50 Jahre Energie Cottbus - Die Jungs im rot-weißen Trikot

Fr 29.01.16 | 11:35 Uhr | Von Andreas Friebel
Cottbuser Spieler lassen sich trotz ihrer Niederlage im Pokalfinale 1996/1997 von ihren Anhängern feiern (Quelle: Imago/Camera 4)
Bild: Imago Camera 4

Einmal Bundesliga und wieder zurück: So lässt sich salopp die Geschichte des FC Energie Cottbus zusammenfassen. Der Klub aus der Lausitz wurde am 31. Januar 1966 gegründet. Doch seine wechselvolle Geschichte beginnt schon Anfang der 1960er Jahre - vor den Toren von Cottbus. Genauer gesagt in Senftenberg. Von Andreas Friebel

Anfang der 1960er Jahre wird in der DDR das System der Sportklubs gründlich umgestaltet. Vereine sollen in großen Städten konzentriert werden. Da passt es ganz gut, dass 1963 Aktivist Brieske-Senftenberg aus der DDR-Oberliga absteigt. Die komplette Mannschaft wird in die knapp 40 Kilometer entfernte Bezirkshauptstadt zwangsversetzt und spielt unter dem Namen SC Cottbus drei Jahre weiter.

Unter den Männern der ersten Stunde ist auch Klaus Stabach, der später als Manager Energie in die erste Liga führt. "Das war damals eine schwere Zeit, die meisten Spieler wollten einfach nicht, schon wegen ihrer Familien, umziehen", erinnert sich der heute 75-Jährige. Er erlebt auch, wie am 31. Januar 1966 aus dem SC Cottbus, die Betriebssportgemeinschaft Energie Cottbus wird. Bei einer Abstimmung der Tageszeitung "Lausitzer Rundschau" hatten sich die Leser mehrheitlich dafür ausgesprochen. "Das passte einfach zu der Region und den Menschen, die hier in Lohn und Brot standen." Der ehemalige Bezirk Cottbus war mit seinen Kraftwerken und Braunkohletagebauen ein wichtiger Energieproduzent in der DDR.

Klaus Stabach (Quelle: Imago/ Eisenhuth)
Als Manager war Klaus Stabach in Energies Top-Zeiten dabei | Bild: Imago

Beste Sicht aus den Bäumen

Zu den Männern der ersten Stunde gehört auch Hajo Prinz, der vor wenigen Wochen verstarb. Über 300 Mal trug er das rot-weiße Trikot und war als Spieler, Trainer und Mannschaftsbetreuer mit dem Klub eng verbunden. Aber auch er konnte nicht verhindern, dass die Lausitzer in der DDR zumeist zweitklassig spielten.

Zehn Jahre nach Klubgründung gelang der erste Aufstieg in die Oberliga. 1973 sorgte ein Tor von Klaus Stabach gegen Stralsund für eine erste große Fußball-Euphorie in der Lausitz. Dabei half, dass Energie Anfang der 1970er Jahre das Stadion der Freundschaft zu seiner Heimstätte auswählte. Vorher hatte Cottbus seine Heimspiele auf verschiedenen Plätzen in der Stadt ausgetragen.

"Wir waren die Heimatlosen", sagt Klaus Stabach heute. Und Ralf Lempke, der über 300 Pflichtspielen für Cottbus absolvierte, erinnert sich: "Rund um das damalige Stadion der Freundschaft standen damals noch Eichen. Die Leute saßen in den Bäumen und brachten Leitern mit, um irgendwas zu sehen." Deshalb wurde das Stadion Mitte der 1980er Jahre ausgebaut und bot dann Platz für 18.000 Zuschauer.

Nach Aufstieg folgte immer der Abstieg

Die Lausitzer blieben aber eine Fahrstuhlmannschaft. Fünf Mal in die DDR-Oberliga aufgestiegen, ging es in der Saison darauf direkt wieder runter. Klaus Stabach, der in dieser Zeit als eine Art Manager agierte, spricht von "mangelnder Qualität" und "anderen Problemen", die bessere Ergebnisse verhinderten. Was er andeutet, ist ein Parteibeschluss, nach dem die besten Spieler regelmäßig zum BFC Dynamo nach Berlin abgegeben werden mussten. Nur im Wendejahr 1989 gelang den Lausitzern der Klassenerhalt. Wenig später war die DDR Geschichte und Energie kämpfte sich in der Folgezeit bis in die erste Bundesliga.

