Thema auf Antrag aller Fraktionen: "Berlin vor der Wahl"

Die AfD fordert, dass sich eine "Flüchtlingskrise" wie 2015 nicht wiederholen dürfe. Sie plädiert in ihrem Antrag "Die Flüchtlingskrise von 2015 darf sich nicht wiederholen! Endlich die erforderlichen Lehren aus den Fehlern ziehen und die Berliner Bevölkerung nicht überfordern!" dafür, die Politik dürfe keine Signale aussenden, die von Flüchtlingen aus Afghanistan als Einladung angesehen werden könnten. Ein Kontrollverlust müsse unbedingt vermieden werden. Weder die rot-rot-grüne Koalition noch die oppositionelle CDU und FDP finden Gefallen an dem Antrag. Die AfD zeichne ein Schreckensbild, das in Realität gar nicht existiere. Die AfD wolle lediglich Ängste schüren, um bei den anstehenden Wahlen zu punkten. Berlin habe seit der Machtübernahme der Taliban ganze 162 Personen aus Afghanistan aufgenommen. Der AfD-Antrag wird in sofortiger Abstimmung abgelehnt.

Die FDP möchte mit ihrem Antrag unterbinden, dass drei städtische Wohnungsbaugesellschaften der "Vonovia" und "Deutsche Wohnen" 14.700 Wohnungen für 2,4 Milliarden Euro abkaufen. Die FDP fürchtet einen zu hohen Sanierungsbedarf des Bestands aus den 1960er bis 1980er Jahren. Sie und auch die AfD bevorzugen Neubau statt Ankauf. Auch AfD und CDU halten den Ankauf für riskant. Den "eigentlichen Skandal" sieht die CDU in der intransparenten Informationspolitik des Senats. Bündnis 90/Die Grünen sprechen von einem "Hinterzimmer-Deal" und beklagen die Eile des Koalitionspartners SPD beim Ankauf-Vorhaben. Die Linke sorgt sich um die zukünftige finanzielle Standkraft der drei Wohnungsbaugesellschaften. Beide Fraktionen bejahen den Ankauf jedoch grundsätzlich. - Der Antrag wird abgelehnt.

Das Abgeordnetenhaus beschließt in zweiter Lesung mit den Stimmen aller Fraktionen das vom Senat vorgelegte "Gesetz zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Land Berlin". Die geänderte Fassung des Senatsgesetzes setzt damit die UN-Behindertenrechtskonvention in Landesrecht um. Unter anderem enthält das Gesetz einen verpflichtenden behindertengerechten Umbau von Bestandsbauten. Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderung wird aufgewertet, die Bezirksbeauftragten gestärkt sowie eine Schlichtungsstelle beim Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung eingerichtet.

Die oppositionelle CDU will mit ihrem Antrag "Berlin steht zum Neutralitätsgebot" verhindern, dass religiöse und weltanschauliche Symbole an öffentlichen Schulen gezeigt werden und fordert darüber eine namentliche Abstimmung aller Abgeordneten. Während FDP und AfD als weitere Oppositionsfraktionen den Antrag unterstützen, wird er von der Regierungsfraktion SPD als "Schaufensterantrag" angesehen. Sie spricht sich zwar "zwingend" für das Neutralitätsgesetz aus, will dies aber erst in den Koalitionsverhandlungen der nächsten Legislaturperiode weiter erörtern. Die mitregierende Linke gibt zu bedenken, dass ein pauschales Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst verfassungswidrig ist und lehnt den Antrag ab. Auch die Grünen sehen in dem CDU-Antrag den Wunsch, der rot-rot-grünen Koalition intern Ärger zu bereiten und lehnen ihn ab. Sie argumentieren, dass von der Kleidung eines Menschen nicht auf eine Verletzung der Dienstpflicht geschlossen werden dürfe. Entsprechende Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts müssten umgesetzt werden. Der CDU-Antrag und der Änderungsantrag werden in namentlicher Abstimmung mehrheitlich abgelehnt.

