Rechten-Treffen - Staatsanwaltschaft Potsdam wird nicht gegen "Correctiv"-Mitarbeiter ermitteln

Do 28.03.24 | 19:47 Uhr
Archivbild: Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben. (Quelle: dpa/Kalaene)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.03.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Kalaene

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht für verfolgbare Straftaten und wird nicht gegen Mitarbeiter des Online-Magazins "Correctiv" und weitere Angezeigte im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein Treffen radikaler Rechter ermitteln. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.

Gegen das Magazin und dessen Mitarbeiter waren unter anderem Strafanzeigen von Teilnehmern des Treffens wegen Verletzungen der Vertraulichkeit des Wortes, des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen eingegangen. Das Magazin hatte unter dem Titel "Geheimplan gegen Deutschland" am 10. Januar 2024 über ein Geheimtreffen in einer Potsdamer Villa berichtet [correctiv.org].

Staatsanwaltschaft: Keine Anhaltspunkte für unautorisierte Tonaufnahmen

Eine der Anzeigen hatte die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy wegen der Bilder und möglicher Tonaufnahmen gestellt. Sie wolle Zugang zu eventuellen Ton- und Bildaufzeichnungen erhalten, um auf Herausgabe dieser zu klagen und insbesondere Tonbandaufnahmen anschließend öffentlich zu machen, hatte Huy damals der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam erklärte nun, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass unautorisierte Tonaufnahmen des Treffens gefertigt wurden. "Soweit vereinzelt der Presseberichterstattung zu entnehmen war, dass Tonaufnahmen heimlich gefertigt worden sein könnten, hat sich dies nach Prüfung nicht bestätigt." Auch die Bildaufnahmen verletzten nicht die Grenzen des "höchstpersönlichen Lebensbereichs", führte ein Sprecher der Behörde aus. Es seien keine Bilder festgestellt worden, die in geschützten Räumen im Sinne eines "letzten persönlichen Rückzugbereichs" erstellt worden wären. Auch die Verbreitung dieser Bilder fällt nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft unter den Begriff der Zeitgeschichte und ist daher zulässig.

"Correctiv"-Sprecher: "Offensichtlich Teil einer Diffamierungsstrategie"

Die Anzeigen seien "offensichtlich Teil einer Diffamierungsstrategie", sagte ein Sprecher von "Correctiv" am Donnerstag auf DPA-Anfrage. "Wir sind froh, wenn wir nun weiter unserer Arbeit nachgehen können und uns mit solch absurden Vorwürfen nicht weiter befassen müssen." Bei den Klagen gehe es um Randaspekte der Enthüllungen, der Kern der Recherche sei gar nicht Teil des Streits vor Gericht, sagte der "Correctiv"-Chefredakteur Justus von Daniels dem Magazin "Journalist". "Wir sehen hier auch einen Trend, Gerichtsverfahren als PR-Mittel zu nutzen, um in der Öffentlichkeit Zweifel zu säen, egal wie das Verfahren ausgeht", sagte er.

An dem Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam hatten neben dem früheren Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen. Sellner sprach bei dem Treffen in Potsdam über sogenannte "Remigration" - wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll, auch unter Zwang. Gegen ihn wurde inzwischen ein bundesweites Einreiseverbot ausgesprochen, Sellner geht dagegen juristisch vor.

"Correctiv" hatte unter anderem von außen angefertigte Fotos des Treffens in einem Hotel veröffentlicht sowie Bilder, die laut "Correctiv" innen mit einer Uhr gefilmt wurden. Tonaufnahmen des Treffens sind nicht bekannt. Die Berichterstattung hatte Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet gegen Rechtsextremismus ausgelöst, insgesamt mehrere Millionen Menschen gingen dafür auf die Straße.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.03.2024, 15:30 Uhr

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