Basketball | Alba siegt 83:67 gegen Armani Mailand - Nilpferd-Stempel mit Sternchen

Mi 06.01.16 | 22:23 Uhr | Von Sebastian Schneider
Will Cherry (ALBA Berlin), mit Ball, hinten Oliver LAFAYETTE (Mailand) (Quelle: imago/Bernd König)
Bild: imago sportfotodienst

Auf dem Papier waren Berlins Basketballer ihren Gegnern aus Mailand deutlich unterlegen - also zerknüllten sie den Wisch einfach und schmissen ihn weg. Mit einem überraschend deutlichen 83:67 gegen den italienischen Serienmeister startete Alba am Mittwoch in die Eurocup-Zwischenrunde - weil das Team den Sieg mehr wollte. Von Sebastian Schneider

Jamel McLean tat das, was er am besten kann: Er hing in der Luft. In dem Berliner Unterhaltungstempel hat er das schon oft getan, aber am Mittwochabend trug der Basketballer dabei zum ersten Mal nicht mehr Albas gelbes Trikot, sondern das granatapfelrote von Armani Mailand. Mc Lean hüpfte, machte sich steif wie ein Brett, empfing eine regelwidrige Watschn seines Gegenspielers und warf den Ball im Fallen doch noch in den Korb - Foul und Bonusfreiwurf inklusive. Der elastische Springinsfeld McLean machte im ersten Spiel der Eurocup-Zwischenrunde 18 Punkte, er war der beste Schütze der Mailänder. Verloren hat sein neuer Arbeitgeber aber trotzdem und zwar deutlich mit 67:83 gegen die Gastgeber. Wie gesagt: McLean hing in der Luft.

Taylor fällt sechs Wochen aus

Armanis Team vertraute fast nur auf Einzelaktionen, von einer höheren Ordnung war nicht viel zu sehen. Die Mailänder hatten im Vergleich zu Alba die viel besseren Einzelspieler. Bis vor kurzem durften sie noch Euroleague spielen, erst nach dem Vorrunden-Aus begaben sie sich in den zweitklassigen Eurocup herab. Dass sie darauf ungefähr so viel Lust hatten, wie auf eine Arschbombe in die vereiste Spree vor der Halle, merkte man ihnen durchaus an.

Die Verve der Berliner ließ ihre lombardische Laune vollends gefrieren: Albas Trainer Sasa Obradovic brachte es im Gegensatz zu den dürftigen letzten Spielen endlich fertig, dass seine Profis von der ersten Sekunde an bereit waren. Schon nach sechs Minuten führten sie mit zehn Punkten. Und das, obwohl Niels Giffey und Jordan Taylor fehlten. Letzterer hat sich gegen Ludwigsburg so arg am Daumen wehgetan, dass er nun sechs Wochen vom Sport befreit ist. "Es war eine große Frage, wie mein Team auf Jordan Taylors Verletzung reagieren würde, der sehr wichtig für uns ist. Aber jeder hat sich für ihn reingehangen", lobte Obradovic.

Alba trifft 60 Prozent von draußen

Seine Spieler bewegten den Ball gegen das teuerste Team Italiens geduldig, aber eben nicht bräsig. Sie liefen ihre Systeme, sie verloren nicht gleich die Konzentration, wenn ihnen die Pfiffe der Schiris mal nicht passten. Ein großer Unterschied zur dritten Schmach gegen Ludwigsburg: Sie vertrauten ihrem Wurf, 60 Prozent ihrer Versuche von draußen gingen rein.

Besonders konnte man dieses Selbstvertrauen am zuweilen noch etwas hibbeligen Jungspund Ismet Akpinar beobachten: Jonas Wohlfahrth-Bottermann vergab in der ersten Hälfte zwei Freiwürfe, aber Mitchell Watt grabschte sich den Rebound, passte den Ball raus zu Akpinar - und der drechselte den Dreier sauber und glatt in den Korb. Akpinar kam auf elf Punkte, mehr hat er im Eurocup noch nicht geschafft. Aber auch der in dieser Saison auffällig glücklose Akeem Vargas lederte zwei seiner zwei Versuche aus der Distanz hinein. Insgesamt gelangen den Berlinern 60 Prozent ihrer Dreier.

