
Berlin-Tiergarten -
Die Straße ist ziemlich lang und wechselt im Verlauf ihre Gesichter. Mal ist sie stiller, mal tobt der Verkehr. Sie führt vom Park am Gleisdreieck über die Potsdamer Straße bis zum Aquarium am Zoologischen Garten. Es gibt Kiezatmosphäre mit schönen Altbauten und nachbarschaftlichem Miteinander, Veränderungen durch die Bebauung der ehemaligen Brachen - aber auch Probleme mit dem stadtbekannten Straßenstrich.
Leben mit dem Straßenstrich
Straßenprostitution ist in Berlin legal. Es gibt sogenannte Verrichtungsboxen in der Straße. Das ist einmalig auf der Welt. 60 Mitglieder hat der Verein "Lebenswerter Kurfürsten-Kiez". Denn die nächtlichen Störungen sind sehr belastend und trotz der "Verrichtungsboxen" werden auch Hauseingänge und Tiefgaragen genutzt. Bis zu 120 Prostituierte gab es vor Corona dort. Zurzeit sind es nicht viele Frauen. Die Anwohnerinnen und Anwohner haben die Straße förmlich verbarrikadiert, kein Haus mehr ohne Zaun oder Verbote. Die Prostituierten selbst haben Anlaufstellen beim Frauentreff "Olga" und bei Notdiensten.
Ginflaschen in der 12-Apostel-Kirche
Ursprünglich haben die Glasflaschen die zerstörten Fensterscheiben nach dem Krieg ersetzt. Sie wurden nicht weggenommen und die Ginflaschen-Fenster stehen inzwischen unter Denkmalschutz. Burkhard Bornemann ist Pfarrer der offenen Kirche, die sich um benachteiligte Menschen kümmert. Einmal in der Woche etwa werden hier gespendete Lebensmittel verteilt. Auch Prostituierten wird Hilfe angeboten.
Buntes Leben im Hinterhof
In dem Gewerbehof gibt es ein gutes Miteinander. Der englischsprachige Buchladen ist auch gleich die Poststelle für alle. Beim "Charlier Golf-Service" bekommt vom Anfänger bis zum Profi jeder maßangefertigte Schläger. Clubmaking nennt sich dieses außergewöhnliche Handwerk. Es gibt im Hof noch ein Tapetengeschäft, ein Antiquariat und eine Kunstszene.
Friseur mit kunterbunten Wänden
Der Friseursalon ist eine Institution in der Kurfürstenstraße. Das Geschäft ist auch so etwas wie ein Ausstellungsraum. Alles Mögliche hängt an den Wänden und steht zum Anschauen im Laden. Erwin Anthofer wohnt auch gleich ein paar Stufen weiter oben und hat viele Stammkunden, deren Geschichten er gut kennt.
Neue Pläne für die Urania
Die Kultur- und Bildungseinrichtung wurde bereits vor gut 130 Jahren gegründet. Seit einem Jahr steht sie unter neuer Leitung und bringt frischen Wind nicht nur ins Veranstaltungsprogramm. Ulrich Weigand, der neue Direktor, möchte ein Bürgerforum für Demokratie und Vielfalt, Wissenschaft und Umwelt entwickeln.
Kaffeehaus mit Rum
In einer der wenigen Villen bietet das "Café Einstein" unter anderem Apfelstrudel, Schnitzel nach Wiener Art und außerdem die meisten Rumsorten der Stadt. Das Haus hat eine lange und sehr abwechslungsreiche Geschichte und ist das Stammhaus der inzwischen stadtweiten Kaffeehaus-Kette.