Basketball | Alba verliert das zweite Halbfinalspiel in München - Das Imperium drischt zurück

Fr 29.05.15 | 10:39 Uhr | Von Sebastian Schneider
Alba Berlins Point Guard Alex Renfroe (Mitte mit Ball) versucht, sich gegen die Bayern-Profis Micic (links) und Taylor (rechts) durchzusetzen, zweites Halbfinalspiel am 28.05.2015 in München (Quelle: imago / nph).
Bild: imago sportfotodienst

Sie waren gewarnt: Die angeschlagenen Bayern würden sich nicht nochmal vermöbeln lassen. Doch die schlimmsten Befürchtungen von Alba Berlins Trainer Obradovic treffen allesamt ein. Die Münchner gleichen zum 1:1 in dieser Halbfinalserie aus - mit Wut und Mut. Alba verzockt den Matchball durch einen kraftlosen Auftritt. Von Sebastian Schneider

Wenn es eines Tages mit dem Basketball nicht mehr läuft, wird sich Sasa Obradovic vom Amt eine Umschulung zum Wahrsager spendieren lassen. Nach Alba Berlins Machtdemonstration beim 81:55-Sieg im ersten Halbfinalspiel gegen den FC Bayern hatte Obradovic sein Team gewarnt: Weicht nicht zurück. Lasst Euch nicht provozieren. Holt die Rebounds. Attackiert den Korb. Sonst werden sie Euch fressen. Und all das, was der Chef seinen Gesellen vor der Reise nach München prophezeit hatte, traf am Donnerstag ein.

Im zweiten Spiel kam der deutsche Meister vor seinen eigenen Fans exakt so brachial zurück, wie Obradovic befürchtet hatte. Die Bayern schlugen Berlin verdient mit 85:73 und glichen in der "Best-of-five"-Serie aus.

"Rollerball" - nur ohne Helme

Die Heimstatt der Münchner sieht aus, wie der Panzer einer Schildkröte. Bevor sie einen etwas aufgeblasenen Sponsorennamen bekam, hieß sie Rudi-Sedlmayer-Halle. So hausbacken geht es darin noch immer zu. Vor 40 Jahren wurden hier Szenen des düsteren Science-Fiction-Films "Rollerball" gedreht, es geht um einen brutalen Sport, bei dem schwer gepanzerte Spieler versuchen, eine Eisenkugel in einen Trichter zu hauen. Die Angelegenheit am Donnerstagabend war davon nicht so weit entfernt. Beide Teams kloppten sich nach Herzenslust, alleine im ersten Viertel pfiffen die Schiedsrichter 15 Fouls.

Schon nach wenigen Minuten war klar, dass Alba mit der Abreibung im ersten Spiel nicht nur schlafende Hunde geweckt, sondern von der Kette gelassen hatte. Bayern wollte den Elan der Berliner um jeden Preis bremsen und es gelang ihnen in vielerlei Hinsicht. Der fleischige John Bryant (zwölf Punkte), griff sich die Rebounds, die er am Sonntag nie in die Hände bekam.

Der Ex-Berliner Jan Jagla nahm Marko Banic in den Schwitzkasten und ließ Niels Giffey halbversehentlich an seiner Schulter abperlen. Und der Center Vladimir Stimac, er könnte mit seinem Unterkiefer eine mittelgroße Autobahnbrücke zermalmen, traf tief entspannt von der Freiwurflinie. Nach zehn Minuten führten die Bayern mit 25:19 - und hatten sich längst in den Köpfen ihrer Gegenspieler eingenistet. "Wir sind immer noch der deutsche Meister", stellte Bayerns Trainer Svetislav Pesic fest.

"Ihr fangt schon wieder an, Euch beim Schiedsrichter zu beschweren"

Auf den Rängen hauten schwere, schwitzende Männer auf ihre Pauken, die Gesichter so rot wie ihre Fan-Trikots. In den ersten Reihen dominierten Steppjacken und Halstücher, der finstere Felix Magath verfolgte das Spektakel mit eisigem Blick. Alba war davon sichtlich verstört, nur der Kapitän Alex King (drei Dreier vom exakt gleichen Fleck) und Jamel McLean (16 Punkte) hielten ihr Team im Spiel. Der Rest war mit den Gedanken woanders. Bayerns tänzelnder Scorer Nihad Djedovic und der Berliner Bär Marko Banic (13) warfen sich Nettigkeiten an den Kopf, die Schiedsrichter konnten sich leider nicht an dem Plausch beteiligen, sie sprachen kein serbokroatisch.

