Die Ressorts und ihre Chefs - Wer wird was im rot-rot-grünen Senat?

Do 24.11.16 | 11:40 Uhr
Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linken in Berlin, 10. Oktober 2016 - Foto: imago/Christian Ditsch
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Rot-Rot-Grün nimmt weiter Gestalt an: Den Vertrag hat die wohl-bald-Koalition bereits vorgestellt, die Ressorts sind aufgeteilt, das Personal ist weitgehend bekannt - wenn auch noch nicht bestätigt. Doch wer sitzt da eigentlich so?

Regierender Bürgermeister: Michael Müller (SPD)

Er war schon Regierender Bürgermeister und bleibt es auch: Michael Müller (51) ist ein Ur-Berliner aus Tempelhof und arbeitete im Familienbetrieb als Drucker, ehe er in der Politik Karriere machte. Viele Jahre als SPD-Landesvorsitzender und -Fraktionschef im Schatten vom Klaus Wowereit, bewies er 2014 Machtinstinkt und setzte sich in einem parteiinternen Machtkampf um die Wowereit-Nachfolge im Roten Rathaus gegen Jan Stöß durch. Er gilt als wenig glamourös und eher sachlich, kann aber auch mal auf den Tisch hauen.

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Innensenator: Andreas Geisel (SPD)

Das Innenressort geht wohl an Andreas Geisel (50). Auch er ist ein waschechter Berliner, nur eben von der anderen Seite der Mauer. Das Innenressort ist eine echte Herausforderung für den bisherigen Senator für Stadtentwicklung und Umwelt. Schlechte Stimmung bei der Polizei, Personalmangel, marode Gebäude und teils veraltete Ausrüstung: Das Amt, das bisher CDU-Wahlverlierer Frank Henkel innehatte, gilt als undankbarer Job. Und ist für den SPD-Vize fachfremd. 16 Jahre kümmerte er sich als Bezirksstadtrat in Lichtenberg um Stadtentwicklung, Bauen, Verkehr und Umwelt, seit 2014 ist er im Senat.

Finanzsenator: Matthias Kollatz-Ahnen (SPD)

Der aus Hessen stammende Altlinke Matthias Kollatz-Ahnen (59) war bereits Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, ist Physiker, Volkswirt und Ingenieur zugleich. Er erwarb sich seit Amtsantritt 2014 den Ruf eines seriösen Haushaltssanierers und parteiübergreifend anerkannten Fachmanns. Gab während der Koalitionsgespräche den Mahner: Jeder Wunsch müsse in den Finanzrahmen der Stadt passen.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) spricht am 27.09.2016 bei einer Senatspressekonferenz im Roten Rathaus in Berlin über das Thema "Schulessen" (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Alte und neue Bildungssenatorin, auch wenn die Personalie noch nicht bestätigt ist: Sandra Scheeres | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Bildungssenatorin: Sandra Scheeres (SPD)

Sandra Scheeres (46) kennt sich in ihrem Bereich aus. Sie war auch im Vorgängersenat Bildungssenatorin. Beobachtern zufolge verlässt sich Scheeres auf ihren Staatssekretär Mark Rackles, der der strategische Kopf des Ressorts sein soll [tagesspiegel.de].

In dieser Legislaturperiode muss die Senatorin den Bereich Wissenschaft abgeben. Den übernimmt der Chef, Michael Müller, höchstpersönlich. Scheeres wird angerechnet, dass die Kitaplätze trotz immens steigender Nachfrage in Berlin immer ausreichten – weil es genügend Anreize für freie Träger gab, neue Plätze zu schaffen. Bei den Schulplätzen hapere es dagegen.

Scheeres ist studierte Pädagogin und hat vorher Erzieherin als Beruf gelernt, in ihrer Heimatstadt Düsseldorf. SPD-Mitglied ist sie seit 1993. Bei den Abgeordnetenhauswahlen 2006 konnte sie in ihrem Walhkreis in Pankow ein Direktmandat erzielen, bis Oktober 2016 war sie Mitglied des Abgeordnetenhauses.

Gesundheitssenatorin: Dilek Kolat (SPD)

Das Gesundheitsressort, dem auch der Verbraucherschutz zugeordnet ist, übernimmt voraussichtlich Dilek Kolat (49). Die türkischstämmige bisherige Senatorin für Arbeit, Frauen und Integration fiel wie Geisel dem Koalitionspoker um die Ressortverteilung zum Opfer und muss sich nun in ein neues Gebiet einarbeiten. Die Wirtschaftsmathematikerin gilt als eloquent und ehrgeizig, doch in der Umsetzung nicht immer erfolgreich. Als SPD-Kreischefin von Tempelhof-Schöneberg ist sie in der SPD bestens vernetzt, doch nicht überall beliebt.

Klaus Lederer ©imago stock&people
Ist eigentlich Jurist, muss sich aber jetzt um die Kultur kümmern: Klaus Lederer | Bild: imago stock&people

Kultur- und Europasenator: Klaus Lederer (Linke)

Der langjährige Linke-Chef Klaus Lederer (42) will das schwierige Kulturressort übernehmen. Der promovierte Jurist wollte nach 13 Jahren als rechtspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion etwas anderes machen. Gilt als Schnelldenker und Schnellredner. Seine pointierten und oft ironischen Debattenbeiträge brachten manchen politischen Gegner ins Schwitzen. In der Partei steuerte Lederer immer einen realpolitischen Kurs. In der Kultur muss sich der gebürtige Schweriner noch beweisen.

