Basketball | Alba muss zum Tabellenführer Bamberg - Bitte nicht zu dolle

Fr 29.04.16 | 07:27 Uhr | Von Sebastian Schneider
Bild: imago sportfotodienst

Bamberg gegen Alba, das war bis vor kurzem ein Klassiker der Bundesliga - aber in dieser Saison sind die Tabellenführer Sasa Obradovics Berlinern offenbar um Lichtjahre enteilt. Am Freitagabend sind die momentan Mittelprächtigen in Franken gefragt - sie denken längst an das wichtigere Spiel dieses Wochenendes. Von Sebastian Schneider

Nein, die üblichen Dampfvokabeln waren diesmal von niemandem zu vernehmen: Kein "Spitzenspiel", kein "Klassiker", auch kein "rassiges Duell" wurde bemüht, um diese Partie zwischen den Baskets Bamberg und Alba Berlin zu klassifizieren. Einfach ein ganz normales Bundesligaspiel zwischen dem überragenden Tabellenführer und einem Mittelklasse-Team vom sechsten Platz, kurz vor dem Beginn der Playoffs. Für Albas ehrgeizigen Chefcoach Sasa Obradovic muss sich das wie eine Ohrfeige anfühlen.

"Wir können frei aufspielen, weil wir im Grunde ja nichts zu verlieren haben", argumentierte der Berliner Kapitän Alex King. Sein Kollege Niels Giffey sah in dem Spiel am Freitagabend um 20 Uhr in der lautesten Halle der Liga allenfalls einen guten Test für den Ernstfall: "Das hat dann schon Playoff-Niveau."

Zu statisch, zu berechenbar

Breitbeinigere Ansagen hätte man den beiden auch beim besten Willen nicht abgenommen, zu schwach hatte sich ihr Team zuletzt präsentiert: Die eindeutige Niederlage gegen Frankfurt am vergangenen Wochenende in eigener Halle zeigte erneut, wie leicht Alba in dieser Saison zu entschlüsseln ist. Zu statisch, zu berechenbar setzen die Spieler die Vorstellungen ihres Chefs um. Dazu kommen die vielen Ballverluste, gegen Frankfurt häuften die Guards Jordan Taylor, Robert Lowery und Will Cherry mehr Turnover an, als Punkte.

Teams, die den Berlinern körperlich nicht unterlegen sind, konnten sich auf deren Stil längst einstellen. Sie schlagen Alba mit dessen eigenen Waffen: Giftige Verteidigung, harte "Hustle Plays", die vielgerühmte Intensität. Auch wenn Berlin mit spektakulären Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte - bisweilen wirkt es, als verlange Obradovic von seinen Spielern einen Basketball, den sie in dieser Saison nicht umsetzen können. "Wir schauen nur auf uns. Wir müssen unseren Rhythmus finden, und noch an einigen Kleinigkeiten arbeiten", so beschrieb Giffey den Zustand des Teams.

Die Summe dieser vielen verschluderten Kleinigkeiten ist der sechste Platz und bei dem bleibt es voraussichtlich auch - von einem so schlechten Rang ist Alba noch nie in die Playoffs gestartet. Es spricht momentan wenig dafür, dass Obradovic in der kommenden Saison die Gelegenheit ergreifen wird, diese Bilanz vergessen zu machen. Er kann Berlin im Sommer verlassen.

Ein gutes Team springt nur so hoch, wie es muss

Die Bamberger dagegen werden aller Voraussicht nach wieder Deutscher Meister, wenn ihnen vorab nicht der fränkische Himmel auf den Kopf fällt - oder etwa der Bayer Nihad Djedovic sie im entscheidenden Duell mit 30 Punkten aus ihrer eigenen Halle schießt. Alles schon passiert.

Beim Sieg im Hinspiel in Berlin jedenfalls zeigte das Team des barocken Zampanos Andrea Trinchieri eine Leistung, für die das Wort "souverän" noch untertrieben ist. Dieses Team kann es sich leisten, nur exakt so hoch zu springen, wie es muss. Die Angriffe werden vom amtierenden "Wertvollsten Spieler der Liga", Brad Wanamaker, konstruiert, exakt und variabel.

"Alba ist eben Alba"

Die Absprachen in der Defense klappen genauso gut, nicht zuletzt dank des deutschen Nationalspielers Daniel Theis und des ehemaligen Berliners Leon Radosevic. Trinchieri durfte mit dem wuchtigen Budget des Bamberger Mäzens auf dem Konto extrem spielintelligente Profis einkaufen - bis auf den letzten Platz der Auswechselbank. Ihre Qualität hat fast für das Euroleague-Viertelfinale gereicht.

Diesen Luxus kann sich Alba längst nicht mehr leisten. Weil er das weiß und es momentan sonst nicht viel Bedrohliches über den Gegner zu sagen gegeben hätte, versuchte es der höfliche Trinchieri so: "Sie haben ein tolles Programm, tolle Spieler, einen tollen Coach und sind eine großartige Organisation. Alba ist eben Alba. Gegen sie zu spielen ist immer schwer und unangenehm." Für ihn und Berlin hat das Spiel im Grunde kaum einen sportlichen Wert. Von der Spitze schubst Bamberg am Wochenende niemand mehr.

Am Sonntag kommt Gießen

Die wichtigsten Wochen des Jahres beginnen für die Basketballer am 7. Mai - damit ihr knirschendes Zusammenspiel bis dahin doch noch flutscht, brauchen sie jede Minute auf dem Parkett. Hilfreicher als eine mögliche Abreibung gegen das heimstärkste Team der Liga ist da schon Albas zweite Rätselstunde dieses Wochenendes: Am Sonntag um 17 Uhr empfangen die Berliner den überraschend gefestigten Aufsteiger aus Gießen.

Deren Coach Denis Wucherer hat mit einem winzigen Etat einen beeindruckenden Job erledigt - die Hessen stehen auf dem neunten Platz. Mit Hilfe der geschassten Bamberger Karsten Tadda und Gabe Olaseni hat Wucherer die Gießener zu einer gut geölten Defensivmaschine verschweißt. Nur mit einem Sieg in Berlin können sie ihren Traum von den Playoffs noch verwirklichen. "Das ist die wichtigere Partie", sagte Alex King. Im Moment: ein Spiel auf Augenhöhe.

Beitrag von Sebastian Schneider

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