

Zum Tod von Hans Christian Ströbele -
Hans-Christian Ströbele galt als eine Institution für Unabhängigkeit und Aufrichtigkeit. Deshalb liebten ihn seine Wähler und vertrauten ihm. Er war der einzige Grüne, der je mit einem Direktmandat in den Bundestag gewählt wurde. Und das viermal in Folge. Der rbb sendet die Doku „Bürger Ströbele“ aus dem Jahr 2017 anlässlich seines Todes. Hans-Christian Ströbele starb am Montag im Alter von 83 Jahren.
Er war unbestritten ein Politiker der Basis. Kaum einer konnte so schön nerven und nicht locker lassen. Eine seiner Triebkräfte war sicher Eitelkeit, die er auch gut als Bescheidenheit tarnte. Sein stärkstes Motiv jedoch war sein stark ausgeprägter Gerechtigkeitssinn. Er hat niemals sein Fähnchen in den Wind gehängt, blieb seinen politischen Idealen stets treu - bis zur Sturheit.

Auch das machte ihn zu einem seltenen Exemplar grüner Politik und entfernte ihn gleichzeitig von seiner Partei. Den Rechtsstaat hat er maßgeblich gefördert, auch indem er seine Belastbarkeit ausgetestet hat. Als Anwalt der RAF-Inhaftierten wurde er schließlich selbst „wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ verurteilt.
Die Position, die Hans-Christian Ströbele bei den Demonstrationen gegen den G20-Gipfel in Hamburg einnahm, war programmatisch für sein Leben: Er war nie nur Aktivist, er war immer auch Anwalt. Er sah es als seine Aufgabe, zu beobachten, Fakten zu sammeln, oder, wie Otto Schily über ihn sagte: „Ströbele ist für die Akten zuständig“. Diese Rolle zwischen den Stühlen machte nicht unbedingt Freunde, sondern bedeutete eine Sonderstellung, die immer auch isolierte.
Basis für die Dokumentation „Bürger Ströbele“ ist ein ausführliches Interview, bei dem sich Hans-Christian Ströbele auf ein Experiment einließ, indem er auf unterschiedliche Tondokumente reagierte, die mit seiner Biographie in Verbindung stehen. Seine Erinnerungen stehen im Mittelpunkt der Dokumentation. Sein Leben und seine Sicht darauf bilden das Zentrum der Auseinandersetzung.
Film von Simone Dobmeier, Torsten Striegnitz und Rolf P. Scheller
Erstausstrahlung: 10.09.2017/rbb