"Kein Klub aus dem Westen kam gern zu uns"

Der entscheidende Schritt dazu war die Verpflichtung von Eduard Geyer, der 1994 als Trainer der Cottbuser in die Lausitz kam. Zusammen mit Dieter Krein als Präsident und Klaus Stabach als Manager, sorgte Geyer für ein Fußballwunder und die erfolgreichste Phase der Klubgeschichte. "Wir haben den Menschen in der Region, in der schwierigen Zeit des Umbruchs ein neues Selbstwertgefühl gegeben." Saisonübergreifend blieb Eduard Geyer mit seiner Mannschaft 57 Pflichtspiele ungeschlagen. 1997 marschierte Energie als Drittligist bis in das Pokalfinale nach Berlin und verlor dort allerdings gegen Erstligist Stuttgart. Wenig später gelang in zwei dramatischen Aufstiegsspielen gegen Hannover 96 der Aufstieg in die zweite Bundesliga. Detlef Irrgang, noch heute von den Fans als "Fußball-Gott" verehrt, erinnert sich: "Kein Klub aus dem Westen kam gern zu uns. Die sind meist in Berlin eingeflogen und fuhren dann mit dem Bus über die Autobahn nach Cottbus. Wegen der hitzigen Atmosphäre haben sich die anderen Teams nie wohl gefühlt. Und das haben wir ausgenutzt."

Detlef Irrgang gehört zu Energies Fußballgöttern | Bild: Imago Höhne

In 50 Jahren Klubgeschichte sind seine 455 Pflichtspieleinsätze unerreicht. Der gebürtige Finsterwalder stieg mit Cottbus im Mai 2000 dann sogar in die erste Liga auf. Nach dem Aufstieg beendete er seine sportliche Laufbahn. "Ich hätte gern noch ein bisschen weiter gespielt. Aber ich wollte aufhören, bevor meine Knochen kaputt sind."

Und so blieb es Spielern wie Kulttorwart Tomislav Piplica oder Timo Rost vorbehalten, dessen 129 Bundesligaeinsätze für Cottbus so schnell nicht mehr erreicht werden, insgesamt sechs Jahre gegen Bayern München, Schalke 04 oder Borussia Dortmund zu spielen. So mancher Favorit strauchelte in dieser Zeit im gefürchteten Stadion der Freundschaft. Der FC Bayern sogar zwei Mal. In dieser Zeit sorgte Energie auch für ein Novum. Am 6. April 2001 standen die Lausitzer mit elf ausländischen Spielern auf dem Platz.

Joachim Löw (li., Stuttgart) und Eduard Geyer (Cottbus) beim Pokalfinale 1997 (Quelle: Imago/ Contrast)
Legendäres Treffen: Joachim Löw (damals Coach VfB Stuttgart) und Ede Geyer im Pokalfinale 1997 | Bild: Imago

Nach turbulenten Jahren könnte es stabiler werden

2004 musste der letzte Trainer der DDR-Nationalmannschaft, Eduard Geyer, gehen. Ihm folgte der ehemalige Cottbuser Spieler Petrik Sander, der die Lausitzer noch einmal in die erste Liga führte. Vom Abstieg 2009 erholte sich Energie aber nicht mehr. Seither ging es sportlich stetig bergab. In den sieben Jahren seit dem Abstieg versuchten sich in der Lausitz sieben Trainer. Und nun steht man wieder dort, wo 1994 die erfolgreichste Phase der Klubgeschichte begann - in der dritten Liga. Mit Vasile Miriuta hat inzwischen ein ehemaliger Publikumsliebling den Trainerposten übernommen. Sein Vorbild ist Eduard Geyer, mit dem er in der zweiten und ersten Liga große Erfolge feierte. Und er eifert seinem großen Vorbild auch sportlich nach. Zwar sind es noch nicht 57, sondern erst elf Partien, die die Lausitzer unter seiner Regie ungeschlagen sind, aber nach turbulenten Jahren, scheint man sich sportlich zu stabilisieren.

Beitrag von Andreas Friebel

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