- Umstrittene Helfer: Spielen deutsche Salafisten den IS-Terroristen in Syrien in die Hände?

Sie sammeln Spendengelder in Deutschland, organisieren Hilfskonvois und bauen Koranschulen in den umkämpften Regionen in Syrien: "Helfen in Not" und "Ansaar international", zwei beide Vereine mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Zu ihren Unterstützern gehören auch radikale Islamisten. Bereiten die Vereine mit ihren Hilfslieferungen auch den Boden für radikale islamistische Milizen vor Ort? Eine Spurensuche der KONTRASTE-Redaktion. 

Allerdings muss man sagen: Alles, was wir hier als ungerecht und schlimm empfinden, ist nichts im Vergleich zu dem, was den Menschen in Syrien und Irak zur Zeit durch die Terrormiliz Islamischer Staat widerfährt: Menschen werden hingerichtet, gekreuzigt, gesteinigt, Dieben werden die Hände abgehackt. Ein Rückfall in barbarische Zeiten. Doch der Krieg tobt weiter. Hilfe für Verletzte und Zivilisten kommt - auch aus Deutschland. Doch nun gibt es einen schlimmen Verdacht: Zwei muslimische Hilfsorganisationen aus Dtl. sollen den Boden für die Dschihadisten bereiten! Eine Spurensuche von Susanne Katharina Opalka, Sascha Adamek und Chris Humbs.

Ansaar International. Eine der größten islamischen Hilfsorganisationen Deutschlands sitzt im Kellergeschoss eines Düsseldorfer Mietshauses. Der Verein ist vor allem im Kriegsgebiet Syriens aktiv. Doch was genau macht Ansaar dort? Wir wollen dem Vorsitzenden, Joel Kayser genannt Abdurahman Fragen stellen.

KONTRASTE
„Ich bin von ARD Kontraste. Wir hatten ihnen geschrieben!“
Joel Kayser
Ansaar International

„Ja.“

Doch der Vorsitzende hat für ein Interview gerade keine Zeit.

KONTRASTE
„Aber eine Frage, eine Frage habe ich nur, eine Frage ...“
Joel Kayser
Ansaar International

„Machen Sie es gut!“

Ein Hilfsverein, der uns die Tür vor der Nase zuschlägt?

In Internetvideos wie diesem wirbt der muslimische Verein Ansaar neue Mitglieder und Spender – mit Kriegsbildern aus der islamischen Welt und Kindern als Opfer.

Rupert Neudeck war selbst bis vor kurzem in Syrien. Er ist Gründer der Organisation Grünhelme. Seit Jahrzehnten leistet er humanitäre Hilfe. Vereine wie Ansaar sind für ihn vor allem islamistisch ausgerichtete Organisationen. Ihre Arbeit sieht er kritisch.

Rupert Neudeck
Vorsitzender Grünhelme

„Es ist eine rein parteiische Hilfe. Die nur für bestimmte Länder überhaupt gedacht ist. Also das ist ein Rückfall in der Geschichte der humanitären Hilfe, den ich mir schlimmer gar nicht vorstellen hätte können.“

Neudecks Kritik an diesem Verein scheint auch aus anderen Gründen berechtigt: In diesem Werbevideo von Ansaar transportieren Helfer in ausgedienten Krankenwagen Hilfsgüter nach Syrien. Gut sichtbar: der Schriftzug des Deutschen Roten Kreuzes – der nach der Genfer Konvention international für Neutralität steht und die Helfer schützen soll. Wir zeigen die Bilder dem Deutschen Roten Kreuz.

Dieter Schütz
Deutsches Rotes Kreuz

„Wenn das Logo Schriftzug des Roten Kreuzes trägt, ist das Bruch des humanitären Völkerrechts. Für uns ist es sehr schwierig, weil es unsere Arbeit in solchen Ländern gefährdet und unserer Neutralität in Zweifel gezogen werden kann.“

Wir konfrontieren Ansaar mit dem Vorwurf, die Genfer Konvention zu brechen. Der Verein behauptet, die Schriftzüge immer zu überkleben und erklärt, Zitat:
„Ob im Einzelfall einmal ein Aufkleber während der Fahrt abgefallen ist, entzieht sich unserer Kenntnis.“

Ihre Hilfe ist nicht nur humanitär, sondern auch streng religiös motiviert – das Missionieren ist ein Ziel: Der radikalen Islam soll sich ausbreiten. In Videos präsentieren sie ihre Hilfe für Schulen und den Koranunterricht – Ansaar-Chef Joel Kayser mittendrin. Ein anderes Video zeigt salafistische Handzeichen.

Kindern wird hier der fundamentalistischen Islam indoktriniert – ganz auf der Linie des neugeschaffenen Kalifats „Islamischer Staat“. Ein Ansaar-Aktivist bringt die Absicht auf den Punkt.

Ansaar-Aktivist
„Die Spende, die von euch kommt, kommt an die Schulen, an die Koranschulen auch. Die kriegen auch Teile von uns, so Gott will. Damit den Kindern weiter Koran und Scharia beigebracht werden können.“
Ansaar-Aktivist
„Die Kinder, die hier erzogen werden, die werden das Land mitaufbauen, so Gott will, nach Koran und Sunna.“

Bereitet die Organisation so auch den Boden für die islamistischen Terrormilizen und ihren Kalifatsstaat? Sicher ist, mit deutscher Hilfe werden Kinder für das Leben unter der Scharia geschult.

