Demonstration gegen die USA (Quelle: rbb)

- USA selber schuld? Antiamerikanismus bei Links- und Rechtsextremen

Linksextreme wie rechtsextremen Demonstranten sind sich nach den Anschlägen in den USA in vielerlei einig - in ihren Friedens-Forderungen, im Auftreten und vor allem in ihrem Antiamerikanismus: Die Extreme überschneiden sich.

Wenn Deutsche den Frieden so sehr lieben - kann man eine Gänsehaut kriegen. Bewegte Menschen, die eigentlich ideologisch sehr weit auseinander stehen - klingen mit einem Mal unheimlich ähnlich: "Sowas kommt von sowas".

Ein bisschen mit schuld? Das hatten wir schon mal. Waren die Juden nicht auch ein kleines bisschen mit schuld, damals? Da ist es wieder: dieses verräterische "Aber". Menschen umzubringen ist ja nicht richtig, aber... da waren doch der Vietnamkrieg, die CIA in Chile und Nicaragua.

Die Zahl der Toten stand noch nicht annähernd fest – da kamen schon die ersten Frontberichte aus den ideologischen Schützengräben. Links außen? Rechts außen? Kaum zu unterscheiden, mussten Carolin Walter, Steffen Mayer und Jan Eggers feststellen. Menschenverachtung verbindet.


Gestern in Berlin: Die Rechtsextremen marschieren für "Frieden für Deutschland". So steht es zumindest auf den Transparenten. Friedensbewegte Rechtsradikale?

"Demonstrieren Sie für Frieden?"
Demonstrant:
"Halt's Maul!"

Nur die Führer der Rechten sagen es ganz offen - hinter den Friedensparolen steckt Hass auf Amerika.

Steffen Hupka, Rechtsextremist:
"Ich wünsche der USA den Tod als Macht in der Welt."

Nach den Attentaten in den USA - Hohn von den Rechtsextremisten. Sie haben das alte Feindbild Amerika wieder hervorgeholt. Der US-Imperialismus sei an allem schuld. Auch am Terror in New York.

Steffen Hupka, Rechtsextremist:
"Dort wurde genau der imperialistische Staat USA angegriffen, der immer dieses Elend in der Welt verbreitet hat und immer noch verbreitet."

Seitenwechsel - eine linke Friedensdemo vor zwei Wochen - auch hier das gleiche Feindbild: das imperialistische Amerika. Die wahren Terroristen sind die USA.

Demonstrant:
"Es muss Schluß sein mit dem amerikanischen Imperialismus, auch mit dem amerikanischen Terror. Das ist richtig."

Die islamistischen Terroristen seien die eigentlichen Opfer. Die USA selbst hätten sie zur Tat getrieben. So sehen es viele Linke.

Kristian Glaser, PDS Hamburg:
"Diese zynischen Verzweiflungstaten, mit denen wir es jetzt in den Vereinigten Staaten zu tun hatten vor 14 Tagen, zeigen ja, dass das, was die Vereinigten Staaten gesät haben, jetzt mit doch erheblicher Heftigkeit zurückschlägt."

Und da treffen sich Links- und Rechtsextreme. Denn NPD-Chef Udo Voigt sieht es genauso.

Udo Voigt, NPD, Berlin: "Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Wenn man die imperialistische Politik der USA in den letzten fünfzig Jahren vergleicht. Wenn man sieht wie viele Städte sie, angefangen in Deutschland bis hinzu Belgrad, Tripolis und Bagdad, mitten im Frieden bombadiert haben, dann gibt es eben irgendwann auf eine solche Politik eine Antwort."

Das soll die Antwort sein - auf amerikanische Politik. Die USA - der Weltpolizist. Wenn er eingreift - ist er Imperialist. Wenn er nicht eingreift - ist er menschenverachtend.

Amerika - immer schuld? Der Historiker Heinrich August Winkler kennt diesen Reflex.

