Straße mit Verkehrsschild "Maut"
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- Pkw-Maut – Regierung setzt auf Mehreinnahmen

Aussprechen will es keiner und schon gar nicht vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen: Um die klammen Staatskassen zu füllen, käme eine PKW-Maut wie gerufen. Milliardeneinnahmen wären garantiert. Mittlerweile steht die Front der Befürworter - und zwar parteiübergreifend.

Die Maut, die sich nicht traut. NOCH traut sie sich nicht – aber: Sie können sich drauf einstellen: sie wird kommen, vermutlich schon sehr bald. Die Maut für uns PKW-Fahrer, dann heißt es Zahlen auf den Deutschen Autobahnen. Nachdem die Abgabe für Lastwagen so prima funktioniert, sind nun immer mehr Politiker dafür, demnächst auch bei den PKW-Fahrern die Hand aufzuhalten. Warum dieses Thema in der Politik dennoch so klein gehalten wird, sagt Ihnen Detlev Schwarzer.

Staus nicht nur zur Osterzeit – unendliche Blechlawinen. Und der Verkehr wird weiter dramatisch ansteigen, warnen Wissenschaftler. Immer mehr Autobahnen müssten her, immer teurer wird die Instandhaltung. Geld dafür ist kaum vorhanden, es muss gespart werden und zwar überall:

Wolfgang Schäuble (CDU), Bundesfinanzminister
„Das heißt, das strukturelle Defizit in den kommenden Jahren um jährlich zehn Milliarden Euro zurückzuführen.“

Kein Geld mehr auch für den Straßenbau? Für viele Verkehrspolitiker ist klar: Zusätzliches Geld muss her, von den Nutzern der Straßen. Offen aussprechen wollen das nur wenige. Einer von ihnen ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Strobel. Er meint, die PKW-Maut muss kommen – und zwar bald.

Thomas Strobl (CDU), MdB
„Es droht der Verkehrskollaps. Und deswegen denken wir auch über Straßennutzungsgebühren nach.“

Die LKW-Maut ist jetzt schon der Kassenschlager. Sie spült knapp fünf Milliarden Euro jährlich in den Bundeshaushalt. Eine PKW-Maut könnte noch mal die gleiche Summe bringen. Die Anbieter von Mautsystemen haben längst Konzepte für die PKW-Maut ausgearbeitet und im Bundesverkehrsministerium präsentiert.

Die Diskussion um die PKW-Maut gibt es seit den sechziger Jahren. Mal sollten sie nur die ausländischen Fahrer zahlen, dann wieder auch die Deutschen. Bisher ist jeder Vorstoß gescheitert. Die Auto-Lobby konnte sich immer durchsetzen.

Klaus Reindl, ADAC
„Die Befürworter dieser Maut kommen immer wieder mit den gleichen Argumenten, die aus unserer sicht überhaupt nicht stichhaltig sind. Und man versucht letztendlich nur, den Autofahrern das Geld aus der Tasche zu ziehen.“

Zur Osterreisezeit sind die Spritpreise in schwindelerregende Höhe geschnellt. Die Autofahrer - auf die PKW-Maut angesprochen – sind entsprechend gereizt.

Autofahrer
„Die Grenze ist schon lange erreicht.“
Autofahrer
„Es reicht, ja. Es reicht!“
Autofahrer
„Wir zahlen die Autobahnen ja schon mit Steuern, und deswegen müssen wir nicht noch eine PKW-Maut haben!“

Die Sozialdemokraten stellen sich hinter die Autofahrer. Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, warnt davor, vor allem die zu belasten, die sich nicht wehren können.

Uwe Beckmeyer (SPD), MdB
„Und das führt genau dazu, dass derjenige, der wirklich darauf angewiesen ist als Berufskraftfahrer oder als einer, der über mehrere hundert Kilometer oder zig Kilometer jeweils jeden Morgen zur Arbeit fährt, dass der es bezahlt.“

Der Nachteil der Autobahnvignette, die es in vielen europäischen Ländern gibt, ist außerdem, dass sie nicht zwischen Spritschluckern und verbrauchsarmen Autos unterscheidet und auch nicht zwischen Viel- und Gelegenheitsfahrern.

Bei der Alternative, der kilometergenauen, über Satelliten gesteuerten Abrechnung wie bei der LKW-Maut, könnten auch Bewegungsprofile der Autofahrer erstellt werden. Wer ist wann wie viel gefahren und wohin. Das ist datenschutzrechtlich höchst problematisch.

