Anwalt Horst Mahler (Quelle: rbb)

- Horst Mahler: Vom RAF-Anwalt zum rechten Vordermann

In den späten 60er und frühen 70er Jahren war der Rechtsanwalt Horst Mahler eine Führungsfigur in der Außerparlamentarischen Opposition und aktiver Genosse bei der RAF. Nach einer Verurteilung wegen krimineller Bandenbildung und Haft konvertierte er zum Maoisten. Heute agiert Mahler in der ideologischen Nähe der rechtsradikalen NPD: Eine deutsche Karriere.

Mit 20 war er im SDS, mit 40 warb er für die FDP, mit 60 hält er Reden in NPD-Zirkeln.
Horst Mahler, APO-Prominenter von einst, hat eine merkwürdige Wandlung vollzogen. Oder vielleicht gar keine Wandlung? Reinhardt Borgmann beschreibt den Weg eines Mannes vom linken Terroristen zum rechten Extremisten. Ein Phänomen oder nur durch und durch autoritär? Oder eine ganz normale Karriere?

Horst Mahler, Ex-Terrorist, 63 Jahre alt. Früher Mitglied der Baader-Meinhof-Gruppe. Heute Hauptredner bei einer Kundgebung zum 8. Mai am Brandenburger Tor. Thema "Gegen das Vergessen" Mahler will politische Ideen Adolf Hitlers wieder salonfähig machen:

Horst Mahler:
"Diese Gleichsetzung, wenn Hitler das uns das gesagt hat, dann ist das das Böse, dann dürfen wir darüber nicht nachdenken, ist Teil unseres Verderbens. Wir sind heute als Volk ohne Willen ein Volk zu sein, Einflüssen und Mächten ausgesetzt, die uns letztenendes restlos zerstören weil wir es nicht gelernt haben, oder verlernt haben, diesen Einflüssen durch die Kräfte der Volksgemeinschaft Grenzen zu setzen."

Wie sich die Zeiten ändern: Vor 30 Jahren wäre Mahler das Wort "Volksgemeinschaft" niemals über die Lippen gekommen. Nicht "Nationalismus" sondern "Internationalismus" war 1968 die Parole, radikale Kehrtwende von links nach rechts.

Damals ging Mahler mit der außerparlamentarischen Bewegung für Sieg des Sozialismus auf die Straße. Nach dem weltweiten Scheitern dieser Utopie propagiert er heute Konzepte, die sich an die nationalsozialistische Ideologie anlehnen.

Horst Mahler:
"Wir können nicht allein, weil Hitler sich mit bestimmten Themen durchgesetzt hat, diese Themen tabuisieren, sondern wir müssen gucken, wo hatte er möglicherweise im Ansatz Recht, hatte er ein Lebensproblem des deutschen Volkes aufgegriffen und hat es aber ins Negative gewendet und auch mißbraucht."

Frage: "Was meinen Sie konkret dabei?"

Horst Mahler:
"Na, zum Beispiel den Gedanken, daß - er hatte sie genannt "die Plutokratie", das war sein Begriff für den einseitig zerstörerischen Kapitalismus, das der gebändigt wird durch den nationalen Staat."

1967: Horst Mahler im Republikanischen Club, ein Treff der Linken. Neben Mahler sprach hier Rechtsanwalt Ulrich Preuß, heute Professor für Verfassungsrecht. Er versteht den Genossen von einst nicht mehr.

Ulrich K. Preuß, Staatstrechtler, ehem. Kollege von Mahler:
"Ich empfinde das als erschreckend und habe immer in meinem Leben die Auffassung vertreten, daß wer wirklich mal im SDS gewesen ist, also zur Zeit vor der außerparlamentarischen Opposition, dort gewissermaßen seine theoretische Ausbildung erfahren hat, daß der immun ist gegen derartiges. Jetzt sehe ich, daß bei Horst Mahler das nicht der Fall ist und erkläre mir das so, daß ich sage, er ist im Grunde genommen, er hat im Grunde genommen keine wirklich gute theoretisch politische Ausbildung erfahren. Vielleicht versuche ich mich selbst damit etwas zu trösten."

Damals war Mahler eine Gallionsfigur der Linken. Der hochbegabte Star-Anwalt war ein Motor der Bewegung und sein sozialistisches Anwaltskollektiv eine Hoffnung für viele.

Ostern 1968: Mordanschlag auf Rudi Dutschke. Die außerparlamentarische Opposition radikalisiert sich. Beim Sturm auf das Springer-Hochhaus ist Mahler an vorderster Front dabei.