Die Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Bündnis 90/Grüne wollen das Abstellen von Mietfahrzeugen - also E-Rollern, Leihfahrrädern und Mietautos - erlaubnispflichtig machen. Die Abgeordneten debattieren dazu die Vorlage zum "Gesetz zur Anpassung straßenrechtlicher Bestimmungen insbesondere im Hinblick auf das gewerbliche Anbieten von Mietfahrzeugen". Einerseits sollen gemietete Roller und Räder nicht mehr wild auf den Gehwegen abgestellt werden, andererseits soll es Car-Sharing-Angebote auch in den Berliner Randbezirken geben, wo sie bislang fehlen. Die CDU kritisiert das Gesetz scharf als "verfassungswidrig", weil es ihrer Ansicht nach die Vertragsfreiheit verletzt. Auch die FDP lehnt es ab, und plädiert mit einem Änderungsantrag für eine Trennung der Mietauto- von der E-Roller-Problematik. Die AfD enthält sich, weil sie zwar auch den Abstell-Wildwuchs auf Gehwegen beenden will, aber dafür keine Parkplätze für Autos opfern will. Die Gesetzesvorlag wird gemäß Beschlussempfehlung angenommen.

Die Koalition von SPD, Die Linke und Grünen beantragt, die Ticketpreise für den AB-Bereich zum 1.1. 2022 einzufrieren. Der Senat wird aufgefordert, einer Tariferhöhung im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg nicht zuzustimmen. Die Koalition begründet ihr Anliegen u.a. damit, dass Fahrgäste und Dauerkunden nicht wegen Pandemie-bedingter Einnahme-Verluste des ÖPNV belastet werden sollten. Die Opposition nennt den Antrag "völlig unseriös" und spricht von "Wahlgeschenken". Ein weiterer Koalitionsantrag fordert, das bisherige Semesterticket über das Wintersemester hinaus zu verlängern, bis zu einer langfristig brauchbaren Kosten-Einigung zwischen Studierenden und Verkehrsunternehmen. CDU und FDP unterstützen diese Zwischenlösung. Beide Anträge werden angenommen.

Die AfD-Fraktion will in zweiter Lesung mit ihrem Antrag "Kleingartenschutzgesetz Berlin" die landeseigenen Kleingartenflächen sichern. Die Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Bündnis 90/Grünen weisen den Antrag jedoch als "Schmalspurgesetz" bzw. "populistischen Antrag" zurück. Die Koalition stehe fest an der Seite der Kleingärtner, aber das bereits erarbeitete Kleingartensicherungsgesetz könne erst in der nächsten Legislaturperiode verabschiedet werden. Auch die Opposition von CDU und FDP attestiert der AfD für ihren Antrag zu wenig Sachverstand. Darüber hinaus argumentieren sie, dass bei der Sicherung von Kleingärten vor allem solche auf privaten Flächen Schutz bräuchten. Der Antrag wird gemäß Beschlussempfehlung abgelehnt.

Das Abgeordnetenhaus beschäftigt sich mit dem Streik von Pflegekräften bei Charité und Vivantes. Die CDU fordert mit ihrem Entschließungsantrag "Schluss mit dem Senatsstreik beim Streik der Pflegekräfte von Vivantes und Charité!", der Senat müsse als alleiniger Gesellschafter der Kliniken für bessere Bezahlung und einen besseren Personalschlüssel sorgen. Die FDP schließt sich diesen Forderungen an. SPD, Linke und Grüne unterstützen mit ihrem Entschließungsantrag "Schnelle Einigung verhandeln!" die Forderung, dass Beschäftigte in Tochtergesellschaften für die gleiche Arbeit die gleiche Entlohnung wie in der Muttergesellschaft erhalten sollen. Sie betonen, dass eine auf Daseinsvorsorge und nicht auf Profit ausgerichtete Krankenhausfinanzierung notwendig sei. Diese sei auf Bundesebene am Widerstand der Union bisher gescheitert. Die AfD enthält sich bei beiden Anträgen, in denen sie lediglich "Wahlkampfgetöse" vermutet. Der Antrag der Koalition wird angenommen, der Antrag der CDU abgelehnt.