- Anschlag auf Polizisten – die Linke und die Gewaltfrage

Linksextremisten rufen immer öfter zu Gewalt auf. Bei einer Demo gegen das Sparpaket der Bundesregierung wurden am 12. Juni 2010 14 Polizisten durch einen Sprengsatz verletzt. Als Mitveranstalter distanzieren sich die Linke und die Gewerkschaft ver.di nicht von gewaltbereiten Gruppen. Ihnen ist ein breites Bündnis gegen die Regierung wichtiger.

ACAB - kennen Sie diese Abkürzung? All Cops are Bastards. Alle Polizisten sind Bastarde. Linksextremisten benutzen solche Sprüche und meinen sie leider sehr ernst. Das zeigt die zunehmende Gewalt gegen Polizisten. Jüngstes Beispiel: Die Großdemonstration gegen die Sparbeschlüsse der Bundesregierung in Berlin, 14 Polizisten wurden verletzt, als offenbar aus dem linksautonomen Block ein Sprengkörper geworfen wurde. Doch die Veranstalter sehen wenig Grund, sich von den Linksextremisten zu distanzieren. Jo Goll und Andreas Jöhrens.

Polizeibeamter
„Im ersten Moment dachte ich, Beine sind weg. Erstmal runtergeblickt an mir, gesehen, dass also die Wade offen war, stark geblutet hat. Und die ganzen Beine vom Knöchel bis zum Oberschenkel alles rot war, zerschrammt, uffjerissen.“

Polizeibeamter
„Das hätte bedeuten können, dass ich meine Kinder nie wieder sehe, meine Lebensgefährtin, ich denke mal, der absolute Extremfall, aber mit dieser Wucht, mit diesem Knall, hätte man wirklich Leben auslöschen können.“

Ein Anschlag auf Polizisten. Verbrennungen, Fleisch- und Schürfwunden. Splitter des selbstgebauten Sprengsatzes bohren sich bis zu acht Zentimeter tief in die Beine von Stefan S. und Olaf H. In über 20 Dienstjahren haben sie so etwas noch nicht erlebt, sagen die Beamten. Polizisten in Angst vor Anschlägen und Drohungen aus der linksextremistischen Szene: Auch deshalb wollen sie nicht erkannt werden

12. Juni 2010: Großdemonstration in Berlin. 20 000 Menschen gehen auf die Straße. Gegen das Sparpaket der Bundesregierung. An der Spitze des breiten Bündnisses: Gesine Loetzsch, Bundesvorsitzende der Linken, mit dabei: die Gewerkschaft verdi. Und: der so genannte antifaschistische Block. Von hier aus, so der heutige Ermittlungsstand, fliegt der Sprengsatz in Richtung Polizei. Bilanz: zwölf leicht- und zwei schwerverletzte Polizisten.

Wir besuchen den Anmelder der Demonstration. Er ist Versicherungsmakler. Das Büro von Michael Prütz liegt mitten in Kreuzberg. Der Alt-Linke bedauert zwar die Verletzung der Polizisten, kündigt aber trotzdem einen heißen Herbst an. Radikal-Rhetorik eines bürgerlichen Anti-Kapitalisten.

Michael Prütz, Anmelder der Demonstration
„Es ist doch ganz eindeutig und klar: Die Bundesregierung hat mit diesem Sparpaket eine Kriegserklärung an große Teile der Bevölkerung ausgesprochen. Dieses wird versucht durch solche Petitessen, wie der Frage von Gewalt oder scheinbarer Gewalt auf Demos, wird versucht in den Hintergrund zu spielen.“

Gewalt gegen Polizisten. Nur eine Petitesse?

Versicherungsmakler Prütz hat das Bündnis gegen das Sparpaket organisiert. Zu den Unterzeichnern gehören neben verdi und der Linken auch die Antifaschistische Linke Berlin ALB und die Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin ARAB.

Beide Gruppierungen beobachtet der Berliner Verfassungsschutz seit Jahren. Im aktuellen Bericht, der für jedermann im Internet einsehbar ist, kommen die Ermittler zu einem eindeutigen Schluss:

Zitat
„Die ALB befürwortet den Einsatz von Gewalt.“

Und über die ARAB heißt es:

Zitat
„Sie gehört zu den Gewalt ausübenden autonomen Gruppierungen, propagiert einen militanten Antifaschismus und verknüpft ihn mit dem Kampf gegen das ‚herrschende System‘.“

Trotz dieser Erkenntnisse: Der Klassenkampf geht der Linken und dem Anmelder der Demonstration über alles, egal wer mit im Boot sitzt

