Anschlag am Breitscheidplatz - Berlin-Attentäter war mit mindestens 14 Identitäten unterwegs

Do 05.01.17 | 13:09 Uhr
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Ein Foto aus einem Video einer Überwachungskamera zeigt den Attentäten Anis Amri, wie er am 21.12.2016 durch den Bahnhof Bruxelles-Nord in Brüssel läuft (Quelle: Federal Police/belga/dpa)
Bild: belga

Der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz hat sich nach Erkenntnissen der Polizei immer wieder mit neuen Namen in verschiedenen deutschen Städten registrieren lassen - mit mindestens 14 Identitäten.  Das wurde am Donnerstag in Düsseldorf bekannt.

Anis Amri, der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, ist den deutschen Behörden unter 14 verschiedenen Identitäten bekannt gewesen. Das geht aus einem Bericht des nordrhein-westfälischen Landeskriminaldirektors Dieter Schürmann vor dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags hervor. Amri habe sich konspirativ verhalten und sich immer wieder mit neuen Namen und Personalien in verschiedenen Städten registrieren lassen, sagte Schürmann am Donnerstag in einer Sondersitzung des Ausschusses.

Im Februar 2016 sei der Tunesier, der im Sommer 2015 in Deutschland eingetroffen war, auf Initiative des Landeskriminalamts NRW erstmals als Gefährder eingestuft worden. Ab März 2016 sei er dann in Berlin als Gefährder eingestuft worden. Amri sei allein sieben Mal Thema im Terror-Abwehrzentrum von Bund und Ländern gewesen.

Am Ende sei es allen Behörden von Bund und Ländern auch gemeinsam nicht gelungen, ausreichend konkrete Hinweise zusammenzutragen, die die Justiz als Tatverdacht für einen Anschlag hätte werten können, sagte Schürmann. Dabei hätten die Ermittler "alle rechtlichen Befugnisse bis an die Grenze ausgeschöpft, um mögliche Gefahren abzuwehren".

Juristische Mittel liefen ins Leere

Die Polizei habe wiederholt versucht, Verfahren gegen Amri in die Wege zu leiten, sagte Schürmann weiter. Dies sei etwa im April 2016 der Fall gewesen, als festgestellt worden sei, dass Amri in verschiedenen Kommunen staatliche Sozialleistungen kassiert habe. Die zuständige Staatsanwaltschaft habe dies aber abgelehnt.

Auch sei Amri mit falschen Dokumenten und Betäubungsmitteln aufgegriffen worden. Zudem habe es Versuche gegeben, in Berlin ein Verfahren unter dem Verdacht von Plänen für einen Überfall einzuleiten. Amri sei dabei auch Ziel "verdeckter Maßnahmen" gewesen, seine Telekommunikation sei zudem über sechs Monate abgehört worden.

Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert und zwölf Menschen getötet. Eine Ausländerbehörde in Nordrhein-Westfalen war für den Tunesier zuständig. Amri bewegte sich aber in ganz Deutschland und war als "hochmobil" eingestuft.

NRW-Minister: Keine konkreten Hinweise auf Terroranschlag

Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) verteidigte am Donnerstag das Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Fall Amri. Trotz einer "durchgehenden, engmaschigen Beobachtung" hätten den Behörden des Bundes und der Länder keine konkreten Hinweise vorgelegen, die auf einen Terroranschlag hinwiesen, bekräftigte Jäger in der Sondersitzung des Innenausschusses des Düsseldorfer Landtags.

Die Opposition hatte die Sitzung mit der Frage beantragt, warum der als islamistischer Gefährder eingestufte Tunesier sich in Deutschland frei bewegen konnte. "Der Minister müsse erklären, warum "ein extrem radikalisierter Gefährder, der den NRW-Sicherheitsbehörden bekannt war, so lange und ohne Reaktion von NRW-Behörden ungestört in radikalen Moscheen des Ruhrgebiets auftreten" konnte, hatte CDU-Fraktionschef Armin Laschet gesagt.

Bericht: Behörden wussten von Anschlagsvorhaben

NRW war einer der Hauptaufenthaltsorte von Anis Amri. Der Tunesier wurde vier Tage nach dem Terroranschlag bei einer polizeilichen Routinekontrolle in Italien erschossen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft gibt es Hinweise, dass Amri auf seiner Flucht über Nordrhein-Westfalen gereist ist.

