(Quelle: rbb)

- Verschwenderisch: Brandenburgs Bäderlandschaft kostet Steuerzahler Millionen

Thermen und Spaßbäder, in Brandenburg gibt es davon mehr als genug. Gefördert mit Steuermitteln – um den Tourismus anzukurbeln. Rund um Lübbenau ist die Bäderdichte besonders hoch, mit dramatischen Folgen. Nachdem „Tropical Islands“ mit Landeshilfe aufgerüstet hat, klagt die ebenfalls mit Steuermitteln geförderte Kristalltherme über einen dramatischen Besucherschwund. Abzusehen war dies schon seit Jahren, unternommen wurde nichts, das Ergebnis ist abzusehen: einige Investitionen werden einfach davon gespült.

So ein richtig tolles Freizeitbad mit allem Drum und Dran, danach kann man in Berlin lange suchen. Besser ist es da, nach Brandenburg zu fahren. Denn dort wimmelt es von Freizeit- und Spaßbädern. Vor Jahren galt so ein Bad als Superidee, um den Tourismus anzukurbeln. Über 250 Millionen Euro Fördermittel wurden dafür locker gemacht. Doch mittlerweile graben sich die Bäder gegenseitig das Wasser ab. Und trotzdem wird munter weitergebaut. Joachim Rüetschi über Brandenburg und seine Bäder.

Endlich. Das eigene Bad in der eigenen Stadt. Spaß und Entspannung direkt vor der Haustür. Lübbenau im Spreewald genießt diesen Luxus seit acht Jahren. Ein Kur- und Freizeitbad. Vom Land Brandenburg millionenschwer gefördert. Ein Konzept, das anfangs prächtig funktionierte. Doch dem Flaggschiff von einst droht nun der Untergang. In nur zwei Jahren sind 20 Prozent der Besucher weg gebrochen.

Heinz Steinhardt, Betreiber Kur- und Freizeitbad Lübbenau
„Dann müssen wir wirtschaftlich die Notbremse ziehen. So ungern wir das tun. Wir verdienen nicht am Schließen von Bädern, sondern am Führen von Bädern. Aber: Dort wo die Unvernunft – gegen Dummheit kämpfen selbst Götter vergeblich, wo die Unvernunft herrscht, hat auch der Unternehmer kein Feld, wo er sich erfolgreich betätigen kann.“

Die Konsequenz. Bye, bye Badelatschen und Bikini. Ende April soll das Bad hier schließen. Der Hintergrund: Das Land ertrinkt förmlich in der Flut von Spaß- und Freizeitbädern. 22 Anlagen gibt es insgesamt. 254 Millionen Euro Fördergelder sind dafür geflossen. 150 Millionen davon stammen aus der Landeskasse.

Die Verschwendung von Fördergeldern sollte eigentlich verhindert werden. 2003 entstand das so genannte Bädergutachten. Eine Bestandsaufnahme und ein Fahrplan für die Zukunft. 600 Seiten Papier mit einer klaren Botschaft. Bloß keine neuen Bäder mehr fördern, rieten die Experten. Denn der Brandenburger Bädermarkt war bereits gesättigt.

Klaus Batz, Bäder-Gutachter
„Das ist die Situation, die wir heute an fast allen Standorten in der Bundesrepublik haben, wo sie durch neue Investitionsmaßnahmen neue Bäder fördern. Dass immer Auswirkungen auf die bestehenden Bäderanlagen existieren. Ich vergleich das immer. Wenn sie Geburtstag haben: Im einen Jahr laden sie 16 Leute ein, teilen sie den Kuchen durch 16 Stücke. Wenn sie im nächsten Jahr 20 Leute einladen, ist natürlich das Stück Kuchen natürlich für jeden kleiner. So ist es in der Bäderlandschaft auch.“

Doch der Wahnsinn ging trotzdem weiter. Spaß für Millionen hieß nach wie vor das Ziel. Und neue Bäder braucht das Land. Es beginnt der Teufelskreis der Fördermittel. Der Staat bezuschusst neue Bäder, und verdrängt damit die alten, die er einstmals selbst gefördert hatte. Selbstsabotage Marke Brandenburg. Und alles wider besseres Wissen.

