Schaufenster Puppe (Quelle: rbb)

- Deutschland im Kaufrausch – Schnäppchenjagd als gesellschaftliches Event

Ob vor einem Elektromarkt, einem Discounter oder Kaufhaus: Wenn es Rabatte gibt, prügeln sich die Menschen um die besten Angebote. Die Schnäppchenjagd ist ein gesellschaftliches Event, der Glaube an den Konsum ist etwas Positives. Er bietet den Menschen Halt und Identität. Das meint Professor Norbert Bolz. Er fordert: Konsumismus statt Kommunismus, denn Shopping hält unsere Gesellschaft zusammen! Ulrich Kraetzer macht erstaunliche Beobachtungen.

Spekulatius und Lebkuchenherzen liegen ja schon griffbereit im Regal – da kann man schon mal einen Gedanken an Weihnachten verschwenden. Denn es dauert nicht mehr lange, bis die Innenstädte und Fußgängerzonen wieder verstopft sind - und das große Geschenke-Kaufen beginnt. Kritiker sprechen dann von Konsum-Terror. Man kann es aber auch anders sehen: Einkaufen als Extremsportart. Dieses Phänomen war vor kurzem in Berlin zu bestaunen. Und weil die Bilder so beeindruckend sind, sagt KONTRASTE-Autor Ulrich Kraetzer ausnahmsweise mal nichts…

Oliver Hanna, Center-Manager „Alexa“
„Schönen guten Tag, ich begrüße Sie recht herzlich hier im Alexa, mein Name ist Oliver Hanna, ich bin der Centermanager. Und uns hat das sehr gefreut, diese Besucherzahlen, die wir hier bereits in den ersten Tagen registrieren konnten.
Die Voreröffnung von Media Markt war natürlich auch ein bisschen betrieben durch die Angebote, und es waren dann so viele Leute im Media Markt, dass dort es etwas unkontrolliert wurde.“


Martin Blach, Werbeagentur „Zum Goldenen Hirschen“
„Also medial war es sicherlich ein Riesenerfolg. Mein Name ist Martin Blach, ich bin Partner und Geschäftsführer in der Agentur zum Goldenen Hirschen, eine reputierte, bekannte, Kreativ-Agentur in Deutschland. Also, um Märkte zu füllen und Leute zum Konsumieren zu bringen, sind zwei Sachen ganz wichtig. Die Leute suchen den Kick und die Überraschung. Letztendlich, weil sie irgendwie gelangweilt sind. Und dann kommt sicherlich noch dazu, dass, ich darf nichts versäumen und das ist hier extrem gut gelungen. Der Zeitpunkt zwölf in der Nacht, der war natürlich ganz, ganz wichtig. Weil um vier am nachmittags wär’ der Kick nicht da gewesen. Es ist eine perfekte Inszenierung eines Events und ich find das komplett in Ordnung.“

Karsten Grabowski, „Hedonistische Internationale“
„Mein Name ist Karsten Grabowski und ich habe vor zwei Wochen teilgenommen an der Aktion der Hedonistischen Internationale zur Eröffnung des Alexa-Zentrums.“

Demoteilnemer
„Kaufen! Kaufen! Kaufen!“

Karsten Grabowski, „Hedonistische Internationale“
„Es ging darum, auf die Absurdität dieses Pseudo-Events aufmerksam zu machen, dass man sich nur über Konsum definiert, und dass es wichtiger ist für 20 Euro Schnäppchen zu machen als sich irgendwie gesellschaftlich für irgendwas einzusetzen.“

Norbert Bolz, Kommunikationswissenschaftler
„Ich heiße Norbert Bolz und bin Medienwissenschaftler an der Technischen Universität Berlin. meine Hauptthese ist die, dass der Konsumismus, also das konsumartige Verhalten zur gesamten Welt gar nicht so schlimm ist wie die meisten Konsumkritiker meist befürchten. Ich glaube, Konsum ist das wesentliche Medium der Identitätsbildung für sehr viele Menschen, vielleicht für die meisten. Die Frage, wer bin ich, beantwortet man heute nicht mehr, indem man in die Kirche geht oder Philosophiestudien betreibt, sondern indem man konsumiert. Ich verstehe, dass Menschen die andere Sinn-Angebote zu machen haben wie etwa Theologen oder Philosophen darüber verzweifeln oder entsetzt sind über diesen Konsumismus, aber was wären denn Alternativen von leeren verzweifelten Seelen, die auf der Suche nach Identität gehen? Wenn wir als Alternative etwas islamischen Fundamentalismus oder andere Formen wild gewordener Ideologien haben, dann ist eigentlich diese Trivialität des konsumistischen Weltverhaltens eine echte und ernst zu nehmende Alternative und durchaus eine positive Perspektive für die Entwicklung zumindest unserer Welt.“

Oliver Hanna, Center-Manager „Alexa“
“Wir würden uns freuen, Sie bald im Alexa begrüßen zu können.“

Na denn…