Wir haben nicht das Mindeste an Energie gebracht, das nötig ist, um gegen ein Team wie Alba Berlin zu spielen."

Mailands Trainer Jasmin Repesa

Milosavljevic haut fünf von neun Dreiern rein

Die Mailänder waren nicht übermäßig an Verteidigung interessiert, an gewitzten Schachzügen auf dem Parkett noch viel weniger - sie hofften darauf, dass ihre zwei Besten McLean und vor allem Alessandro Gentile die Sache schon noch regeln würden. Vor seiner Rückenverletzung Mitte November war der italienische Nationalspieler der beste Scorer der Euroleague. Bei seiner Rückkehr aufs Feld aber zeigte der 23-Jährige, dass er noch weit von seiner früheren Schaffenskraft entfernt ist: Viel eins gegen eins, viel "Heroball", wie es im Basketball so schön heißt, wenn der talentierteste Angreifer es unbedingt erzwingen will.

Gentile (neun Punkte), McLean und der kroatische Kaltblüter Krunislav Simon brachten Mailand bis zur Halbzeit zwar auf 40:41 heran, aber man hatte trotzdem nicht den Eindruck, dass sie die Berliner an diesem Abend überrumpeln konnten. "Wir haben nicht das Mindeste an Energie gebracht, das nötig ist, um gegen ein Team wie Alba Berlin zu spielen", sagte Mailands Trainer Jasmin Repesa später.

Alba brach auch in der zweiten Hälfte nicht ein, im Gegenteil. Obradovis clevere Wechsel zwischen Ball-Raum- und Mann-Verteidigung brachten Armanis Offense aus dem Konzept. Der engelsgesichtige Berliner Scharfschütze Dragan Milosavljevic zeigte den 6.251 Menschen, wofür sie ihr Eintrittsgeld gezahlt hatten und durch den Berliner Schnee gestapft waren: Er lief heiß. Erst brachte er die Mailänder mit einem Dreier zum 60:52 zum Schweigen, und weil ihm das so Spaß machte, legte er gleich noch zwei Stück nach - insgesamte häufte der Serbe fünf Distanzdinger, 23 Punkte und sechs Vorlagen an, er war der Mann dieses Abends.

Pause bis zum 13. Januar

Nur logisch, dass ihm auch die Aktion gelang, die dieses Spiel am besten zusammenfasste: Im letzten Viertel knüppelte sich Akeem Vargas Richtung Korb, er schmiss den Ball aus Zeitdruck recht aussichtslos an den Ring. Vargas aber schnappte sich sofort seinen eigenen Offensivrebound, wartete kurz und überreichte dem in die Zone preschenden Milosavljevic den Ball. Der warf ihn rein, holte sich noch das Foul ab und traf auch den Freiwurf. Für sowas drückt der Trainer den Nilpferd-Stempel mit Sternchen ins Aufgabenheft. "Wir hatten eine klare Spielidee, vor allem defensiv, aber auch im Angriff. Wir haben das Spiel vom Anfang bis zum Ende kontrolliert", gratulierte sich Obradovic auch ein bisschen selbst.

Nun hat er etwas Zeit zum Genießen: Wegen des Allstar-Games am Sonntag in Bamberg pausiert die Bundesliga am kommenden Wochenende. Am 13. Januar müssen die Berliner im zweiten Gruppenspiel bei Neptunas Klaipeda antreten, das Team mit dem schönsten Namen des Wettbewerbs. Die Litauer verloren ihr erstes Gruppenspiel beim griechischen Club Aris Thessaloniki mit 58:84 (22:46) und sind damit zunächst Tabellenletzter. Alba liegt hinter Aris auf Platz zwei.

Beitrag von Sebastian Schneider

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