Mai 1970. Der sogenannte "bewaffnete Kampf" beginnt. In diesem wissenschaftlichen Institut in Berlin fallen die ersten Schüsse. Der wegen Kaufhausbrandstiftung verurteite Terrorist Anderas Baader wird gewaltsam aus der Haft befreit. Zusammen mit Mahler und weiteren Mitgliedern der inzwischen gegründeten RAF setzen sie sich in den Nahen Osten ab. Training für den bewaffneten Guerilliakampf.

Zusammen mit seinen Genossen setzt Mahler eine gnadenlose Terrormaschine in Gang. Zahlreiche Attentate und Morde sind die Folge. Auch nach seiner Festnahme im Oktober 1970 unterstützt er die RAF aus dem Gefängnis heraus ideologisch weiter. In den folgenden Jahren sterben über 50 Menschen.

1972: Solidaritätsdemonstration für Mahler. Er wird wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Seine Verteidiger: Hans Christian Ströbele und Otto Schily. Das Urteil: 12 Jahre Haft. Trotz der Toten durch die RAF: Mahler bereut nichts.

Erst 1974 distanziert er sich von der RAF. Bei der Entführung von Peter Lorenz lehnt er es ab sich wie die übrigen Gefangenen gegen den Berliner CDU-Vorsitzenden austauschen zu lassen. Seinen Mitgefangenen von der RAF folgt er nicht in den Nahen Osten. Mahler hat längst neue Freunde, jetzt bei der maoistischen KDP.

Horst Mahler (1975):
"Arbeiter, Werktätige, Genossen, kämpft mit der kommunistischen Partei für eine menschliche Gesellschaft, für den Sozialismus. Laßt Euch von der bürgerlichen Hetze nicht einschüchtern. Vorwärts mit der KPD."

Heute redet Mahler vor Mitgliedern der NPD. Hier schürt er die Furcht vor der Globalisierung. Der Schuldige ist schnell gefunden: Ein unkontrollierbares Weltmanagment würde Deutschland ins Chaos stürzen. Gegen die Vorherrschaft der USA will er antreten, die Stunde Deutschlands sei gekommen, die neuen Freunde von der NPD sind begeistert:

Horst Mahler:
"Die USA sind deutlich von Dekadenz gezeichnet. Ihre Macht, die Macht des Dollars, hat globale Gestalt angenommen. Sie hat ihre Stützpunkte in den finanziellen Zentren an der Ostküste. Dort sind es nur wenige, nur einige Dutzend Spekulanten, in deren Händen die weltweit geknüpften Fäden zusammenlaufen. Diese Herrschaft ist schieres Schmarotzertum, eine tödliche Gefahr für die Menschheit."

Weltherrschaft, Verschwörung, Spekulanten und Schmarotzer: Mahler provoziert mit Begriffen aus der Nazizeit. Für den politischen Amoklauf Mahlers findet sein früherer Sozius nur noch eine psychologische Erklärung: Mahlers Neid auf den Erfolg seiner früheren Kollegen:

Klaus Eschen, Verfassungsrichter Berlin, ehem. Kollege von Mahler:
"Sein damaliger Kollege, mit dem er viel verteidigt hat, Otto Schily, ist heute Innenminister. Sein damaliger Sozius, Ströbele, ist Bundestagsabgeordneter und ein bedeutender Politiker der Grünen. Und er selber ist im Grunde über eine bestimmte Rolle als Anwalt nicht hinausgekommen, und die Rolle, die er heute spielt, ist nicht zu vergleichen mit der wichtigen Rolle, die er zwischen 1967 und 70 gespielt hat."

Heute kämpft Mahler gegen die angebliche "Überfremdung Deutschlands". Unterstützt wird er von Manfred Roeder, einem wegen Anschlägen auf Ausländerwohnheime verurteilten Rechtsextremisten.

Manfred Roeder:
"Mahler hat einfach immer gegen Unrecht demonstriert, eh, genau wie ich damals. Und er hat gegen das, was er als Unrecht gesehen hat, demonstriert, mit damals linken Schlagworten: Vietnam den Vietnamesen. Aber er sagt, daß das für ihn auch gleich immer bedeutete, Deutschland den Deutschen. Das war für ihn immer selbstverständlich. Also im Grunde hat er sich nicht geändert, sondern nur konsequent seinen Weg weitergegangen."

Horst Mahler kämpft konsequent und unermüdlich für deutsch-nationale Ziele. Konsequent und unermüdlich, das war er schon immer. Wo andere zweifelten, hatte er Gewißheit. Horst Mahler, eine deutsche Karriere.


Rechts? Links? Vergeblicher Richtungsstreit über Mahler und übrigens nicht wenige seiner Genossen von einst. Immer auf der Suche nach einer schlichten Welt, in der vor allem einer recht hat - er selber.