McLean musste sich minutenlang in der Kabine verarzten lassen - ein Ellenbogen in bayerischen Diensten erwischte den wertvollsten Profi der Liga so hart, dass er mit vier Stichen genäht wurde. Obradovic interessierte all das überhaupt nicht. "Ihr fangt schon wieder an, Euch beim Schiedsrichter zu beschweren!", keifte er in einer Auszeit. Bayerns Flügel Djedovic (12) und Taylor (14) flitzten immer wieder zum Korb, die seltsam entkräftet wirkende Berliner Defense konnte darauf nur mit mehr Fouls antworten. Zur Halbzeit führte München mit 46:37.

Jamel McLean Alba Berlin (Quelle: imago)
Berlins Bester war an diesem Abend nicht genug, um Bayern zu schlagen: Jamel McLean ließ sich auch durch Ellenbogenchecks nicht einschüchtern und machte 16 Punkte. | Bild: imago sportfotodienst

Mutlos, nervös - und zu durchschaubar

In der Pause weissagte Obradovic seinen Profis, dass sie von nun an kämpfen würden und in der Tat wütete sich Berlin allmählich zurück ins Spiel. Jonas Wohlfarth-Bottermann schmetterte einen Münchner Wurf zu Boden, der ansonsten bescheiden aufgelegte Alex Renfroe klaute seinem Gegner den Ball - plötzlich führte Alba mit 50:49. Was danach geschehen sollte, verschwieg Berlins Trainer seinen Gefolgsleuten lieber. Zu mutlos zogen Renfroe, Hammonds und Redding in die Zone, zu durchschaubar war Albas Angriff.

Es wirkte in manchen Momenten erschreckend, wie wenig den Berlinern einfiel, sobald sie den ersten "Pick'n'Roll" gespielt hatten. München ließ Alba vor dem finalen Akt mit 61:54 hinter sich. "Der FC Bayern ist halt der FC Bayern. Wir haben heute nicht so reagiert, wie wir es hätten tun müssen. Wir haben schlechte Entscheidungen getroffen und unsere Chancen nicht genutzt.", diagnostizierte Obradovic später.

Großer Besucherandrang vor dem ersten Playoff Heimspiel des FC Bayern München im Audi Dome; Bundesliga-Saison 2011/12, München am 08.05.2012 (Quelle: imago / Ralph Peters).
Die Sedlmayer-Halle wurde für die Olympischen Spiele 1972 gebaut. Kurz nach der Einweihung bezeichnete sie der Deutsche Basketballbund als "schlechteste Halle in der olympischen Geschichte". | Bild:

Auch im fünften Playoff-Anlauf kann Alba in München nicht gewinnen

Berlin kam noch einmal auf drei Punkte ran, fünf Minuten vor dem Ende musste sich der bayerische Greifer Bryant wegen seiner fünf Fouls verabschieden. Aber die Sache war entschieden, man konnte es in den Augen der Berliner sehen. Djedovic schlängelte sich um seine Widersacher herum, der langsame Savanovic entwischte dem noch langsameren Banic und Taylor krachlederte den spielentscheidenden Dreier durch den Ring.

Als es am meisten darauf ankam, traf Alba keinen einzigen "Big Shot" - und verlor auch das fünfte Playoff-Spiel im Bauch der Schildkröte. Am Sonntag (16 Uhr) kehren die Teams nach Friedrichshain zurück. Dort wiederum haben die Münchner in dieser Saison noch nicht gewonnen. "Wir können jetzt nur unsere eigenen Rückschlüsse aus diesem Spiel für die nächste Partie ziehen", orakelte Obradovic. Wie dieses dritte Match laufen wird? Als würde er das verraten.

Der Schlüssel zu Bayerns Sieg:

Teamvergleich Bayern Alba
Ballverluste 9 12
Fouls 25 31
Freiwürfe 35 28
Zweier-Wurfquote 58 Prozent 45 Prozent
Blocks 5 2
Spieler, die zweistellig punkteten 6 3

Der Münchner "Audi Dome"

Beitrag von Sebastian Schneider

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