Bankmanager trinken Sekt (Quelle: rbb)

- Nieten in Nadelstreifen - Anklage im Berliner Bankenskandal

Es wird ungemütlich für die ehemaligen Manager der Berlin-Hyp Bank. In der 750 Seiten umfassenden Anklageschrift erhebt die Staatsanwaltschaft gegen den kompletten ehemaligen Vorstand und Teile des Aufsichtsrats sowie gegen einen ehemaligen Abteilungsleiter den Vorwurf der Untreue im besonders schweren Fall. Faule Kredite verbunden mit undurchsichtigen Parteispenden hatten die Bankenaffäre in der Hauptstadt ins Rollen gebracht und einen Milliardenschaden verursacht. Olaf Jahn, Susanne Opalka, Matthew D. Rose und Marcus Weller zeigen, wie die ehemalige Bankmanager offenbar krumme Dinger drehten und damit den größten Wirtschaftsskandal der Nachkriegsgeschichte auslösten.

Sie hatten wohl gehofft, es wachse Gras über die Sache: der Berliner Bankenskandal, die vielen verschleuderten Milliarden, auf denen – natürlich - die Steuerzahler sitzen bleiben. Aber: jetzt wird es ungemütlich für die ehemaligen Manager: Ein kompletter Vorstand wird vor Gericht stehen wegen Untreue in besonders schwerem Fall! Das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Olaf Jahn, Susanne Opalka, Mathew. D. Rose und Marcus Weller zeigen Ihnen, wie viel kriminelle Energie in einem Nadelstreifenanzug stecken können!

Blumen für Bilanzfälscher. Der bittere Gruß gilt dem Berliner Banker Ulf Decken und seinem Kollegen Jochem Zeelen. Sie sind die ersten Manager, die im Zuge der Aufklärung des Berliner Bankenskandals verurteilt wurden. Die Strafen sind gering, denn die Manager waren in dem Milliardenskandal nur kleine Lichter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, doch immerhin ein Anfang. Das glaubt auch der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Bankenskandal:

Frank Zimmermann, Vorsitzender Berliner Banken-Untersuchungsausschuss
„Für mich ist das ein wichtiger Schritt auch für die weiteren Verfahren. Mich stimmt diese Verurteilung durchaus optimistisch für das weitere Vorgehen.“

Eigentlich geht es um viel mehr. In Kürze soll es die wirklich Verantwortlichen treffen. Der komplette Vorstand der Berliner Hypothekenbank soll angeklagt werden, die größte Bankenkrise der Nachkriegsgeschichte mit verursacht zu haben. Der Vorwurf: Untreue im besonders schweren Fall. Mögliches Motiv: Sie wollten ihre Macht und ihren Einfluss erhalten.

Für die Hauptstadt hieß das: Milliardenschulden und ein einmaliger Politskandal. Das Volk ging auf die Straße. Es forderte: Konsequenzen.

KONTRASTE hatte nun erstmals Einblick in Unterlagen, die für den Prozess entscheidende Bedeutung haben könnten. Vier Jahre lang haben diese Sonderermittler alles zusammengetragen, was die Manager hinter Gitter bringen soll.

Berlin, Anfang der 90er Jahre. Klaus-Rüdiger Landowsky ist der mächtigste Mann der Hauptstadt. Als CDU-Fraktionschef entscheidet er über politische Karrieren. Als Vorstandschef der Berliner Hypotheken-Bank kann er über Millionenkredite mit bestimmen. Er kann ganze Unternehmen aufbauen – oder ihnen die Luft abdrehen. Viele sind von ihm abhängig.

"Mir kann keener" – das verkörpert keiner so wie er: Klaus Rüdiger Landowsky.

Jetzt endlich ist das Spiel aus. Angeklagt wird der komplette Vorstand der Berlin Hyp. 470 Millionen Mark sollen sie mit kriminellen Methoden an dubiose Geschäftemacher und Parteifreunde vergeben haben. Und das zum Schaden der Bank und der Berliner Steuerzahler.

Im Rausch der Wiedervereinigung wollte man in der Hauptstadt das ganz große Rad drehen. Als Global Player. Ergebnis: Ein Desaster.

