Infostand der NPD (Quelle: rbb)

- Stabil "Rechts": Das Touristenziel Sächsische Schweiz wird zur Hochburg der NPD

Die NPD-Kandidaten haben ihr Wahlziel erreicht. Was vielen nach der Sachsen-Wahl noch als Protestverhalten erschien ist nunmehr Alltag. In der Sächsischen Schweiz hat die NPD ein stabiles Wählerpotential, ist in der Gesellschaft akzeptiert. KONTRASTE-Autoren haben die Wahl und die Tage danach beobachtet. Eine Reise durch den braunen Winkel der Republik.

Der vierte Tag nach der Wahl. Der unklare Auftrag der Wähler hält Politiker, Medien, Wahlforscher in Atem. War da noch was? Da war. Weil die NPD es nicht geschafft hat, auch nur in die Nähe der 5-Prozent-Hürde zu kommen, scheint sie nicht mehr der Rede wert. Sie sollte es sein. Die Partei ist vor allem bei jungen Männern beliebter als uns lieb sein kann. Sechs Prozent der männlichen Erstwähler und in den neuen Bundesländern sogar fünfzehn Prozent haben die Rechtsextremen gewählt. Deshalb informieren Sie nun Alexander Kobylinski und Caroline Walter. Beispiel Sachsen.

Der Wahlabend in Sachsen. Unbeachtet von allen anderen warten die Vertreter der rechtsextremen NPD auf ihr Ergebnis. Dann klammheimliche Freude und Feierlaune. Die Strategie des Wahlkampfmanagers der Rechtsextremen ist aufgegangen.

Peter Marx (NPD), Wahlkampfchef
„In Sachsen liegen wir stabil über fünf Prozent. Das zeigt, dass die NPD hier im politischen Spektrum eine feste Größe geworden ist.“

Wir fahren am Abend nach Königstein in die Sächsische Schweiz – zum Direktkandidaten der NPD, Uwe Leichsenring. Er hat hier gerade zwölf Prozent der Stimmen bekommen. Der Volksvertreter will sich mit uns nur auf einem Parkplatz treffen.

Uwe Leichsenring (NPD), Direktkandidat Sächsische Schweiz
„Wir haben hier in der Sächsischen Schweiz ein Stammwählerpotential. Wir können nur Politik machen. Wir können ja keinen zwingen, irgendwo ein Kreuz zu machen. Wir können nur Politikangebote machen. Die machen wir und denen kann man folgen oder auch nicht. Die Wähler in der Sächsischen Schweiz folgen uns zu einem überproportionalen Teil.“

Die rechtsextreme NPD ist in Sachsen akzeptiert, mit Protestwahl hat das nichts mehr zu tun. In mehreren Städten und Gemeinden kam sie bei der Bundestagswahl auf über zehn Prozent.

Der NPD-Wahlkampf – er hatte Volksfestcharakter. Mit Fahnenaufmärschen und Blasmusik inszenierte sich die NPD als Bürgerpartei. Aber eigentlich ging’s nur um eins. Blanke Hetze.

Holger Apfel (NPD), Landtagsabgeordneter Sachsen
„Vor dem Hintergrund von real über zehn Millionen Ausländern, meine Kameraden, ist es an der Zeit, unseren ausländischen Mitbürgern endlich alles Gute zu wünschen, vor allem aber eines: eine gute Heimreise.“

NPD-Mitglied
„Mir zählt die Partei. Und mir wollen die Partei hoch bringen. So, dass mir endlich Ordnung und Sicherheit hier reinbringen. Mir brauchen keine Kanaken in Deutschland.“
Pressesprecher NPD
„Sehr gutes Schlusswort. Alles klar.“

Maulkorb.

Ein NPD-Amtsträger gerät ins Schwärmen, beim anderen Lieblingsthema der Partei, dem Dritten Reich.

Klaus Menzel (NPD), Landtagsabgeordneter Sachsen
„Ich halte den Führer nach wie vor für einen großen Staatsmann, vielleicht einen der größten, den wir je gehabt haben. Dazu stehe ich.“
„Wenn schon an ein Datum gebunden, dann möchte ich gerne die Grenzen vom 1. September ’39, mit Einschluss von Sudetenland und Österreich.“


Den aggressiven Wahlkampf der Rechtsextremen haben Medien und Politik bewusst ignoriert und vor allem unterschätzt. Toralf Staud sieht darin eine große Gefahr. Er beobachtet die NPD seit Jahren.

Toralf Staud, Buchautor und Journalist
„Es gibt Phasen, wo absolut hysterisch über diese Partei geredet wird, wo Verbote gefordert werden und Sonderprogramme aufgelegt werden. Sobald die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sich auf andere Themen richtet, der Scheinwerfer weggeschwenkt ist, gerät die NPD vollkommen in Vergessenheit. Niemand kümmert sich mehr drum. Die NPD-Kader arbeiten kontinuierlich weiter. Und dieses Unstete in der Auseinandersetzung ermöglicht ihr die langfristige Verankerung an der Basis der Gesellschaft.“

Seit mehr als einem Jahr sitzt die NPD in Sachsen bereits in zahlreichen Kommunalparlamenten. Doch niemanden interessiert die Bilanz ihrer Arbeit. Mirko Liebscher ist NPD-Stadtrat in Pirna. Über ein Jahr verging, ganze zwei Anträge hat der NPD-Stadtrat zustande gebracht. Einer davon: die Stadt soll einem alternativen Jugendzentrum die Zuschüsse streichen.

Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Wir arbeiten an einem dritten Antrag, aber wie der jetzt aussieht und welchen der Umfang hat...“
KONTRASTE
„Worum es gehen wird, werden Sie noch sehen?“
Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Ja.“
KONTRASTE
„Also, Sie arbeiten sich noch ein?“
Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Wir arbeiten uns noch ein.“
KONTRASTE
„Was denken Sie, wie lange das Einarbeiten noch dauern wird?“
Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Das kann ich Ihnen nicht so genau sagen, da kommt jedes Jahr irgendwas Neues. Da muss man sich wieder da rein fuchsen und da rein fuchsen.“

Nur eins weiß er sicher: Diese Gesellschaftsordnung will er abschaffen.

KONTRASTE
„Sind Sie verfassungsfeindlich?“
Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Feindlich ja.“
KONTRASTE
„Was heißt das?“
Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Also, ich lehne die Verfassung in dem Sinne, nicht alles, aber in großen Teilen ab.“
KONTRASTE
„In welchen Teilen?“
Mirko Liebscher (NPD), Stadtrat Pirna
„Darauf möchte ich jetzt nicht eingehen hier.“

Junge radikale Kader werben um junge Wähler – darauf setzt die NPD.

Nur wenige Tage vor der Wahl gab es eine bundesweite Testwahl bei Jugendlichen unter 18 Jahren. Das Ergebnis ist erschreckend: In der Sächsischen Schweiz würden 28 Prozent der Jugendlichen die NPD wählen.

Doch auch dieses Ergebnis rüttelt nicht auf. Seit Jahren warnen Initiativen gegen Rechts - wie das Kulturbüro Sachsen. Immer wieder stoßen sie auf Ignoranz.

Friedemann Bringt, Kulturbüro Sachsen e.V.
„Wir erleben in unseren Beratungsprozessen immer noch sehr häufig, dass viele Bürgermeister, viele Verwaltungsangestellte in den Kommunen, glauben, dass wenn man das Problem deckelt, es nicht da sei und das Image der Kommune dadurch eben erhalten bliebe.“

Wir fahren durch die Sächsische Schweiz, suchen nach Jugendtreffs. Angebote für Jugendliche - Fehlanzeige. Sie versuchen sich irgendwo selbst einzurichten. Niemand kümmert sich um sie.

Jugendliche
„Keener interessiert sich mehr für die Jugend. Wir wollten hier einen Jugendclub aufmachen. Wir bekommen kein Geld für den Club und nüscht und dürfen alles selber bezahlen. Weeßsch nee.“
KONTRASTE
„Gibt es denn überhaupt Jugendarbeit oder Leute, die kommen und Euch irgendwie Vorschläge machen?“
Jugendliche
„Nee, noch nie erlebt.“

KONTRASTE
„Wenn Du hättest wählen können, was hättest Du gewählt?“
Jugendliche
„NPD.“
KONTRASTE
„Warum?“
Jugendliche
„Na, weils de Eenzschen sind, die auch was sagen, was sie für die Jugend machen würden. Also, dass sie was machen wollten für die Jugend. Von den anderen gerade von Herrn Schröder oder der Merkel hört man keen bissel was über die Jugend.“

Auch im nächsten Treff ist die Stimmung nicht besser, aber die Versprechen der NPD kennt hier jeder.

KONTRASTE
„Was tut denn die NPD für die Jugend?“
Jugendlicher
„Na, die fördert die Jugend mehr oder weenscher mit Jugendclubs, Freizeitangeboten, was sie halt machen können, was hier halt weenscher is von anderen Parteien her.“

Der Staat zieht sich aus der Jugendarbeit immer mehr zurück. Das macht es der NPD besonders leicht.

Uwe Leichsenring (NPD), Direktkandidat Sächsische Schweiz
„Da gehen wir genau rein. Wir haben ein umfangreiches Angebot für Jugendliche. Das geht von Klettergruppen bis Singekreis und was nicht alles. Wir sind sehr engagiert in der Richtung und wir warten sehnsüchtig, dass die U 18-Leute achtzehnwerden.“

Ungestört zieht sich die NPD in Sachsen die Wähler von morgen heran.

Torald Staud, Buchautor und Journalist
„In etlichen Kommunen, in etlichen Regionen in Sachsen hat die Jugendarbeit, die offizielle Jugendarbeit, längst ihren eigenen Bankrott erklärt. Es gibt kein Geld, es gibt keine Räume. In dieses Vakuum trifft die NPD. Was dort sich der Staat in den letzten zehn Jahren an Versagen geleistet hat, ist wirklich atemberaubend.“

Derweil ist die NPD weiter aktiv, die nächsten Wahlen fest im Blick.

Darum kümmere sich die neue Regierung besser! Egal, wer auch immer sie stellt.