Chronologie - Strom aus Lausitzer Braunkohle - von damals bis heute

Mo 02.06.14 | 15:23 Uhr | Von Boris Kullick und Robin Avram

Vom kleinen Bergwerk zur riesigen Förderbrücke - der Abbau von Braunkohle hat eine ganze Region verändert. Einerseits wirtschaftlicher Aufschwung und Arbeitsplätze für tausende Menschen, andererseits zerstörte Landschaft und Dörfer.

Bäume, Sträucher und Gras - Pflanzen bilden die Grundlage für Braunkohle. Entstanden vor rund 20 Millionen Jahren, wurde durch geologische und chemische Prozesse mit der Zeit aus organischen Materialien ein fossiler Brennstoff. Ein Gebiet mit besonders viel Braunkohle ist die Lausitz, die sich auch in den Süden Brandenburgs erstreckt. Vor über 200 Jahren wurde dort die Braunkohle oftmals noch unterirdisch in kleinen Bergwerken abgebaut. Das änderte sich mit der Industrialisierung. Die neu entstandenen Fabriken benötigten immer mehr Strom, der Braunkohleabbau musste professioneller und effizienter werden.

Mondlandschaften fast so groß wie Berlin

Ab Beginn des 20. Jahrhunderts förderte man Braunkohle nur noch oberirdisch. Riesige Flächen wurden von immer größeren, bis zu 500 Meter langen Förderbrücken umgegraben, um die unter der Erde liegende Kohle freizuschaufeln. Über 850 Quadratkilometer sind in der Lausitz bislang umgepflügt worden – eine Fläche fast so groß wie Berlin. Zehntausende Menschen mussten oft gegen ihren Willen umgesiedelt werden, weil ihre Dörfer im Tagebaugebiet standen. Für sie wurden zum Teil komplett neue Orte in der Nähe errichtet, samt Kirche und Dorfanger.

Nach wie vor fressen sich die Schaufeln Meter für Meter in den Boden - am Ende bleiben kilometerlange Mondlandschaften. In Brandenburg wird Kohle derzeit bei Welzow, Jänschwalde (beide Landkreis Spree-Neiße) und Cottbus abgebaut. Die gewonnene Kohle wird dann in Kraftwerke transportiert. Getrocknet und zerkleinert landet die Kohle in riesigen Brennöfen, die Wasser erhitzen bis es verdampft. Der heiße Dampf treibt schließlich eine Turbine an. Heraus kommt Strom.

Strom aus Braunkohle schädigt das Klima

Negativer Nebeneffekt: bei der Verbrennung entstehen große Mengen des klimaschädlichen Kohlendioxids. Hier sollte neue Technik, wie die Abscheidung und unterirdische Speicherung von Kohlendioxid, Abhilfe schaffen. Aber dieses sogenannte CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) ist selbst unter Experten umstritten, da Schäden für das Grundwasser drohen. Ein Gesetz zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid in Deutschland lag lange auf Eis. Im Sommer 2012 einigten sich dann Bund und Länder auf einen Kompromiss: Die verpresste CO2-Menge wird auf 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr und Speicher begrenzt; zunächst waren drei Millionen Tonnen geplant. Der Energiekonzern Vattenfall erklärte, für die geplante CCS-Pilotanlage in Jänschwalde komme die Einigung zu spät.

In Ketzin, 40 Kilometer westlich von Berlin, läuft derweil noch bis Ende 2013 ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam zur unterirdischen CO2-Verpressung. Das dort gewonnene Wissen soll Vattenfall nach dem Willen der Landesregierung nutzen, um die Braunkohle klimafreundlicher und damit zukunftsfähig zu machen. Im September 2013 schloss der frisch gewählte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der selbst aus der Lausitz stammt, mit Vattenfall eine Vereinbarung zur Umsetzung der Energiestrategie 2030 (PDF).  Demnach verpflichtet sich der Konzern, seine CO2-Emissionen mit Hilfe der CCS-Technologie bis 2030 gegenüber 1990 um 72 Prozent zu senken.

Das wird nach gegenwärtigem Stand aber nur funktionieren, wenn das CO2 durch Rohrleitungen an die Nordsee transportiert und dort verpresst wird. Kritiker bezweifeln, dass dies bis 2030 zu vertretbaren Kosten und ohne allzugroßes Risiko für die Umwelt realisiert werden kann.

Braunkohle als Brückentechnologie

Die brandenburgische Landesregierung hat sich in ihrer Energiestrategie 2030 (PDF) zwar zur Nutzung erneuerbarer Energien bekannt. Zugleich wird die Braunkohleverstromung aber als "Brückentechnologie" befürwortet - bis genügend Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht.

Es sind sogar drei neue Tagebaue in Brandenburg und Sachsen in Planung. Einer davon ist Jänschwalde Nord, dem die drei Orte Atterwasch, Grabko und Kerkwitz zum Opfer fallen würden. Erneut müssten rund 900 Menschen ihre Häuser aufgeben. Spätestens 2025 müsste ein ein neues Kraftwerk in Jänschwalde gebaut werden, da die Betriebsgenehmigung für die alte Anlage ausläuft.

Auch in Welzow-Süd soll der bestehende Tagebau erweitert werden, damit das 1998 in Betrieb genommene Kraftwerk Schwarze Pumpe bis zum Jahr 2042 mit Braunkohle versorgt werden kann. Für diese Pläne müssten rund 800 Menschen in Proschim und Welzow den riesigen Schaufelbaggern weichen.

Beitrag von Boris Kullick und Robin Avram