- Unerfüllter Kinderwunsch: Eizellen-Spende im Ausland als letzte Hoffnung

Die Zahl der Frauen, die sich trotz fortgeschrittenen Alters oder medizinischer Probleme ihren Kinderwunsch erfüllen wollen, wächst seit Jahren. Mit einer Eizellenspende könnte vielen geholfen werden.

Doch das ist in Deutschland seit 24 Jahren verboten. Und so setzt eine Art "Befruchtungstourismus" ins Ausland ein. Die Politik scheint daran nichts ändern zu wollen. Ist dieses Verbot noch zeitgemäß?

Eizellenspende - das ist der wenig charmante Begriff für das, worauf immer mehr Frauen ihre ganze Hoffnung setzen, wenn sie keine Kinder bekommen können. Allerdings ist diese Befruchtungsmethode in Deutschland verboten, deshalb lassen jedes Jahr tausende Frauen den Eingriff im Ausland vornehmen. Mit hoher Erfolgsquote: Fast jede zweite Frau wird nach einer Eizellenspende schwanger. Sollte diese Behandlung also endlich auch bei uns erlaubt werden? Lisa Wandt und Helge Oelert.

Der Wunsch, ein Kind zu haben - für rund 6 Millionen Deutsche bleibt er unerfüllt. Doch viele können keinen Frieden schließen mit der Vorstellung, niemals Nachwuchs zu bekommen.

Tina Treuse
"Mutter sein, Kinder draußen spielen zu sehen und die aufwachsen zu sehen und einfach nur zu hören: „Mama, ich hab' dich lieb." Also das ist das was irgendwie zum Leben dazu gehört."

Seit Tina und Hendrik Treuse einander kennen, versuchen sie ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Aber selbst die künstliche Befruchtung funktionierte nicht. Mit rund 40 zu alt - so das Urteil der Ärzte. Tinas Eizellen sind nicht mehr gut genug.

Hendrik Treuse
“Das ist schon ein Schlag ins Gesicht. Vor allem, weil ich glaube nicht, dass es von den Ärzten aus so gemeint ist oder böse gemeint ist, sondern die zählen einfach die Fakten auf. Und rein biologisch mag sie ja zu alt sein, aber man empfindet sich ja weder selber als alt, noch seinen Partner als alt."

Einziger Ausweg - die Eizellenspende. Dabei würde die Eizelle einer anderen, jüngeren Frau im Labor mit Hendriks Samen befruchtet und Tina eingepflanzt. Mit ihr selbst wäre das Kind dann zwar nicht genetisch verwandt, aber es würde von ihr ausgetragen und zur Welt gebracht. Das Bedürfnis, auch in höherem Alter Kinder zu bekommen, wächst - das erleben Gynäkologen fast täglich.

Prof. Heribert Kentenich
Reproduktionsmediziner, Fertility Center Berlin

"Das durchschnittliche Alter der Frauen wenn sie in unsere Behandlung hier kommen, liegt bei 36/37 Jahren. Und das ist ja ein Zeitraum wo wir von vorneherein sagen können, die natürliche Fruchtbarkeit hat deutlich abgenommen und insofern, wenn es in Deutschland weiterhin so bleibt, dass Frauen sehr wenig Kinder bekommen und sehr spät Kinder bekommen - sehr spät in Anführungsstrichen - wird der Bedarf zunehmen an Eizellenspende, einfach weil dann kaum noch Eizellen vorhanden sind, die für eine Geburt fähig sind."

Doch diesen Frauen darf er nicht helfen - denn Eizellenspenden sind in Deutschland nach dem „Embryonenschutzgesetz" verboten. Diese Regel stammt aus dem Jahr 1990 - also den Anfängen der Reproduktionsmedizin. Doch bis heute rührt die Politik an dem Verbot nicht. Hubert Hüppe will dass das so bleibt, er spricht für die CDU in medizinischen Ethikfragen.

Hubert Hüppe (CDU)
Mitglied des Bundestages

"Es gibt kein grundgesetzlich garantiertes Recht auf ein Kind, so sehr ich Frauen und Männer auch verstehen kann, dass sie Eltern werden wollen. Aber es gilt nicht für alles, denn dann müssen Sie als nächstes die Leihmutterschaft auch frei geben, dann müssten Sie auch das Klonen freigeben und vieles mehr."

Doch nationale Verbote lassen sich heutzutage schwer durchsetzen.

Anbieter aus dem Ausland stoßen in die Marktlücke - im Internet sprechen sie gezielt die Sehnsucht kinderloser Deutscher an. Und verheißen die Lösung nahezu aller Fruchtbarkeitsprobleme. Vor allem in Spanien oder Tschechien.

Aber auch diese Klinik im polnischen Posen, rund 150 Kilometer hinter der deutschen Grenze. Vor fünf Jahren eröffnet, sind die Räumlichkeiten schon heute zu klein für die ständig wachsende Nachfrage aus Deutschland.

Michal Malek
Gynäkologe

"Wir beobachten, dass von Monat zu Monat immer mehr Patientinnen kommen. Die Nachfrage von Frauen aus Deutschland mit unerfülltem Kinderwunsch wächst."