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" (Donnerstag) hatte Amri mehrfach Anschläge angekündigt. So habe das Landeskriminalamt Düsseldorf im Frühjahr 2016 Berichte darüber erhalten, dass der 24-Jährige andere Personen auffordere, mit ihm gemeinsam Attentate in Deutschland zu begehen. Im Internet soll Amri nach Anleitungen zum Bombenbau gesucht haben, außerdem habe er sich großkalibrige Schnellfeuergewehre beschaffen wollen. Im Juli 2016 habe ein Undercover-Agent dem Landeskriminalamt Düsseldorf berichtet, Amri habe damit geprahlt, ein Blutbad anrichten zu wollen.

15 Kommentare

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  1. 15.

    Spätestens ab dem Zeitpunkt, als der Täter nach einer Waffe suchte, hatet er für mich das Gastrecht verwirkt.
    Was hat dieser Mensch in unserer friedfertigigen Gesellschaft noch zu suchen? Spätestens ab diesem Zeitpukkt
    musste diese Person in Verwahrung genommen und so schnell wie möglich abgeschoben werden.
    Es ist nichts Neues, dass Organe des Staates sich hinter Zuständigkeiten verstecken, anstatt sich abzustimmen und entschlossen vorzugehen.

  2. 14.

    Nach dem Fall Ami mit 14 unterschiedlichen Identitäten heißt es wohl: Willkommen im rechtsfreien Raum Deutschland. Besser kann man Staatsversagen nicht belegen.

  3. 13.

    Heute in der ts: "Das muss unsere Demokratie aushalten koennen" (Holger Schmidt).
    Der Terrorist hat sich zwar illegal in "unserem" Land aufgehalten, hat aber bis zum Anschlag "keine Straftaten" begangen (sic!).
    Keine Lichterketten der Heuchler fuer die Opfer vom Breitscheitplatz - Kollateralschaeden eben.

  4. 12.

    Wenn Sie das sarkastisch meinen, sollten Sie das markieren ;) oder ansonsten mal überlegen, was echte Kontrolle wäre....@denniskiel "Ich finde, da kann von Kontrollverlust des Staates nun wirklich nicht die Rede sein! "

  5. 11.

    neuer ARD Kommentar : " Hätten die Behörden den Anschlag in Berlin verhindern können? Um das seriös zu beurteilen, sei es noch viel zu früh, sagt ARD-Terrorismusexperte Schmidt im Gespräch mit dem nachtmagazin. Nach jetzigem Stand gehe er aber davon aus, dass alles rechtstaatlich korrekt abgelaufen sei."
    dann kann man ja ganz beruhigt sein , 12 Tote, dutzende Schwerverlezte , aber alles rechtstaatlich korrekt abgelaufen,

    lieb Vaterland magst ruhig sein... usw ; wir haben ja jederzeit Experten für all & jedes

  6. 10.

    Auch Nichterroristen nutzen Scheinidentitäten

    Bei mir ist die Wache in der Perleberger Straße die die Moschee überwacht hat wesentlich radikaler vorgegangen. Die haben mir einfach mal die Tür aufgebrochen, weil eine inkompetente Verwaltungstante die Straftat Tierquälung vermutete. Mich auch nur zu befragen oder noch vor deren Einbruch anzurufen, darauf kommt man in der Berliner Verwaltung einfach nicht-und genau deshalb diskutiere ich im Netz nicht mit Klarnamen auch nicht bei Farcebook.

    Nachtrag: Das Tier(eine Katze) hat 18 Jahre bei mir gelebt und mußte zuletzt eingeschläfert werden, war aber längst begraben als man meine Tür aufbrach.

  7. 9.

    vor einiger Zeit erhob Erdogan den Vorwurf, dass Deutschland das El Dorado ( oder s.ä ) für Terroristen in Europa sei...
    so gaaanz Unrecht hatte er damit offensichtlich nicht

  8. 8.

    " Berlin-Attentäter war mit mindestens 14 Identitäten unterwegs ... Trotz einer "durchgehenden, engmaschigen Beobachtung" ... Amri habe damit geprahlt, ein Blutbad anrichten zu wollen. " was er dann ja auch angerichtet hat...

    Es ist nicht zu fassen !!!

  9. 7.