Heinz Steinhardt, Betreiber Kur- und Freizeitbad Lübbenau
„Also wenn jemand zum Arzt geht und lässt sich untersuchen, krieg ein Rezept, dann muss er die Medizin auch nehmen. Brandenburg hat ein Gutachten machen lassen, verstößt aber gegen das Gutachten.“

Beispiel 1: Die Spreewaldtherme in Burg. Nur zwölf Kilometer von Lübbenau entfernt. Eröffnet im September 2005. Rund zehn Millionen Euro Fördermittel für eine künstliche Konkurrenz. Dabei rieten die Gutachter schon 2003.

Zitat:
„Die Entscheidung, in Burg ein Bad zu bauen, wird … als äußerst problematisch angesehen. Das Projekt sollte nicht realisiert werden. Vor allem Lübbenau wird in seinem Bestand bedroht."

Das Bad kam aber trotzdem. Augen zu und durch. Und das obwohl Beispiel zwei bereits im Bau war. Die Lausitztherme in Bad Liebenwerda. Nur 60km von Burg und Lübbenau entfernt. Ein 32 Millionen Euro Teil. 24 Millionen die Förderung vom Land.

Beispiel drei: Tropical Islands in Brand. Einst angetreten als Urwaldlehrpfad für Schulklassen und auch mit der Ansage, keine Fördergelder zu benötigen. Doch das Konzept schlug fehl. Aber dann kam Deutschlands größte Riesenrutsche. Und fertig war die Förderung. 17 Millionen Euro aus der Landeskasse. Ein bisschen Spaß muß eben sein. Heißt es beim zuständigen Ministerium.

Stephan Breiding, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
„Wir glauben, wir haben nicht zu viele Spaßbäder. Wir haben genau die richtige Anzahl. Deswegen wurde damals ja der Bäderplan gemacht, um zu gucken, wie viel Spaßbäder kann das Land tragen. Und für wie viel Spaßbäder haben wir die Bevölkerung und auch die nötige Kundschaft. Also insofern glauben wir, dass wir ein flächendeckendes Netz mittlerweile haben.“

Flächendeckend ist das Netz auf jeden Fall. Und wenn Konkurrenz tatsächlich das Geschäft belebt, müssten alle Bäder brummen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Nicht nur die Besucher, sondern auch die Bäder selbst geraten zunehmend ins Schwimmen. Defizitär sind sie ohnehin alle. Und das Gutachten von 2003 erklärt warum.
Zitat:
„Für Freizeitbäder bedarf es eines regionalen Einzugspotentials von mindestens 800.000 Einwohnern im Radius von 45 Minuten.“

Danach müssten in Südbrandenburg fast fünf Millionen Menschen leben. Und damit doppelt so viele wie im ganzen Land. Die Konsequenz: Alle Bäder buhlen um dieselbe Klientel und graben sich gegenseitig das Wasser ab.

Klaus Batz, Bäder-Gutachter
„Es damit zu rechnen, dass es entweder zu Bäderschließungen kommt oder dass die Dauersubventionierung durch die Gemeinden auch über Jahrzehnte noch fortbestehen bleibt.“

Für Lübbenau bedeutet das den Abgesang. Denn es kommt noch dicker. Rund ein Drittel der hiesigen Gäste kommt aus Cottbus und damit aus der Stadt, die jetzt noch einen draufsetzt.

Anfang Mai eröffnet hier das größte Bad im ganzen Land. Immerhin geht’s diesmal ohne Landesfördermittel. Die verschuldete Stadt Cottbus zahlt die 25 Millionen Baukosten aus eigener Tasche. Das bereits bestehende Bad wird dagegen dicht gemacht. Obwohl es gut in Schuss ist. Und obwohl die millionenschwere und vom Land geförderte Sanierung erst wenige Jahre zurück liegt.

Doch nun droht der Abriss. Im Gegenzug verspricht der neue Betreiber aber einen Badetempel, der ohne städtischen Betriebszuschuss auskommt. Aber das behaupteten bislang alle.