael Schon

Elf Parteien wollen nach in den Brandenburg-Wahl ins Parlament einziehen – sechs von ihnen wären dort Neulinge. Das Spektrum reicht von der extrem rechten NPD über die Piraten bis zur extrem linken DKP. Die besten Chance hat die "Alternative für Deutschland" mit teils radikalen Vorschlägen. Von Michael Schon

Die kleinen Parteien in Brandenburg kommen in aktuellen Umfragen vor der Landtagswahl immerhin auf insgesamt 13 Prozent. Darin eingerechnet sind allerdings auch die Stimmen für die FDP.

AfD mit radikalen Vorschlägen

Doch tatsächlich Hoffnung auf den Einzug in den Landtag kann sich vermutlich nur die AfD machen.  Infratest dimap sieht sie in der aktuellen Sonntagsfrage bei sechs Prozent. Beobachter wie der Potsdamer Politikwissenschaftler Jochen Franzke rechnen damit, dass es auch bei der Wahl tatsächlich für den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde reichen wird. "Ich gehe davon aus, dass es in Brandenburg genügend Protestwähler gibt, damit es reicht", sagt er. Nach dem Einzug ins EU-Parlament wäre der Sprung in das Landesparlament ein erster Schritt für die AfD, sich in der deutschen Parteienlandschaft zu etablieren.

Inhaltlich setzt die AfD vor allem auf Sicherheits- und Bildungspolitik. Ihr Spitzenkandidat Alexander Gauland macht dabei auch radikale Vorschläge. So will er darüber nachdenken, die Kontrollen an der Grenze zu Polen wieder einzuführen. Auf diese Weise will er die Grenzkriminalität bekämpfen. Ein heikles Vorhaben, das in Deutschland, Polen und der Europäischen Union auf viel Kritik stoßen dürfte. Und das vor allem nicht das Land Brandenburg, sondern der Bund regeln müsste.

Beim Thema Bildung ist das Programm der AfD konservativ. So will die Partei zurück zum dreigliedrigen Schulsystem mit Gymnasium, Real- und einer Art Hauptschule. Die Förderschulen sollen in der gewohnten Form beibehalten werden. Vom gemeinsamen Lernen behinderter und nichtbehinderter Kinder an der gleichen Schule hält die AfD nichts.

AfD-Spitzendkandidat Gauland ist in Brandenburg kein Unbekannter. Jahrelang war er Herausgeber der etablierten Märkischen Allgemeinen Zeitung – und CDU-Mitglied. Er gilt als aufgeklärt konservativ, allerdings bislang ohne Faible für die Niederungen der brandenburgischen Landespolitik. Weniger gut beleumundet ist sein Mitstreiter Rainer van Raemdonck, zuvor Mitglied der rechtslastigen Partei "Die Freiheit".

Piraten wollen BER-Bau aufgeben

Auch die Piratenpartei möchte gerne den Landtag entern. Allerdings ist Brandenburgs Landesverband bisher eher durch lange Gründungswehen und Wechsel an der Parteispitze aufgefallen. In Umfragen spielt die Partei keine große Rolle – da liegt sie im Bundestrend. Auch mit ihren Inhalten dringt sie in Brandenburg bislang nicht recht durch: ein Grundrecht auf Internetzugang, Datenschutz und staatliche Transparenz. Ihre Parteifreunde in Berlin hingegen gelingt es, sich im BER-Untersuchungsausschuss zu profilieren. Vielleicht auch deshalb haben die Brandenburger Piraten nun ebenfalls den neuen Flughafen in Schönefeld als Wahlkampfthema entdeckt. Mit einer radikalen Forderung: Das Projekt solle aufgegeben werden, für das Gebäude eine Nachnutzung gesucht werden.

Freie Wähler bündeln Bürgerinitiativen

Ebenfalls auf das Thema Flughafen ist der Wahlkampf der BVB/Freien Wähler zugeschnitten. Spitzenkandidat ist Christoph Schulze. Er war seit 1990 als Abgeordneter für die SPD im Landtag. Bekannt wurde er als "Flughafen-Rebell", brach im vergangenen Jahr wegen Differenzen zum Nachtflugverbot mit der SPD und wechselte in die Grünen-Fraktion.

Dass er jetzt für die BVB, die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen, begründet er mit seinen Wurzeln in der Bürgerbewegung: "Das verursacht bei mir ein tiefes, warmes Gefühl", sagt Schulze. Die BVB/Freien Wähler wollen einen Volksentscheid darüber, ob der BER in Schönefeld in Betrieb geht oder anderswo ein neuer Flughafen gebaut wird. Sie bündeln aber auch die Interessen anderer Bürgerinitiativen – etwa gegen Windräder oder Abwassergebühren.

Parteien an den Rändern ohne Chance

Auch die rechtsextreme NPD und die Republikaner treten zur Wahl an. In Umfragen spielen sie aber keine bedeutende Rolle mehr. Die NPD hatte sich durch die Fusion mit der DVU einen Stimmenzuwachs erhofft. Die DVU gehörte dem vorletzten Landtag noch an. Während die NPD versucht, aus steigenden Asylbewerberzahlen Kapital zu schlagen, haben die Republikaner bislang kein Landtagswahlprogramm vorgelegt. Stattdessen setzen sie im Wahlkampf vor allem auf die gewohnten Standardplakate mit markigen Slogans zur Einwanderungspolitik.

Ebenfalls als chancenlos gilt die DKP. Die Kommunisten gehen den Landtagswahlkampf dialektisch an. Auf der Internetseite verbirgt sich das Wahlprogramm hinter dem Reiter "Wahlen ändern nix". Trotzdem wollen sie als wählbare Alternative vor allem Armut bekämpfen. Dabei haben sie offenbar auch die Kommunen im Blick: Denen sollen die Schulden erlassen werden. Allerdings auf Kosten von Bund und Land.

Berichtigung: In einer früheren Version haben wir die Republikaner als rechtsextreme Partei bezeichnet. Seit 2006 wird die Partei vom Verfassungsschutz jedoch nicht mehr als rechtsextrem geführt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen!

Beitrag von Michael Schon

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