Vergleich der Wahlversprechen - Es geht nicht um das "Ob", sondern um das "Wieviel"

Sa 13.09.14 | 22:15 Uhr | Von Amelie Ernst

Parteien versuchen sich vor allem im Wahlkampf möglichst deutlich abzugrenzen gegen die Konkurrenz. So auch vor den Brandenburger Landtagswahlen. Doch wie weit liegen sie in wichtigen Themen wirklich auseinander? Von Amelie Ernst

Brandenburg braucht mehr Lehrer - da sind sich eigentlich alle Parteien einig. Die Frage ist nur: Wie viele? Die SPD verspricht mindestens 400 neue Pädagogen, die Grünen wollen 500, die Linke 800 - und für CDU-Spitzenkandidat Michael Schierack müssten es mindestens 1.000 sein.

"Jede Schule soll einen Lehrer mehr bekommen und keine Stunde darf mehr ausfallen", erklärte der Politiker kürzlich im Wahlkampf und fügte an: "Wir geben eine Unterrichtsgarantie."

Wahlprogramme - Das wollen die Parteien

  • Bildung

  • Energie

  • Demografie

  • Mobilität

  • Innere Sicherheit

  • Arbeit

Mehr Lehrer

Das zieht im Wahlkampf, schließlich fielen allein im ersten Schulhalbjahr 2013/14 über 120.000 Schulstunden ersatzlos aus. Mancherorts fehlten Schülern deshalb sogar Noten im Zeugnis. Auch Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke kommt vor der Wahl um das Thema Unterrichtsausfall nicht herum.

"Wir wollen nicht nur fehlende Lehrer ersetzen, sondern auch zusätzliche einstellen, um die Kinder möglichst gut zu fördern", so Woidke. "Die beste Fachkräftesicherung ist dafür zu sorgen, dass sich jedes Kind in Brandenburg vom ersten Tag an gut entwickeln kann, um dann später auch in Ausbildung und Beruf ihre Frau oder seinen Mann stehen kann."

Mehr Erzieher

Auch in den Kindergärten und Krippen sind die Personalsorgen groß. Dabei hat die rot-rote Landesregierung den Betreuungsschlüssel bei den unter Dreijährigen bereits gesenkt: Statt wie zuvor für sieben ist eine Erzieherin heute nur noch für sechs Kinder zuständig. Für Linken-Fraktionschefin Margitta Mächtig durchaus ein Erfolg: "Es ist ein Unterschied, ob ich einen Erzieher für sechs oder fünf Kinder habe oder aber für sieben bis zehn Kinder."

Allerdings funktioniert der Betreuungsschlüssel allzu oft nur in der Theorie. Und nur dann, wenn keine Erzieherin krank oder im Urlaub ist. Zudem belegt Brandenburg in vielen Bildungsrankings weiterhin letzte Plätze. Das ärgert auch FDP-Spitzenkandidat Andreas Büttner. "Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels hat uns bundesweit von Platz sechzehn auf Platz sechszehn katapultiert" erklärt Büttner trocken. "Das ist der Erfolg dieser rot-roten Landesregierung."

Deshalb ist auch die Frage nach neuen Erziehern unter den Parteien keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wieviel.

Mehr Sicherheit

Ähnlich sieht es aus in Sachen Kriminalität. Dass speziell an der Grenze zu Polen und im Berliner Speckgürtel etwas passieren muss, darüber sind sich eigentlich alle Parteien einig. "Die Menschen fühlen sich nicht mehr sicher in diesem Land. Sie haben Angst um ihr Eigentum", sagt CDU-Landeschef Schierack. "Sie müssen zum Teil sogar Konkurs anmelden, weil sie die Prämien für ihre Landmaschinen nicht mehr bezahlen können. Das ist das Ergebnis rot-roter Politik."

Für die CDU heißt die Lösung: mehr Polizisten. Landesweit bräuchte es mindestens 8.000 Beamte, so Schierack. Die SPD plant mittelfristig 200 weniger ein und ruft beim Thema Grenzkriminalität lieber nach dem Bund. "Wir haben nun mal diese lange, lange Grenze von 400 Kilometern zu Polen", sagt Brandenburgs SPD-Generalsekretär Klaus Ness. "Und dieses kleine Bundesland Brandenburg mit seinen zweieinhalb Millionen Einwohnern und seinen geringen Finanzmitteln wird Unterstützung vom Bund brauchen, weil sich die Probleme eben nicht so schnell lösen lassen."

Mehr Versprechen

Grünen-Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher hat ihren Wahlkreis selbst im Berliner Speckgürtel. Dort wird besonders häufig eingebrochen. Ihr fehlt beim Thema Kriminalität grundsätzlich ein Konzept. "Wir können nicht in einem riesigen Flächenland an jeder Ecke einen Streifenwagen postieren", sagt Nonnemacher. "Streifenwagen ersetzen nicht eine gute fachliche Praxis: Wir brauchen gute polizeiliche Ermittlungsarbeit und Kooperationen über die Grenze, denn die Verbrecherbanden haben sich internationalisiert."

Auch die AfD versucht mit dem Thema Sicherheit zu punkten. Ihr Parteivorstand Bernd Lucke absolvierte mehrere Wahlkampfauftritte in Brandenburg und erklärte unter anderem: "Fast eine halbe Stunde braucht die Polizei im Durchschnitt, bis sie am Ort des Geschehens ist", so der Bundeschef der Partei. "In Nordrhein-Westfalen ist sie nach 15 Minuten zur Stelle. Da fragt man sich doch, warum es in Brandenburg so schlecht ist und weshalb hat es sich in den letzten fünf Jahren verschlechtert?"

Hintergründe wie unterschiedliche Bevölkerungszahlen oder geringere Haushaltsmittel vergleicht Lucke lieber nicht. Alles in allem fehlen dem Brandenburger Landtagswahlkampf die ganz großen Kontroversen: Nicht selten geht es deshalb vor allem um die Frage "Wieviel mehr?" und darum, wer seine Versprechen am glaubwürdigsten vermittelt.

Beitrag von Amelie Ernst