Massive Probleme mit der Software - Landeswahlleiterin sieht Wahlen in Berlin in Gefahr

Sa 11.06.16 | 20:02 Uhr
Sitzung des Landeswahlausschusses mit der Vorsitzenden Petra Michaelis-Merkach (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Video: Abendschau | 11.06.2016 | Viktoria Kleber | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Am 18. September wählt Berlin ein neues Abgeordnetenhaus - doch die Software für die Wahl macht immer noch Probleme. Und die sind aus Sicht der Landeswahlleiterin so gravierend, dass sie die Durchführung der Wahl gefährdet sieht. Die Innenverwaltung wiegelt ab - doch für Grüne und SPD ist die Meldung ein gefundenes Fressen.

Die Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach sieht die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen im September in Gefahr. Es gebe massive Probleme bei der An- und Ummeldung der Berliner, aber vor allem mit der neuen Software für die Wahl, heißt es in einem Brandbrief an die Innenverwaltung. Zunächst hatte der "Tagesspiegel" darüber berichtet.

Innenverwaltung: Schreiben ist ein Apell

Bei einer Probewahl im Mai, bei der das PC-Programm eine Woche lang getestet wurde, sei es zu Datenverlusten und der Vermischung von Datensätzen gekommen, so Michaelis-Merzbach. Außerdem seien die Antwortzeiten des Systems, insbesondere bei der Ausstellung der Wahlscheine, zu lang. Zuletzt war von einer Druckzeit von bis zu zwei Minuten pro Schein die Rede. Auch sei der Text auf den Ausdrucken nicht komplett. Der Zeitplan, in dem Verbesserungen geplant sind, sei viel zu knapp.

Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) beschwichtigte. "Ich sehe das Schreiben als Apell, hier noch einmal nachzubessern. Und vor allen Dingen, die Dinge noch einmal zu beschleunigen", sagte er am Samstag dem rbb. Bereits am Freitagabend hatte ein Sprecher der Innenverwaltung erklärt, die genannten Punkte seien bekannt, an einer Lösung werde gearbeitet, "um einen reibungslosen Ablauf der Wahl zu garantieren".

Kritik von Grünen und SPD

Der grüne Landes-Vorsitzende Daniel Wesener sprach am Samstag in einer Pressemeldung von einem "unglaublichen Dilletantismus". "Sollte es soweit kommen, dass in Berlin erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg keine freien und geheimen Wahlen stattfinden können, haben SPD und CDU jede Legitimation verloren, unsere Stadt zu regieren", so Wesener.

Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh macht den Innensenator persönlich verantwortlich. "Wir finden es inakzeptabel, dass die Innenbehörde nicht nur die unbefriedigenden Zustände in den Bürgerämtern, sondern offenbar auch die gravierenden Probleme bei der von ihr veranlassten und verantworteten Umstellung der Wahlabläufe aussitzen will", hieß es am Samstag in einer Mitteilung. Die Umstellung der Wahlsoftware sei "übers Knie durchgedrückt" worden.

Zeit für Fehlerbehebung wird knapp

Einen ersten Schritt zur Fehlerbehebung sieht die Wahlleiterin laut dem "Tagesspiegel" (Samstag) in einem "Zeit- und Maßnahmeplan" des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo). Die dort genannten Fristen seien aber "zu spät angesetzt". Wenn erst Mitte Juli, drei Wochen vor dem Echteinsatz der Software, festgestellt werde, dass Komponenten nicht funktionierten, bleibe für Fehlerbehebungen keine Zeit mehr, warnte Michaelis-Merzbach.

Zweimal ist die Software bislang getestet worden, einmal im März und zuletzt im Mai. Vorgesehen ist nun ein weiterer Testlauf mit allen Bezirken. Ein Termin dafür ist noch nicht verabredet.

Spätestens am 7. August muss das neue System stehen. Sechs Wochen vor der Wahl am 18. September will die Landeswahlleiterin alle relevanten Unterlagen, von den Wahlverzeichnissen über die Wahlbenachrichtigungen bis hin zu den Briefwahl-Unterlagen, mit dem neuen System erstellen lassen.