rbb Wahl-Spezial der Spitzenkandidaten - Woidke kann sich zurücklehnen

Mi 10.09.14 | 09:38 Uhr | Von Sebastian Schöbel-Matthey
Video: rbb Wahl-Spezial | 09.09.2014 | Moderation: Tatjana Jury und Dirk Platt

Es war ihr letzter großer Auftritt vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag: Im rbb stellten sich die Spitzenkandidaten der drei großen Parteien den Fragen der Moderatoren. Am heftigsten knallte es zwischen Finanzminister Christian Görke (Linke) und Oppositionschef Michael Schierack (CDU). Unterdessen konnte Ministerpräsident Dietmar Woidke darüber nachdenken, mit wem er wohl lieber regieren möchte. Von Sebastian Schöbel-Matthey

Eine Koalition aus Linkspartei und CDU nach der Landtagswahl am kommenden Sonntag war schon vor dem rbb Wahl-Spezial eher unwahrscheinlich. Daher nutzten Christian Görke und Michael Schierack die TV-Debatte der Spitzenkandidaten, um sich als künftiger Juniorpartner der SPD darzustellen. Der Christdemokrat Schierack mühte sich, die Linkspartei als Koalitionspartner madig zu machen, während Görke sein Gegenüber einmal sogar als "Bedrohung für die Wähler" bezeichnete. Nur einer in dieser Runde schien in sich zu ruhen: Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD.

Schierack attackiert, Görke in der Defensive

Gleich zu Beginn der Debatte kann er sich davon überzeugen, dass ihm zumindest sein jetziger Finanzminister von der Linkspartei den Job nicht streitig machen will. "Ich bin Realist", entgegnet Görke gleich zu Beginn der Debatte auf die Frage von Moderatorin Tatjana Jury, was er denn besser könne als Woidke. Wer in Umfragen acht Prozent hinter der SPD liege, brauche sich keine Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs zu machen. Er wolle das Land gestalten, so Görke. "Vielleicht fragen sie mich in fünf Jahren, ob ich Ministerpräsident werden möchte."

Eine Steilvorlage für den CDU-Herausforderer Michael Schierack. Der hat seine Zurückhaltung bei Beginn des Wahlkampfes inzwischen abgelegt und verfolgt an diesem Abend gleich vom Start weg das Ziel, das rot-rote Gespann am Tisch zu sprengen. "Bewundert" habe er Dietmar Woidke einst, weil er noch vor wenigen Jahren der Linkspartei eher skeptisch gegenüber stand. "Was hat sich geändert?", will Schierack von Woidke nun wissen – und schiebt gleich noch den Vorwurf hinterher, Görke nutze Steuergelder, um seinen Wahlkampf zu finanzieren.

Schierack macht mit Tagebau-Streit Druck auf Görke

Woidke kontert doppelt: erst mit einem landesväterlichen Lob, dann mit einem politischen Seitenhieb. In den vergangenen zehn Jahren sei es in Brandenburg stetig bergauf gegangen, daran habe die CDU "ihren Anteil gehabt." Doch er erinnert auch daran, dass es 2009 im Streit über Billiglohn-Jobs zum Bruch mit der CDU gekommen ist: "Das können wir in diesem Land nicht brauchen."

Doch der gelernte Mediziner Schierack sucht und findet gleich darauf den nächsten Schmerzpunkt im rot-roten Koalitionskörper: Die Braunkohle. Während SPD und CDU in Sachen Kohleverstromung deutlich näher zusammenstehen, tut sich die Linkspartei bis heute schwer mit ihrem Ja zur Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd bei Cottbus. Ob sie einen weiteren Tagebau in Jänschwalde ebenfalls bewilligen würde, beantwortet Görke eher ausweichend. "Einen neuen Tagebau braucht man nur, wenn man ein neues Kraftwerk baut." Dafür finde sich aber kaum ein Investor, so Görke. "Sind sie für Jänschwalde oder nicht?", grätscht CDU-Mann Schierack dazwischen. Da platzt Görke erstmals der Kragen. "Sie müssen zuhören", faucht er seinen Tischnachbarn an. "Ich habe alles dazu gesagt."

In diesem Stil geht es weiter: Schierack nadelstichelt, Görke reagiert zunehmend genervt, und Woidke taxiert die beiden Bewerber um den Job als Nummer 2 in seiner nächsten Koalition. Zweimal lässt er dann aber doch eine deutliche Tendenz erkennen. Als Schierack den Pannen-Flughafen BER als "Mahnmal verfehlter rot-roter Politik" bezeichnet, erinnert ihn Woidke streng daran, dass im BER-Aufsichtsrat auch CDU-Politiker sitzen.

"Das ist Kreisklasse, was sie hier abliefern!"

Noch deutlicher wird der amtierende Landeschef beim Thema Haushaltspolitik und der Frage, wie ernst es seinem Herausforderer mit der Ausgabendisziplin ist. "Herr Schierack hat in seinem Wahlprogramm mehr Geld in einem Jahr ausgegeben als die SPD in ihrem Programm in fünf Jahren." 1,6 Milliarden Euro bis 2019 seien das, rechnet Woidke zusammen, bevor er kurz zum Personalchef in eigener Sache wird: "Was würden sie denn machen, wenn sie in vier bis sechs Wochen Finanzminister des Landes Brandenburg wären?" Auf jeden Fall einen soliden Haushalt vorlegen, kontert Schierack, "und ich würde eine Schuldenbremse einführen". "Brauchen wir gar nicht", sprudelt es aus Görke heraus, "weil wir gar keine Schulden machen. Das ist Kreisklasse, was sie hier abliefern!"

Mit wem er nach der Wahlen koalieren würde, ließ sich Woidke von Moderatorin Tatjana Jury bis zum Ende der Sendung nicht entlocken. Die Bewerbung als Juniorpartner überließ er seinen Wahlkampfgegnern. Christian Görke tat das für die Linke am deutlichsten. "Machen Sie die Linke stark, damit es Rot-Rot wird", so seine letzten Worte in dieser Debatte.

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Beitrag von Sebastian Schöbel-Matthey

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