Doch Union und FDP steuern geradewegs auf die PKW-Maut zu: Im vergangenen November noch hatte sich der frisch gekürte Bundesverkehrsminister Ramsauer eine blutige Nase geholt. In einem Zeitungsinterview hatte er die PKW-Maut ins Spiel gebracht, forderte, das Straßennetz stärker durch die Nutzer zu finanzieren. Kaum war der Artikel erschienen, musste er aber wieder dementieren.

Peter Ramsauer (CSU), Bundesverkehrsminister
„Von einer PKW-Maut ist im Koalitions-Vertrag überhaupt nicht die Rede. Dieses Thema steht deshalb auch nicht auf der Tagesordnung.“

Es hatte einen Rüffel von der Kanzlerin gegeben. Denn: Im letzten Wahlkampf hatte sie eine PkW-Maut kategorisch ausgeschlossen. Der ADAC-Zeitschrift sagte sie im Juli, Ziat:
„Ich möchte eine solche PKW-Maut nicht.“

Doch andere ließen sich nicht zurückpfeifen. Der CSU-Vorsitzende Seehofer Ende November, Zitat:
„Die PKW-Maut wird kommen“.

Ebenso der damals designierte Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus.

Stefan Mappus (CDU), Ministerpräsident Baden-Württemberg
„Ich bin für die schnellstmögliche Einführung einer entfernungsabhängigen PKW-Maut.“

Die Autorität der Kanzlerin. Sie bröckelt immer weiter.

Anfang März machte sich der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion Norbert Barthle wieder für die PKW-Maut stark. Sie sei, Zitat:
„gar nicht so dumm“ und würde „auf einen Schlag im Verkehrsetat für deutliche Entspannung sorgen.“

Kurz vor der Osterreisewelle aber kneifen die Maut-Befürworter vor KONTRASTE.
So mancher zeigt jetzt ein bemerkenswertes Gespür für Volkes Stimmung.

KONTRASTE
„Sagen Sie mal, Sie waren immer für die PKW-Maut, gilt das heute auch noch?"
Horst Seehofer, CSU, Ministerpräsident Bayern:
„Ach, wir machen jetzt keine Maut-Diskussion über Ostern. Wir haben genug andere Aufgaben, als jetzt über zusätzliche Abgaben zu reden.“

Doch sie wird kommen, die PKW-Maut, und zwar bald, befürchtet die Opposition. Um zu prüfen, wie die Regierungsparteien nun wirklich zur Maut stehen, hat die SPD Mitte März im Bundestag einen Antrag abstimmen lassen. Ergebnis: Die Unions- und FDP-Fraktion wollten sich auf ein grundsätzliches „Nein“ zur Maut nicht festlegen lassen – auch die Kanzlerin nicht.

Uwe Beckmeyer (SPD), MdB
„Das Abstimmungsverhalten führt bei mir zu dem Schluss, die Christdemokraten und die FDP werden mit der PKW-Maut um die Ecke kommen, wenn die NRW-Wahl gelaufen ist.“

Vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen wird es keine Diskussion mehr über zusätzliche Abgaben für Autofahrer geben. Aber dann: Auch der Bundesfinanzminister ist für die Maut, auch wenn er das nur sehr vage formulieren will.

Wolfgang Schäuble (CDU), Bundesfinanzminister
„Und dann muss man natürlich der Tat wieder und wieder überlegen, welche Aufgaben muss der Staat erfüllen und welche können anders erfüllt werden.“

Die Kanzlerin wird sich dem Druck aus den eigenen Reihen wohl nicht mehr lange entziehen können.

Thomas Strobl (CDU), MdB
„Wir sind in eine Situation gekommen, wo wir die Dinge nicht mehr lange treiben lassen dürfen.“

Die Frage ist längst nicht mehr, ob die PKW-Maut kommt – sondern nur noch wann sie kommt. Ob das Geld dann wirklich nur in den Straßenbau fließt, kann heute aber niemand sagen.

Was halten Sie von der PKW-Maut? Ist sie sinnvoll oder nur Abzocke? Bloggen Sie mit uns im Internet, unter der Adresse www.kontraste.de, wie freuen uns auf Ihre Meinung.


Beitrag von Detlef Schwarzer