Heinrich August Winkler, Historiker:
"Amerika gibt einen bequemen Sündenbock ab für die äußerste Linke wie für die äußerste Rechte. Denn die Vereinigten Staaten von Amerika sind die letzte verbliebene Weltmacht. An wen oder gegen wen sollte man sich denn mit solchen Kampfparolen wenden, wenn nicht in erster Linie an die Vereinigten Staaten."

Der American Way of Life - weltweit. Den wollten Rechts- wie Linksextreme immer schon bekämpfen. Eine einfache Formel - die Amerikaner sind für das ganze Elend der Welt verantwortlich. Und das neue Schlagwort dafür - Globalisierung.

Stefan Bornost, "Linksruck":
"Es gibt eine direkte Verbindung zwischen den Terroranschlägen und dem Zustand der Welt, die die Anti-Globalisierungsbewegung auf den Plan gerufen hat. Die Opfer der Globalisierung schlagen zurück. Das ist zwar sehr verkürzt, aber ich glaube, darum geht es im Kern."

Und wieder sind sich linke und rechte Extremisten einig.

Horst Mahler, NPD:
"Die Probleme kommen auf den Tisch und da werden die Globalisten verlieren und die Völker werden siegen."

Heinrich August Winkler, Historiker:
"Also auch bei den Nationalsozialisten konnten wir ja beobachten, dass sie bestimmte linke Rituale ja ganz bewusst übernehmen, umfunktionieren für ihre Zwecke, bis hin zu Liedern der Arbeiterbewegung. Aber vor allem auch was die sozialistische Rhetorik angeht."

Rechte Demonstranten:
"Solidarität mit Palästina!"

Rechte demonstrieren, und es klingt, als wären Linke unterwegs. Revolutionäre linke Slogans in rechter Hand.

Von rechts:

"Hoch die nationale Solidarität!"

Und hier von links:

"Hoch die internationale Solidarität!"

Auch in ihrem Zynismus treffen sich die Extremisten. Sie unterscheiden zwischen Opfern im World Trade Center und im Pentagon.

Der Rechtsextreme Christian Worch hat mit bestimmten Opfern kein Mitleid.

Christian Worch, Rechtsextremist:
"Wer im Pentagon arbeitet, der arbeitet in einer Kriegsmaschine, der arbeitet in einem Kriegsministerium, möchte ich einmal sagen, und muß demzufolge auch damit rechnen, dass selbst in Zeiten formellen Friedens er möglicherweise Opfer einer militärischen oder quasi-militärischen Aktion werden könnte."

Geteiltes Mitleid auch von links außen.

Demonstrant:
"Wenn die amerikanischen Militärs angegriffen würden und es da kommt, dann wäre es noch mal eine andere Sache."

Sympathie hegen Linke wie Rechte für die vermeintlichen Motive der islamistischen Terroristen. Denn schließlich haben sie alle denselben Gegner - die USA. Was nicht ins linke beziehungsweise rechte Weltbild passt, wollen sie nicht sehen - auch nicht bei Terroristen:

Heinrich August Winkler, Historiker:
"Man will im Grunde unsere politische Ordnung, unsere Gesellschaftsordnung, unsere Werteordnung liquidieren. Darum ging es den Terroristen. Und davon sollten die extremen Linken und Rechten nicht abzulenken versuchen. Sie werden es weiter tun, aber ich denke, dass diesen Versuchen nicht sehr viel Resonanz beschieden sein wird."

Doch Linke und Rechte kämpfen weiter um die Vorherrschaft auf der Straße und vor allem um die gleichen Slogans. Die Linken haben es nur noch nicht bemerkt.

Demonstrant:
"Wir haben einen Spruch: wer Wind sät, wird Sturm ernten."

Udo Voigt, NPD, Berlin:
"Habe ich den Spruch geprägt: Wer Wind sät, wird Sturm ernten."


"Diesen Spruch: Wer Wind sät, der wird Sturm ernten, den benutzt zur Zeit auch die NPD."
Demonstrant:
"Tatsächlich? Ja , die übernehmen gerne Sachen, aber ..."

Tatsächlich: vereint im Antiamerikanismus - die unheimliche neue deutsche Allianz.