Alice Weidel (AfD) und Sahra Wagenknecht (BSW) zu Gast in der ARD-Sendung "Maischberger"; Quelle: picture alliance/dpa/WDR | Oliver Ziebe
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Alice Weidel (AfD) und Sahra Wagenknecht (BSW) zu Gast in der ARD-Sendung "Maischberger" | Bild: picture alliance/dpa/WDR | Oliver Ziebe

Weidel gegen Wagenknecht - Ein Duell um die Wähler

Beide treten als Kanzlerkandidatin an: Alice Weidel für die AfD, Sahra Wagenknecht für das BSW. Beide Frauen stehen am politischen Rand: Die eine an der Spitze einer in Teilen rechtsextremen Partei, die andere war mal Kommunistin und ist heute schwer zu verorten. Beide sind erfolgreich – in den sozialen Medien und im Osten.
 
Beitrag von Silvio Duwe und Anne Grandjean

Und auch manche ihrer Themen könnten ähnlicher nicht sein: Sei es der Umgang mit Putins Russland, „Frieden in der Ukraine“ oder Migration. Während Weidel indes Wagenknecht die Hand reicht, möchte die BSW-Chefin partout nichts mit dem „charmanten Gesicht“ einer Partei „im Neonazi-Sumpf“ zu tun haben. Es ist ein Duell zweier Politikerinnen um ein ähnliches Wählerklientel.

Anmoderation: An den politischen Rändern kämpfen zwei Kanzlerkandidatinnen mit sehr unterschiedlichen Ausganslagen: Alice Weidel bekommt ungefragte Wahlkampfhilfe, von konservativer Seite aus dem Sauerland und einem Tech-Milliadär aus Übersee. Die AfD liegt laut Deutschlandtrend stabil auf Platz zwei hinter der Union. Von einem solchen Platz, kann Sahra Wagenknecht derzeit nur träumen. Statt als Polit-Pop-Ikone - wie von manchem Anhänger erhofft - durchzustarten sieht sich das BSW nach der neuesten Umfrage bei nur 4 % und muss damit um den erstmaligen Einzug in den Bundestag bangen. Was eint, was trennt Wagenknecht und Weidel?

Sahra Wagenknecht und Alice Weidel: zwei Frauen, die vieles gemeinsam haben und manches trennt.

Beide sind Kanzlerkandidatinnen.

Beide sind rhetorisch begabt, Dauergäste in Talkshows.

Beide wettern gegen die vermeintlichen Altparteien.

Sahra Wagenknecht, BSW, Kanzlerkanditatin

"Wer heute noch bürgerlich ist, der muss doch gegen das Establishment sein."

Alice Weidel, AfD, Kanzlerkandidatin

"Die Empfehlung den Altparteien eine Einheitsliste zu empfehlen."

Die eine: radikal rechts, ihre Partei in Teilen sogar rechtsextrem.

Die andere: war mal Kommunistin kommt von ganz links, doch inzwischen lässt sich Sahra Wagenknecht politisch nicht mehr eindeutig verorten.

Es ist das Duell des politischen Randes in dieser Bundestagswahl.

Halle, vergangenen Samstag. Die AfD feiert ihren Wahlkampfauftakt.

Als Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf die Bühne kommt, schaltet sich ein Special Guest dazu.

Elon Musk

"Talk to your friends and family and convince them to consider voting for AfD."

"Sprecht mit euren Freunden und eurer Familie und überzeugt sie die AfD zu wählen."

Weidel und ihre AfD kriegen Rückenwind vom reichsten Mann der Welt.

Die AfD-Anhänger hier bewegt vor allem das Thema Migration. Doch immer wieder geht es auch um den Ukraine-Krieg.

Mann

"Frieden, das absolut. So… Und dann der Politikwechsel. Wir müssen ja alles… Die Altparteien haben abgedient."

Frau

"Weil die letzten drei Jahre waren die Waffenlieferungen so groß wie lange nicht vorher und das zeichnet nicht unbedingt eine Friedenspartei aus."

Kontraste

"Gibt es für sie eine andere Partei, die auch für den Frieden steht?"

Mann

"Ja, das ist eh Sahra Wagenknecht mit ihrem Bündnis."

Waffenlieferungen, die Ukraine, Frieden – das bewegt auch diese Menschen. In Teterow in Mecklenburg-Vorpommern demonstriert das Bündnis Sahra Wagenknecht gegen einen Besuch von Verteidigungsminister Pistorius.

Friedrich Straetmanns

"Und ich wünsche mir, dass von dieser Versammlung ein Zeichen ausgeht, und zwar das Zeichen, dass wir auch bei der nächsten, bei der kommenden Wahl sehr genau gemeinsam darauf achten werden, wer Friedenspositionen vertritt."

Person

"Ich habe Söhne, ich hab’ Enkelsöhne, die möchte ich nicht im Krieg schicken. Und ich. Bin nicht für. Frieden. Und das ist die Partei, die BSW. Und die AfD, die für Frieden sind im Moment. Aber keine andere Partei."