Und das sogar mit Steuergeldern. Denn der Verein Ansaar ist gemeinnützig und damit steuerbegünstigt. Auf Anfrage bestreitet der Verein schriftlich, irgendwelche Partner in Syrien zu haben und schon gar nicht mit islamistischen Terrormilizen zu kooperieren, Zitat:
„Als humanitäter Hilfsbund halten wir jede Art von Aggression gegen Wehrlose und Unschuldige ganz egal von wem sie ausgeht, für verwerflich. Wir halten uns auch ganz bewusst aus politischen Statements heraus und beschränken uns auf die Hilfe für Notleidende.“

Ein anderer deutscher Hilfsverein: "Helfen in Not". Auch er verteilt in Syrien Hilfsgüter – aktuell bei Aleppo.

Bei der Werbung auf seinen Spendengalas in Deutschland treten auch radikale Hassprediger wie Ibrahim Abou Nagy auf. Er propagiert die Überlegenheit der Muslime, hetzt gegen Christen und Juden.

Ibrahim Abou Nagy
„Viele Leute verstehen das immer noch nicht, warum die Christen und die Juden in der Hölle kommen werden und für alle Ewigkeit dort bleiben werden, wenn sie den Islam nicht annehmen. Dein Schöpfer hat dir befohlen, den Koran zu folgen, hat dir befohlen, dem Propheten zu folgen, tust du das nicht, wirst du bestraft werden.“

Die beiden Vereine Helfen in Not und auch Ansaar werden vom Verfassungsschutz verdächtigt, zur Radikalisierung junger Muslime auch in Deutschland beizutragen und womöglich sogar neue Kämpfer für Syrien zu rekrutieren.

Torsten Voß
Verfassungsschutz Hamburg

„Wir beobachten auf den Veranstaltungen, dass dort auch Prediger auftreten, die den Dschihad unterstützen, dass auch auf diesen Veranstaltungen der Dschihad – also der islamistische Widerstand im Bereich Syrien und Irak unterstützt wird. Sodass es mindestens auch eine Unterstützung der dortigen Kämpfer gibt.“

Ein mögliches Beispiel: Sabri Ben Abda. 2013 war er auch als Kameramann mit dem Verein Helfen in Not in Syrien unterwegs. Seine Weltsicht machte er in einem Video klar. Er hetzt gegen nicht-muslimische Helfer aus Deutschland.

Sabri Ben Abda
„Mitten im Krieg kommen Nicht-Muslime hierher, Kuffar hierher, ihr Leben setzen sie auch aufs Spiel, aber damit sie ihre Werte verbreiten können, in Deutschland werden wir permanent bekämpft, weil wir zu dem stehen, was wir auch sind. Wir sind Muslime und lieben Allah. Wir stehen halt zur Scharia und alles andere, was mit dem Islam auch in Verbindung ist. Aber sie sind schon mitten hier im Krieg und sind schon Arbeiten am Verrichten, damit die Muslime später geimpft werden auf Demokratie.“

Er meinte Männer wie ihn, den Entwicklungshelfer Bernd Blechschmidt von den Grünhelmen. Ben Abda war Blechschmidt 2013 zufällig in Syrien begegnet. Er hatte Blechschmidt damals bedrängt, forderte den Reisepass des Helfers und hielt das ganze auch noch auf Video fest.

Fünf Tage nach dieser Begegnung wird Blechschmidt von islamistischen Milizen entführt.

Dem Entwicklungshelfer belasten die 50 Tage seiner Entführung bis heute.

Bernd Blechschmidt
„Das ist nicht wirklich zu beschreiben. Ich habe mehrmals mit meinem Leben abgeschlossen in der Zeit und von daher ja, grausam.“

Seit der Tat sind eineinhalb Jahre vergangen:

Bernd Blechschmidt
„Für mich persönlich ist es natürlich verheerend, dass nach der langen Zeit immer noch kein Täter gestellt ist, für internationale Organisationen ist es ganz klar das Zeichen davon ausgegangen, wir können keine Helfer mehr nach Syrien schicken und für Organisationen vor Ort, islamischer Herkunft bedeutet es ganz einfach, man kann weitermachen wie gehabt.“

Aber war der Helfen-In-Not-Aktivist auch in die Entführung Blechschmidts involviert? Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Wir suchen den heutigen Vorsitzenden der Organisation. In einer Einfamilienhaussiedlung in Neuss werden wir fündig:

KONTRASTE
„Und diese Geschichte mit den Grünhelmen?“
Bekir Astürk
Vorsitzender „Helfen in Not e.V.“

„Definitiv wir haben nie was gehabt mit denen. Auch gar nix.“
KONTRASTE
„Da ist aber dieses Video, das ein ehemaliger Mitarbeiter von Ihnen ...“
Bekir Astürk
Vorsitzender „Helfen in Not e.V.“

„Das war nie ein Mitarbeiter. Wer hat denn gesagt, dass das ein Mitarbeiter war?“
KONTRASTE
„Sie selbst haben mal erklärt, dass er für Sie tätig war.“
Bekir Astürk
Vorsitzender „Helfen in Not e.V.“

„Nein, nein, er ist uns mit gekommen, er hat Videos für uns aufgenommen, das heißt nicht dass er für uns gearbeitet hat, er hat Videos aufgenommen und die Videos haben wir von ihm genommen, das war’s, mehr nicht.“

Rupert Neudeck versteht angesichts der Aktivitäten des Vereins Helfen in Not den Staat nicht mehr.

Rupert Neudeck
Vorsitzender Grünhelme

„Wenn das nicht ein zureichendes Moment ist, um einer deutschen Organisation den Garauszumachen und sie zu verbieten, dann weiß ich nicht, dann ist dieser Staat ein Nachtwächterstaat.“

 

 

Beitrag von Susanne Katharina Opalka, Sascha Adamek und Chris Humbs