Ermittlungen im Fall Amri - Verfassungsschutz belastet Landeskriminalamt

Do 09.02.17 | 08:30 Uhr
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Verfassungsschutz-Chef Bernd Palenda (Quelle: imago/Markus Heine)
Video: Abendschau | 08.02.2017 | Norbert Siegmund | Bild: imago/Markus Heine

Wer bei der Überwachung des Terroristen Amri geschlampt hat, wird in Nordhein-Westfalen und auch in Berlin geklärt. Am Mittwoch äußerte sich zum ersten Mal der Verfassungsschutz-Chef. Mit seiner Aussage verblüfft er.

Der Berliner Verfassungsschutz hat ein Versagen im Fall Anis Amri zurückgewiesen. Der  Nachrichtendienst sei im Sommer 2016 für die Beobachtung des späteren Attentäters gar nicht mehr zuständig gewesen – sondern allein die Polizei. "Uns ist nicht bekannt gemacht worden, dass die Polizei jegliche Tätigkeit in diesem Zusammenhang einstellen würde", sagte Verfassungsschutz-Chef Bernd Palenda am Mittwoch im Abgeordnetenhaus.

Palenda äußerte sich damit zum ersten Mal zur Untersuchung des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz. Bei der Anhörung ging es um die Frage, warum Amri zuschlagen konnte, obwohl er den Sicherheitsbehörden als Gefährder bekannt war.

Polizei stellte Oberservation bereits im Juni ein

Das Landeskriminalamt hatte, so musste die Polizeiführung nach einer Auskunftsklage des rbb einräumen, die Observation des Gefährders längst heruntergefahren - und zwar schon im Juni, ein halbes Jahr vor dem Anschlag.

"Wenn wir nicht davon wissen, dass polizeiliche Maßnahmen eingestellt werden oder andere Aktivitäten nicht mehr betrieben werden, ist es natürlich sehr schwer, die Aufgaben danach auszurichten", so Palenda weiter.

Nicolas Schrader, verfassungspolitischer Sprecher der Linken, kündigte daraufhin an, der Polizei die Frage zu stellen, "warum sie dann zu diesem Zeitpunkt aufgehört hat, das im Auge zu behalten".

"Alle haben die Augen zugemacht"

Es hätte bei Amri keine konkreten Hinweise auf Terroraktivitäten gegeben – das sagt die Polizei. Die Folge: eine Sicherheitslücke. Obwohl Amri als Gefährder eingestuft war, wurde er jedenfalls von Berliner Sicherheitsbehörden nun wohl überhaupt nicht mehr observiert. Die Kommunikation erscheint mangelhaft - wohl auch zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft. Denn drei Monate nach der Polizei hatte die Staatsanwaltschaft die Beobachtung Amris dann auch offiziell beendet.

Canan Bayram, Grüne rechtspolitische Sprecherin, kritisiert: "Die Staatsanwaltschaft hat uns eindeutig mitgeteilt, dass sie für das 'Ob' der Observation nicht zuständig war." Es sei sozusagen im Alleinermessen der Polizei gewesen. "Man hat wirklich den Eindruck, alle haben die Augen zugemacht, es wurde nicht mehr hingeschaut. Und am Ende wurde das Ermittlungsverfahren nicht weiter betrieben."

Untersuchungsausschuss in Berlin?

Für Burkard Dregger, innenpolitischer Sprecher der CDU, bleibt die Frage offen, "warum man Herrn Amri nach einer gefährlichen Körperverletzung in Neukölln nicht in Untersuchungshaft genommen hat." Er teile die bisherige Einschätzung, dass kein Anlass dafür bestand, nicht. "Gefährliche Körperverletzung ist ein Offizialdelikt, und ein Haftgrundbestand auch, nämlich Fluchtgefahr", so Dregger.

Acht Wochen nach dem Anschlag häufen sich die Fragen. Noch ist unklar, ob es - wie in Nordrhein-Westfalen - auch in Berlin einen Untersuchungsausschuss geben wird. Anis Amri war am 19. Dezember mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gerast und hatte zwölf Menschen getötet. Der 24-Jährige wurde auf seiner Flucht in Italien von Polizisten erschossen. Amri war auch wegen krimineller Vergehen aufgefallen - eine geplante Abschiebung scheiterte jedoch an bürokratischen Hürden.

Mit Informationen von Norbert Siegmund

2 Kommentare

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  1. 2.

    Nur eine Frage: Wer sitzt eigentlich im gemeinsamen Zentrum zur Terrorabwehr? Und was machen die da eigentlich? Muss sehr still sein dort, denn offenkundig spricht keine Stelle mit der anderen.

  2. 1.

    WIE beim BER

    alle haben die Augen zugemacht

    det is Balin--------------------

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