Annähernd 70 Prozent des AfD- und fast 60 Prozent des BSW-Wählermilieus sind der Meinung, dass die Ukraine den Verlust von Land hinnehmen sollte, um den Krieg zu beenden. Damit liegen sie vor der Anhängerschaft anderer Parteien.

AfD und BSW sind gegen Waffenlieferungen an die überfallene Ukraine und für die Wiederaufnahme von Gas-Lieferungen aus Russland.

Frieden wollen nicht nur AfD und BSW – sondern alle Parteien. Der Streit wird nur über den Weg dahin ausgetragen – doch Weidel diffamiert Andersdenkende.

Alice Weidel, AfD, Kanzlerkandidatin

"Wir haben überall Kriegstreiber mit einer Kriegsrhetorik, offensichtlich, die diesen Krieg offensichtlich wollen!"

Und Wagenknecht sieht die Schuld daran, dass der Krieg noch nicht beendet ist offenbar beim Westen.

Sahra Wagenknecht, BSW, Kanzlerkanditatin

"Ja, es ist grässlich, wenn ein Politiker Kriege beginnt. Aber es ist genauso grässlich, wenn andere Politiker alles dafür tun, dass diese Kriege weitergehen."

Der Sprachwissenschaftler Thomas Niehr hat die Rhetorik der beiden analysiert. Sein Urteil:

Thomas Niehr, RWTH Aachen

"Eine Gemeinsamkeit ist: Beide haben ihr populistisches Know-How und das bringen sie auch beide immer an. Beispiele wären etwa, dass gefordert wird, der Krieg der Ukraine Russland müsse beendet werden, es müsse jetzt verhandelt werden. Wenn eine Partei nicht verhandeln will, ist das eine wohlfeile Forderung, die aber nicht weiterführt."

Doch im Stil unterscheiden sich die beiden.

Der größte Unterschied ist, wenn wir damit beginnen, dass es bei Frau Weidel früher oder später, meistens früher in Aggressivität umschlägt, wenn sie spricht. während es Frau Wagenknecht schafft, so als die kühle Intellektuelle rüberzukommen.

Beide sprechen damit ähnliche Wählermilieus an, wie Untersuchungen des Politologen Jonas Fegert zeigen.

Jonas Fegert, Karlsruhe Institute of Technology

"Man sieht, dass es in dem Wählerklientel beider Parteien bestimmte Art von Anti-Eliten-Rhetorik gibt. Und das bedeutet eigentlich, dass sie teilweise sogar denken, dass bestimmte Krisen bewusst herbeigeführt werden, um das Land in eine bestimmte Richtung zu lenken von kleinen Gruppen, die sozusagen die Geschicke des Landes steuern."

Fegerts Untersuchung zufolge sind die Wähler beider Parteien oftmals sehr unzufrieden mit der Politik. Sie glauben zudem überdurchschnittlich oft, dass staatliche Manipulation und Zensur eine Gefahr in Deutschland sind und, dass systemkritische Akteure mit dem Label "Desinformation" diskreditiert werden sollen.

Es gibt jedoch auch Unterschiede: So sind AfD-Anhänger beispielsweise überdurchschnittlich diktaturaffin.

Weidel und Wagenknecht gingen lange relativ milde miteinander um. Etwa hier beim Welt-TV-Duell im Oktober 2024.

Alice Weidel, AfD, Kanzlerkandidatin

"Ich finde an Frau Wagenknecht sehr gut, dass sie die Sachen differenziert sieht, warum ich jetzt eigentlich gar nicht sagen könnte: In dem Bereich ist sie jetzt links und im anderen rechts oder in der Mitte."

Sahra Wagenknecht, BSW, Kanzlerkanditatin

"Ich sehe auch den Unterschied zwischen dem, was sie sagen und dem, was Herr Höcke sagt. Das Problem ist aber, dass die Höckes inzwischen ihre Partei dominieren und sie als das charmante Gesicht an der Spitze den Wählern im Grunde, ja, nicht ermöglichen das zu sehen, was die AfD inzwischen ausmacht."

Doch zuletzt verschärft die BSW-Chefin den Ton gegenüber Weidel.

Sahra Wagenknecht, BSW, Kanzlerkanditatin

"Sie sind mal rechtskonservativ gestartet und wenn ich ihre letzte Rede auf dem Parteitag verfolgt habe und auch diejenigen, die dafür, die da sehr gejubelt haben, bis hin zur Übernahme bestimmter Begrifflichkeiten, dann haben sie sich hier ganz radikal entwickelt."

Im Duell der beiden liegt Weidel klar vorne. Mit 20 Prozent laut Umfrage von heute.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht hingegen, dass die politische Landschaft ins Wanken brachte, muss nun um den Einzug in den Bundestag bangen