Auch in den meisten anderen europäischen Ländern sind Eizellenspenden möglich. Deutschland ist mit seinem strikten Verbot die Ausnahme. Hauptargument hier: die so genannte „gespaltene Mutterschaft". Also die Befürchtung: für das Kind könnte es schädlich sein, wenn die genetische Mutter eine andere ist als die austragende.

Doch inzwischen gibt es Studien aus dem Ausland, zum Beispiel von der Uni Cambridge. Und die zeigen: Kinder aus Eizellenspenden haben eine gesunde Bindung zur Mutter. Und selbst in Problemfällen sind die Konflikte nicht größer als bei Adoptionen.

Der Medizinrechtler Jochen Taupitz sitzt im Deutschen Ethikrat. Er fordert wegen dieser Erkenntnisse die Aufhebung des Verbots.

Prof. Jochen Taupitz
Medizinrechtler, Universität Mannheim

"Aus meiner Sicht ist das nicht verfassungskonform, denn hier wird massiv in die Fortpflanzungsfreiheit von Paaren eingegriffen. Hier also der Paare die durch eine Eizellspende dann immerhin ein Kind bekommen könnten, das von dem Vater abstammt, wenn er der Samenspender ist, und das mit der Mutter insofern immerhin verbunden ist, dass die Mutter es austrägt. Und damit im Übrigen auch unangreifbar die rechtliche Mutter ist."

Auch Felicitas Schirow ist daher rechtlich unanfechtbar die Mutter ihres inzwischen 5jährigen Sohnes Luca. Ihn hat sie mit 50 dank einer Eizellenspende zur Welt gebracht - nachdem sie 30 Jahre lang erfolglos versucht hatte, schwanger zu werden. Dass ihr Kind von einer Fremden stammt, wollte sie nicht akzeptieren, und suchte deshalb im Bekanntenkreis nach einer Spenderin. Mit der zusammen fuhr sie für den Eingriff nach Tschechien. Und noch heute führt diese Entstehungsgeschichte zu Situationen, die sie selbst überraschen.

Felicitas Schirow
"Das Kind hat auch Kontakt zu der genetischen Mutter und was ich ganz süß fand, er hat mir letztens gesagt: ‚Mama, wenn du mal stirbst, ist gar nicht schlimm, weil ich habe dann ja noch eine Mama.' Und wir haben eben diesen Kontakt sehr intensiv, das heißt nicht, dass man sich regelmäßig sieht, aber zu Geburtstagen, Weihnachten sieht man sich, sie geht auch mal mit ihm auf den Spielplatz. Und ich finde das ganz wichtig, dass jemand auch schon seine Wurzeln kennt. Also für mich wäre es ehrlich gesagt ein Problem gewesen, wenn die Mutter anonym gewesen wäre."

In fast allen europäischen Ländern aber bleiben die Spenderinnen anonym. Meist bekommen sie eine Aufwandsentschädigung für die Hormonbehandlung und den medizinischen Eingriff. Kritiker fürchten, Frauen könnten durch diese finanziellen Anreiz verführt werden, sich gesundheitlich zu schaden - das zweite wichtige Argument der Verbotsbefürworter.

Hubert Hüppe (CDU)
Mitglied des Bundestages

"Ich glaube, dass es ein Würdeverstoß ist, wenn ich Frauen dazu bringe, gegen Geld Eizellen zu spenden, und sich dahin zu legen für einen harten gesundheitlichen Eingriff, der ihnen selber nicht nutzt, außer dass es ihnen Geld bringt, das halte ich für einen Menschenwürdeverstoß."

Doch die unübersichtliche Situation im Ausland wäre genauso ein Argument, Eizellenspenden in Deutschland zuzulassen - und die finanzielle Entschädigung auf ein sinnvolles Maß zu begrenzen. Die Spenderinnen könnten in unserem Gesundheitssystem vielleicht sogar besser geschützt werden:

Prof. Heribert Kentenich
Reproduktionsmediziner, Fertility Center Berlin

"Durch eine gute Beratung und durch eine mäßige Stimulation. Man muss ja nicht 20 oder 25 Eizellen bei der Frau bekommen, sondern man kann heute das so stimulieren, dass man vielleicht acht oder zehn Eizellen bekommt. Und es gibt Nachuntersuchungen, die besagen, dass die Gesundheit dieser Frauen auf lange Sicht nicht beeinträchtigt ist."

Tina und Hendrik Treuse sind zwei Mal für Eizellenspenden nach Spanien gefahren. Rund 16.000 Euro hat sie das gekostet. Doch Tina wurde nicht schwanger.

Ihre finanziellen Möglichkeiten sind erstmal erschöpft. Aber abschließen können sie mit ihrem Lebenstraum nicht.

Tina Treuse
"Man hat das trotzdem immer noch im Kopf, dass es ja vielleicht doch noch klappen könnte. Also so ein bisschen Hoffnung hat man immer. Ich glaube, das wird erst wenn ich dann mal 50 bin, vielleicht hört das dann mal auf. Also dass dieser Hoffnungsschimmer noch da ist. Aber dieser Wunsch an sich geht glaube ich nicht weg.“

 

Beitrag von Helge Oelert und Lisa Wandt