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- Jammern auf hohem Niveau – Kritik an Schickedanz und Co.

Im Zeitungsinterview mit der Bild am Sonntag beklagte sie ihr Schicksal: die einst milliardenschwere Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz: Die Folge: Spott und Häme. Was lief schief? Dass sie von 600 Euro im Monat leben müsse, sei einfach unglaubwürdig, sagen PR-Experten. Das Zeitungsinterview – ein Desaster für das Image.

Liebe Zuschauer, wir konnten es nicht lassen, für diese Sendung haben wir uns auch ein paar Gedanken gemacht über: Madeleine Schickedanz, die milliardenschwere Quelle-Erbin. Was ist nur in sie gefahren? Als das Ende der ruhmreichen Kaufhausdynastie feststand, hat sie versucht, das Mitgefühl der Menschen auch auf ihre eigene Person zu übertragen: In einem Zeitungsinterview behauptete die Großaktionärin, dass sie nun von 600 Euro im Monat leben müsse! Wie bitte? 600 Euro? Axel Svehla ist der Geschichte nachgegangen.

Im mittelfränkischen Hersbruck geht es den meisten Menschen gut. Ihren Wohlstand verdanken viele Bürger dem früheren Versandhaus Quelle, das in der ganzen Region Tausende Arbeitsplätze schuf. Hauptaktionärin der heutigen Arcandor - Gruppe: Madeleine Schickedanz, die Tochter des Quelle Gründers und bisher eine der reichsten Frauen Deutschlands. Das gerade eröffnete Kaufhaus gehört Madeleine Schickedanz persönlich. Die Familie Schickedanz drückt der Kleinstadt ihren Stempel auf – seit Jahrzehnten:

Harald Herbrig, Geschäftsführer Schickedanz Kaufhaus Hersbruck
„Es gibt die Schickedanzschule, Straße, Kindergärten usw., sie wohnt hier, sie will auch in ihrem Elternhaus ihren Lebensabend verbringen, so hat sie uns das zumindest gesagt und insofern hat sie auch natürlich hier mit dem Haus wieder was getan.“

Doch hinter den Mauern ihres großzügigen Anwesens wird die öffentlichkeitsscheue Madeleine Schickedanz von Existenzsorgen geplagt. Sie pumpte zwar private Millionen ins Unternehmen, dennoch rutschte Quelle-Karstadt in die roten Zahlen. Ihrer Arcandor-Gruppe droht die Zerschlagung, die Mitarbeiter kämpfen verzweifelt um ihre Jobs.

Nun endlich erschien es Madeleine Schickedanz angemessen, sich zu erklären – in der BILD am SONNTAG. Dabei überraschte sie die Öffentlichkeit durch das Eingeständnis ihrer Armut, Zitat:
„Wir leben von 600 Euro monatlich“ .

Einwohner
„Also, es ist relativ unglaubwürdig, würd’ ich jetzt einfach mal sagen.“
„Es ist eine Unverschämtheit, menschlich gesehen tut es mir leid, dass es ihr schlecht geht.“

„Ist, ach, ist doch Scheiße, was da passiert, ist doch ein Skandal!“

Was Hersbrucker Bürger als Unverschämtheit einer Millionärin geißeln, ist für den Kommunikationsexperten Heiko Kretschmer beispielhaft für eine gründlich misslungene PR Kampagne.

Heiko Kretschmer, Kommunikationsexperte
„Das ist eine ganz tragische Situation. Sie kommt sehr unerfahren, medial sehr abgeschottet plötzlich in eine Krise mit dem Unternehmen und versteht auch gar nicht, wie widersprüchlich ihr Agieren wahrgenommen wird. Da sieht man sie auf ihrem Schloss wohnen und gleichzeitig spricht sie darüber, dass sie kein Geld mehr hat, das sind Bilder, die so widersprüchlich sind, dass sie in der Öffentlichkeit nicht verstanden werden.“

Doch Madeleine Schickedanz fordert Verständnis, setzt auf Volkstümlichkeit, Zitat:
„Ich spare, wo ich kann. Wir reduzieren unsere persönlichen Ausgaben. Wir kaufen auch beim Discounter.“

Solcherlei Bekenntnisse wenden sich nun plötzlich gegen sie – nach dem Verlust ihrer Millionen verspielt sie schrittweise ihr Ansehen. So kann ihr selbst der wohl gesonnene Bürgermeister von Hersbruck nicht mehr folgen:

Wolfgang Plattmeier, 1. Bürgermeister Hersbruck
„Ich habe die Frau Schickedanz noch nicht in Hersbruck im Lidl gesehen, es hat mir niemand erzählt, das sie mal in den Discounter gegangen ist.“

Madeleine Schickedanz erbte ein Millionen - Imperium, aus und vorbei. Ihre glitzernden Warenhäuser haben gegen die modernen Shopping Malls kaum noch eine Chance. Eine absehbare Entwicklung, verschärft durch die Wirtschaftskrise. Die Großaktionärin sieht sogar eigene Fehler, Zitat:
„Ich habe viel zu spät gemerkt, dass ich die Kontrolle verloren hatte.“

Doch die Verantwortlichkeit sieht sie bei anderen, Zitat:
„Die Fehler im operativen Geschäft verantworte ich nicht, dafür gab und gibt es ein Management.“

So setzt Madeleine Schickedanz den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Ein Desaster für ihr Image in der Öffentlichkeit.

Heiko Kretschmer, Kommunikationsexperte
„Diese Form von Verselbständigung, die da stattgefunden hat offenbar, für die trägt sie die Verantwortung, aus der kann sie sich nicht rausschleichen nach dem Motto 'Die Manager haben das gemacht und ich hab nur zugeguckt', insoweit überdreht sie da die Mitleidschraube als arme Erbin, die überfordert war, das wird ihr nicht abgenommen.“

Trotzdem stößt Madeleine Schickedanz in ihrem Heimatort hin und wieder auf Verständnis – manch einer sieht sie sogar als bedauernswertes Opfer:

Einwohner
"Der Neidhammeleffekt der ist halt immer wieder da und kommt halt immer wieder zum Ausdruck, es gibt halt Leute, die sind reicher wie wir und es gibt Leute, die sind ärmer wie wir, so ist halt mal das Leben."

Bundesweit allerdings ist ihr Ansehen im Keller. Abschließender Rat des PR Profis:

Heiko Kretschmer, Kommunikations Experte
„Jetzt am Schluss wäre es sicher sinnvoller gewesen, zu schweigen.“

 

Beitrag von Axel Svehla