Auslöser der Krise: Der Kreditskandal um das Plattenbauimperium AUBIS. Es gehört zwei Berliner CDU-Politikern. Christian Neuling ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter. Und in der Berliner CDU-Fraktion hat er im Abgeordnetenhaus jahrelang neben Landowsky gesessen. Klaus-Hermann Wienhold ist ein Ex-Polizist, aber auch er hat als CDU-Politiker lange an der Seite Landowskys gekämpft. Die Unternehmer sind Teil eines mächtigen Berliner Netzwerkes gemeinsamer Interessen – und sie sind damit erfolgreich.

Obwohl sie kaum Erfahrung haben gelingt es ihnen, sich ein Plattenbauimperium zusammenzukaufen. 16.000 Wohnungen. Für rund eine halbe Milliarde Mark. Sie träumen vom ganz großen Geld. Ihren Aufstieg ermöglicht nahezu vollständig diese Bank: Die BerlinHyp, geführt von ihrem alten Parteifreund Klaus-Rüdiger Landowsky.

Frank Zimmermann, Vorsitzender des Berliner Banken-Untersuchungsausschuss
"Die Aubis-Manager hatten weder genügend Erfahrung mit der Sanierung von Plattenbauten, noch hatten sie ausreichend Kapital, noch war das Unternehmen insgesamt hinreichend seriös um diese großen Summen zu rechtfertigen. Das zeigen alle Ermittlungen die wir angestellt haben, und davon geht auch die Staatsanwaltschaft aus."

Markneukirchen, eine Kleinstadt in Sachsen. 1995 erhalten Wienhold und Neuling ihren ersten Großkredit für diese Plattenbauten, 8,5 Millionen Mark. Dabei hatten Wienhold und Neuling bereits bei einem anderen Darlehen Zahlungsschwierigkeiten. Die Bank drohte deshalb sogar mit Zwangsvollstreckung. Doch nur 24 Stunden später ändert sich alles. Die Bank gibt ausgerechnet diesen Kunden erneut einen Kredit.

Christian Neuling und sein Partner Klaus Hermann Wienhold erhielten immer wieder Geld. Dabei reichten sie Unterlagen ein, die für andere Banken inakzeptabel waren.
Zum Beispiel für die Commerzbank. Sie lehnte eine Kreditanfrage harsch ab. Der Grund:

"Die Unterlagen erwiesen sich als unzureichend, insbesondere weil die zur Erfüllung von §18 KWG erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt worden sind."

Nicht kreditwürdig – so urteilten viele Banken über AUBIS – und verweigerten die Darlehen.

Dresdner Bank: ABGELEHNT.

Deutsche Pfandbrief- und Hypothekenbank: ABGELEHNT.

DG Bank: ABGELEHNT.

Und so weiter . . . .

Bei der BerlinHyp dagegen heißt es immer wieder: "Genehmigt".

Sie zahlte hunderte von Millionen Mark.

Dazu verhalfen Vorstandsmitglieder Aubis mit dubiosen Methoden. Nächstes Beispiel: Für diese Plattenbauten in Leipzig brauchte AUBIS gleich 80 Millionen Mark. Eine kritische Summe. Denn bereits Darlehen von 30 Millionen Mark an muss der Aufsichtsrat prüfen.

Doch schließlich wurde diese Summe so gestückelt, dass vier Einzelkredite unterhalb der 30-Millionen-Grenze entstanden.

Nach KONTRASTE-Informationen scheint jetzt klar:

In diese Machenschaften war der Bankvorstand eingeweiht. Die Notiz eines Mitarbeiters:
"…ist im Vorstand besprochen worden, dass es sich jeweils um ein Einzelprojekt handelt und nicht die Gesamtsumme sämtlicher Darlehen…zu sehen ist."

Die Staatsanwälte sind sicher: Vorstandsmitglieder haben ihren Aufsichtsrat gezielt umgangen. Und sie vermuten: Wichtige Akten wurden manipuliert - zugunsten von Aubis. Für die Ermittler steht fest: Die Kredite hätten nie genehmigt werden dürfen.

Der Vorstand wusste offenbar genau, worauf er sich einließ. Das legt ein interner Vermerk nahe. Ein Vorstandsmitglied schreibt an seine Kollegen:

"Darüber hinaus war allen Beteiligten von Anfang an klar, dass die Vermögensverhältnisse der Herren Neuling und Wienhold für das Kreditengagement keine ausreichende Basis darstellen."

Sie haben es also offensichtlich gewusst und davon profitiert. Mögliches Motiv: höhere Gehälter, steigende Tantiemen und der Erhalt ihrer Macht.