    Ich habe das Recht, den Mörder von Berlin auch so zu nennen, ich habe ja auch das Recht mich zu irren und mich ggf. zu entschuldigen. Der "Pressekodex" tut an der Stelle ja "mutmaßlich" so, als wäre unser Leben ein einziger Gerichtssaal und wir müßten jetzt andauern augescheinlich und mutmaßlich sagen, solange nichts bewiesen ist. Was ist schon bewiesen in dieser Welt? Vor lauter Mutmaßungen und Sich-Nicht-Festlegen-Wollen bekommen wir genau DAS, was hier zum kollektiven Totalversagen geführt hat. Und noch ein Beweisschnipselchen sammeln und noch ein Indizchen. Aber das ist immer noch zu wenig, das könnten die Anwälte ja zerpflücken...Statt dessen macht man: NICHTS. Und das hat augenscheinlich zu realen Toten geführt, 12 tote Menschen, in ECHT, nicht nur mutmaßlich. An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Amri ist schon seit dem 19.12.16 ein echter Mörder.

  10. 6.

    Dieser Typ ist ein halbes Jahr observiert worden und keiner hat das mit den 14 Identitäten bemerkt? Dazu sagen ich nur - Fachkräftmangel und Saustall.

  11. 5.

    Deutschland schafft sich langsam aber sicher ab,zum Glück merken es immer mehr Bürger und es bleibt die Hoffnung das bei der BTW dieses Jahr ein blaues alternatives Wunder geschieht, anders kapieren diese selbst verliebten Parteien da in Berlin nicht , wer das Volk ist & wer diese Damen & Herren wählt & wessen Interessen Sie zu vertreten haben.man kann es auch einfach nicht mehr hören, nur noch leere Worthülsen, nur noch ein sinnloses Geplapper & vertrösten,hinhalten, dafür wurden diese Damen & Herren nicht gewählt, es braucht einen totalen Neuanfang & bestimmt nicht ein weiter so.wir schaffen das schon irgendwann, indem man einfach so weiter macht wie bisher,daß kann & wird nicht klappen,daß glaubt vielleicht noch ein Rentner mit 80 Jahren & dem ist das auch egal.Aber die Jugend wird es ausbaden müssen.

  12. 4.

    Der Staatsanwalt der die Anklage,evtl die Festnahme verworfen hat muss sich meiner Meinung nach selbst vor Gericht jetzt verantworten. Das ist ein absolutes Unding. Er hat kriminellen Handlungen Vorschub geleistet,diese nicht unterbunden..

  13. 3.

    Ich finde, da kann von Kontrollverlust des Staates nun wirklich nicht die Rede sein!

  14. 2.

    Wenn bei der Einreise Fingerabdrücke genommen werden ist es fragwürdig, warum Amri 14x unbeachtet blieb. Die Polizei kann einem leid tun, wenn es die Gerichte immer wieder schaffen, solche Pannen durch Ignoranz zu fördern. Es sind ja wohl keine Einzelfälle, dass die Justiz so kläglich versagt. Die vielen Opfer aus solchem Verhalten sind in meinen Gedanken. Grüne und Linke sollten mal erst denken, dann reden, wenn es um Menschenrechte geht. Die Opfer können nicht mehr klagen !

  15. 1.

    ungestört in radikalen Moscheen des Ruhrgebiets auftreten"

    Ich finde es mehr als erschreckend, dass es "radikale Moscheen" in Deutschland gibt. Je mehr ich über diese Thematik erfahre desto schockierter bin ich. Es fällt mir zunehmend schwer einen positiven Blick auf unsere gegenwärtige Regierungsmannschaft zu behalten. Alternativen sehe ich leider auch keine.
    Ich finde die Karre steckt ganz schön im Dreck und niemand ist da, der sie herausziehen mag oder kann. Ist ja auch schwierig - wer fasst wo an? Wer kann besser schieben, wer ziehen? Von vorn oder hinten? Wer legt das fest? Inzwischen ist sie fast ganz im Schlamm versunken... was es nicht einfacher macht.
    Inzwischen habe ich leider in meinem privaten Umfeld noch die positivste Einstellung zu den uns regierenden Parteien. Es erschreckt mich wie sehr sich die Einstellung in nur 1 Jahr gewandelt hat. Und es schürt weiter Ängste wenn den Bürgern, die sehr bald nur noch "Wähler" heißen, nur Halbwahrheiten serviert werden.

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