KONTRASTE
„Wäre es da nicht an Ihnen zu sagen: ‚Darauf haben wir keine Lust, mit solchen Leuten wollen wir nichts zu tun haben?‘“
Michael Prütz, Anmelder der Demonstration
„Dieses Gruppen sind Bestandteil dieses Bündnisses und werden es auch bleiben.“

Ehrhart Körting (SPD), Innensenator Berlin
„Ich erwarte von Veranstaltern von Demonstrationen schon, dass sie bei Gruppierungen, bei denen wir vom Verfassungsschutz sagen, die sind gewaltbereit, wie ALB in Berlin oder ARAB oder andere, dass man sagt, mit denen mach ich keine gemeinsame Sache. Mit Gewalttätern legt man sich nicht ins Bett…“

Wir sind unterwegs in Berlin-Kreuzberg. Hochburg der autonomen Linken. ACAB – All cops are bastards. Alle Polizisten sind Bastarde. Nur eine Losung der selbst ernannten antifaschistischen Gruppierungen. Der erklärte Feind ist: die Polizei. In Szeneläden werden Aufkleber mit eindeutigen Botschaften verkauft. Wir wollen mit der ALB über die Anschläge auf Polizisten reden. Doch keiner will sich dazu äußern.

Wir fragen bei der Linken im Bundestag nach. Auch sie ruft gemeinsam mit ALB und ARAB zum Protest gegen Sozialkürzungen auf.

KONTRASTE
„Wäre es aus Ihrer Sicht jetzt nicht an der Zeit zu sagen, wenn aus diesen Gruppierungen solche Aktionen gestartet werden, dann müssen wir uns von solchen Leuten trennen?“
Gesine Lötzsch (Die Linke), Parteivorsitzende
„Ich kann nur noch mal wiederholen: Wir sind dafür, alle zu überzeugen, friedlich ihren Protest zum Ausdruck zu bringen und was die Demonstrationen betrifft, ist ja noch gar nicht aufgeklärt, wer wirklich dieses Unglück verursacht hat und ich finde man muss immer genau hinschauen.“

Tatsache ist: Aus dem Block der antifaschistischen Gruppierungen wurden schon vor der Detonation kleinere Feuerwerkskörper auf Polizisten geworfen – dazu: immer wieder Rangeleien mit den Beamten. Dies belegen Dokumentationsbilder der Berliner Polizei. Schon hier hätte das Bündnis – also auch die Linke - einschreiten können oder: müssen.

Doch genau das passiert nicht. Während Stefan S. und Olaf H. von ihren Kollegen zum Notarztwagen gebracht werden, schiebt der der Lautsprecherwagen der Antifa-Gruppen die Schuld für den Anschlag auf die Polizei

Auch vom offiziellen verdi-Lautsprecherwagen keine Reaktion auf den Gewaltausbruch. Wir wollen wissen, warum die Gewerkschaft gemeinsame Sache mit den gewaltbereiten Extremisten macht.

KONTRASTE
„Ist es nicht naiv zu sagen: ‚Die werden schon friedlich demonstrieren, wenn es um das Sparpaket der Bundesregierung geht?‘“
Christoph Schmitz, verdi Bundesverband
„Diese Unterstellung, dass es naiv sei bei einer Demonstration zu glauben, dass die Leute die mit einem demonstrieren politische Ziele verfolgen, wäre ein Totschlagsargument gegen das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit.“

Wo aber bleiben hier die Grundrechte der Polizisten? Körperliche Unversehrtheit, Menschenwürde. In Teilen der linksextremistischen Szene scheinen sie Freiwild zu sein. Kurz nach dem Anschlag finden wir im Internet diese Aussage:

Zitat
„Das ist so peinlich was die Polizei bei Demos veranstaltet. Dürfen sich nicht beschweren wenn am Ende echt mal einer von denen getötet wird.“

Ehrhart Körting (SPD), Innensenator Berlin
„Das sind rot lackierte Faschisten. Das heißt, die sind genauso bereit, Menschenleben von Andersdenkenden oder von Staatsdienern zu gefährden und verhalten sich nicht anders als diejenigen in der schlimmsten Zeit unserer Geschichte.“

Es wird noch einige Wochen dauern, aber dann werden Olaf H. und Stefan S. in den Dienst zurückkehren müssen. Und zu Hause bei ihren Frauen herrscht die Angst, besonders bei Großeinsätzen.

Olaf H., Polizeibeamter
„Sie hat natürlich jetzt Angst, wenn der nächste große Einsatz kommt, also ich denke mal, wenn sie nächstes Jahr am 1. Mai zuhause sitzt, und wir am 1. Mai wieder in Einsatz gehen, dann wird sie keine ruhige Minute schlafen, bevor wir nicht zu hause sind.“



Autoren: Jo Goll und Andreas Jöhrens.