Arbeits- und Sozialsenatorin: Elke Breitenbach (Linke)

Die stellvertretende Landesparteichefin der Linken Elke Breitenbach (55) wird sich künftig als Senatorin um die Themen Arbeit, Soziales und Integration kümmern. Sie wurde seit Tagen für den Posten gehandelt. Sie kümmert sich seit Jahren um Sozialpolitik, kennt alle Instrumente und Fallstricke dieses für die Linken-Wähler wichtigen Bereichs.

Sie war unter der Linken Berliner Arbeitssenatorin Heidi-Knake-Werner zwischen 2002 und 2003 persönliche Referentin. Vorher war die gebürtige Frankfurterin (Main) Referentin für soziale Sicherungssysteme bei der PDS-Bundestagsfraktion.

Die Umweltsenatorin von Berlin, Katrin Lompscher, erläutert am Freitag (27.08.2010) die Kritik der Bundesländer am Energiekonzept der Bundesregierung sowie die einheitliche Ablehnung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken (Quelle: dpa/Tim Brakemeier)
Sie war schon mal Senatorin, allerdings die für Gesundheit. Jetzt hat sie ihr Lieblingsressort: Katrin Lompscher | Bild: dpa/Tim Brakemeier

Senatorin für Wohnen und Bauen: Katrin Lompscher (Linke)

Katrin Lompscher (54) hat ihr Ressort sogar studiert. Sie ist Diplomingenieurin für Städtebau. Sie erhält damit im zweiten Anlauf ihr Traumressort, das jahrzehntelang fest in SPD-Hand war. 2006 musste die engagierte Stadtplanerin im zweiten rot-roten Senat das Ressort für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz übernehmen. Damit wurde die pragmatische Politikerin nie recht warm. Seit 2011 ist Lompscher Vizevorsitzende der Linke-Fraktion.

Die WWF Klimaexpertin Regine Günther (Quelle: imago/Sven Simon)
Regine Günther arbeitete bisher für den WWF | Bild: imago/Sven Simon

Verkehrs- und Umweltsenatorin: Regine Günther

Regine Günther (parteilos) soll neue Berliner Verkehrs- und Umweltsenatorin werden. Die 53-Jährige ist seit 1999 Leiterin des Referats Klima und Energie bei der Umweltstiftung WWF Deutschland. Sie hat Politikwissenschaften und Geschichte in Heidelberg, Madrid und Berlin studiert und war unter anderem Projektleiterin bei der Berliner Energieagentur und Geschäftsführerin bei den Kritischen Bayer-Aktionären.

Die schwerste Aufgabe des zukünftigen Senators oder der Senatorin dürfte das Mobilitätsgesetz zugunsten von Radverkehr und Fußgängern sein. Zudem muss er die Straße Unter den Linden vom privaten Autoverkehr befreien.

Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen) während der Koalitionsgespräche (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Wird Wirtschaftssenatorin und dürfte Freude haben, denn die Wirtschaft brummt ja: Ramona Pop | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Wirtschaftssenatorin: Ramona Pop (Grüne)

Die Wirtschaft geht zu den Grünen: Ramona Pop kam als Kind aus Rumänien nach Deutschland und machte in Berlin bei den Grünen Karriere. Seit 2009 ist sie Fraktionschefin, erlebte die Politikwissenschaftlerin Höhen und Tiefen in einem teilweise tief zerstrittenen Landesverband. Vor der Abgeordnetenhauswahl war die 39-Jährige Teil des vierköpfigen Spitzenteams der Grünen. Sie gilt als rhetorisch begabt und plädiert für eine Politik "mit Herz und Verstand". Sie kann dies nun in ihrem Wunschressort angehen.

Justizsenator: Dirk Behrendt (Grüne)

Dirk Behrendt ist gebürtiger Berliner. Allein damit hat er schon ein paar Vorschusslorbeeren bei einem Großteil der Bevölkerung. Der Reinickendorfer ist in seiner Jugend in eine WG in Kreuzberg gezogen und hat Jura an der Freien Universität Berlin studiert und promoviert. Er hat ab 2000 als Richter an verschiedenen Gerichten gearbeitet, seit 2006 sitzt er für die Grünen, denen er 1994 beigetreten ist, im Abgeordnetenhaus.

Behrendt gilt als scharfzüngiger Vertreter des linken Flügels. Er griff 2011 nach den geplatzten rot-grünen Koalitionsverhandlungen den damaligen Realo-Fraktionschef Volker Ratzmann scharf an. Das spaltete die Fraktion, die nur in einem Mediationsprozess wieder zusammenfand.

Er hat also einen juristischen Hintergrund, war zwischen 2003 und 2005 Landessprecher der Neuen Richtervereinigung Berlin/Brandenburg, außerdem Ausschussmitglied für Inneres, Verfassung und Recht sowie rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Zudem kommt er bei den Wählern gut an. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 holte er 49,8 Prozent der Stimmen im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg und holte damit das beste Erststimmenergebnis aller Abgeordneten. 2016 verzichtete er auf eine erneute Kandidatur für das Abgeordnetenhaus.

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