Brauner Zucker (Bild: Colourbox)
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Gefährliche Ernährungsfalle - Der versteckte Zucker

Gut 30 Kilo Zucker isst der Deutsche im Schnitt pro Jahr. Das hat Folgen: Die Zahl der Diabetiker und Menschen, die durch Übergewicht krank werden, steigt immer weiter. Zu viel Fett wird schon lange öffentlich und von Experten geächtet. Wie viel Gefahr vom Zucker ausgeht, ist dagegen weniger bekannt - auch weil die Industrie ihre Finger im Spiel hat.

Seit dem 4. März 2015 empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einem erwachsenen Menschen nicht mehr als 25 Gramm Zucker pro Tag zu sich zu nehmen - das sind etwa sechs Teelöffel. Die Organisation hatte mit dieser Empfehlung erst kürzlich die Werte erneut gesenkt. Hintergrund: Immer mehr Menschen auf der Welt sind übergewichtig, gerade in Industriestaaten und die Folgen sind verheerend: Denn die Zahl der Diabetiker, die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle, Gefäß- und Herz-Kreislauferkrankungen durch Übergewicht steigt weltweit immer weiter an.
 
Die WHO warnt vor sogenanntem "freien Zucker", also Monosacchariden (wie Glucose und Fructose) und Disacchariden (wie Saccharose oder Haushaltszucker). Es sind die Zuckerarten, die Lebensmitteln zugesetzt werden, zum Beispiel, um sie haltbarer und leckerer zu machen. Die Warnung betrifft z.B. auch natürliche Produkte, wie den Honig, aber vor allem geht es um verarbeitete Lebensmittel, insbesondere Fertigprodukte. Der gefährliche Zucker steckt nicht nur in Schokolade, Gummibärchen oder Keksen - die Industrie verwendet ihn fast überall. Mit fatalen Folgen.

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Mythos Zucker

Unser Körper braucht Zucker, um in Schwung zu kommen und gerade das Hirn kann ohne Zucker gar nichts leisten - soweit der Mythos. Und da ist Wahres dran: Gerade das Hirn, aber auch andere Organe brauchen Glucose, auch Traubenzucker genannt, um zu funktionieren. Aber: Zucker essen muss deshalb niemand. Der Körper kann die Glucose ganz einfach aus vielen Nahrungsmitteln selbst "herstellen“, also verstoffwechseln - zum Beispiel aus Brot, Kartoffeln oder Getreide. Zucker ist also kein Grundnahrungsmittel - vor allem nicht der industriell hergestellte Zucker.
 
Auch als Energielieferant wird der Zucker von vielen Menschen überschätzt - denn tatsächlich ist Fett der üppigste Energielieferant: Ein Gramm Fett enthält etwa neun Kilokalorien, ein Gramm Zucker dagegen nur vier Gramm. Und auch Fett wird im Körper vergleichsweise schnell verwertet - dass Zucker ein besserer oder schnellerer Energielieferant sei, als andere Lebensmittel, stimmt daher nicht.

Gibt es "gesunden Zucker"?

Brauner Zucker, Honig, Traubenzucker - sie gelten als "gesündere" Zuckerarten. Aber auch das ist zum größten Teil ein Mythos. Brauner Zucker ist zwar nicht raffiniert, also gereinigt, und deshalb natürlicher als weißer Zucker, gesünder ist er deshalb aber kaum. Eine Art vom braunem Zucker, der "Braunzucker" ist zum Beispiel nur karamellisierter weißer Industriezucker - also doch raffiniert. Die anderen beiden Arten, Vollrohrzucker (aus Zuckerrohr) und Vollzucker (aus der Zuckerrübe) unterscheidet vom raffinierten Zucker nur, dass überhaupt ein paar Mineralstoffe und Vitamine darin enthalten sind. Gesund macht das den braunen Zucker nicht.
 
Etwas besser sieht es z.B. beim Honig aus - je nach Art können in dem tatsächlich ein paar Vitamine, Mineralien und auch Enzyme stecken, die unser Immunsystem positiv beeinflussen. Was allerdings hauptsächlich drin steckt im Honig sind und bleiben Zuckerverbindungen. Besonders reich ist Honig an Frucht- und Traubenzucker. Wer kalorienbewußt leben möchte oder muss, sollte sich dessen bewusst sein.

Auch Teile der Forschung "gezuckert"?

Gerade in den USA ist der Zuckerkonsum besonders hoch. Obwohl diese negative Entwicklung weiter fortschreitet, ist sie nicht neu. Deshalb werden die Auswirkungen von Zucker auf den menschlichen Körper auch in den USA schon seit Jahrzehnten intensiv untersucht. Aber: Was die Wissenschaft lange hätte enthüllen können, wollte nicht jeder hören. Forscher der Universität Kalifornien haben jetzt nachgewiesen, das die Industrie, genauer die Stiftung "Sugar Research Foundation", hinter der vor allem die Industrie steckte, eine wegweisende Studie der Uni Harvard von 1961 - erschienen im renommierten New England Journal of Medicine - durch Bestechung manipuliert hatte.
 
Die fatalen Auswirkungen von Zucker auf das Herz-Kreislaufsystem wurden im Studienbericht offenbar gegen Geld extrem abgemildert und verschwiegen. Hintergrund: Gerade in den 60er Jahren war die US-Zuckerindustrie in Bedrängnis. Forscher wie der britische Ernährungswissenschaftler John Yudkin und mehrere Studien hatten den zuckerreichen amerikanischen Lebensstil mit Krankheit und Tod, besonders durch Herz- und Gefäßkrankheiten in Verbindung gebracht. 

Von einem Löffel wird Zucker gestreut. (Foto: Colourbox)
Versteckten Zucker erkennen ist schwer

In Cola, Schokolade oder Kuchen steckt Zucker, viel Zucker - so viel ist den meisten Verbrauchern klar. Weil das weiße süße Pulver aber so billig ist, viel Geschmack transportiert und Neurotransmitter im Gehirn aktiviert, die uns nach mehr gieren lassen, wird Zucker in der Lebensmittelproduktion auch gerne an völlig unvermuteter Stelle eingesetzt. So konnte das ARD Magazin "Vorsicht Verbraucherfalle" zum Beispiel in einer Packung Saucenbinder bis zu 17 Würfel Zucker nachweisen. In einer Packung Fertigkrautsalat waren die Menge von 16 Würfeln Zucker versteckt. Verbraucherschützer haben Zucker schon in fast allem nachgewiesen: Tiefkühlspinat, Tomatenmark, Salatdressing oder auch Joghurt.
 
Das Problem: Zucker wird von Herstellern oft mit seinen verschiedenen chemischen Namen benannt - und davon gibt es an die 70, z.B. Dextrose, Maltodextrin oder auch Gerstenmalzextrakt. Für den Verbraucher macht das Zucker schwer erkennbar. Manchmal muss der Zucker auch gar nicht gekennzeichnet werden, zum Beispiel wenn er für ein Produkt nicht direkt eingesetzt wird, sondern in einem vom Hersteller verwendeten Fruchtkonzentrat steckt. Wer dem versteckten Zucker wirklich entgehen will, dem bleibt nur eins: so viel wie möglich selbst und ohne Fertigprodukte zubereiten. 

Beitrag von Lucia Hennerici

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