Demonstration gegen einen Moscheebau in Pankow (Quelle: rbb)

- Blinder Volkszorn in Berlin – Wie aufgebrachte Bürger den Bau einer Moschee verhindern wollen

Während die Bundesregierung in Berlin ihre Planungen für einen Integrationsgipfel vorantreibt, gehen nur ein paar Kilometer entfernt hunderte Menschen gegen den Bau einer Moschee auf die Barrikaden. Der Widerstand ist so massiv, dass die Behörden die Bauarbeiten unter Polizeischutz stellen wollen. Anja Dehne und Kathrin Zauter berichten.

Die Bundeskanzlerin will einen Integrationsgipfel abhalten! Was heraus kommen wird ist jetzt schon klar: Einwanderer sollen sich wie Deutsche benehmen. Und das Grundgesetz achten. Doch was für die Migranten gilt, muss für Deutsche noch lange nicht gelten: nämlich sich wie Deutsche zu benehmen und das Grundgesetz zu achten. Anja Dehne und Kathrin Zauter mit einer Momentaufnahme vom Einwanderungsland Deutschland.

Sie wollen den Bau einer Moschee verhindern, 1.500 Menschen sind gekommen, sie wollen keine Muslimgemeinde in ihrem Stadtteil.

In die Turnhalle passen nur 500 Menschen, die große Masse muss draußen bleiben.

Der Unmut wächst. Das spüren auch die wenigen Mitglieder der Muslimgemeinde, sie möchten eigentlich mit ihren künftigen Nachbarn nur reden. Aber am Ende wird die Veranstaltung abgesagt, bevor sie überhaupt beginnen kann.

Polizist
„Ich bitte Sie, gesittet und geordnet, diese Turnhalle und auch die Schule zu verlassen.“

Und dann skandieren sie den Satz, der einst die friedliche deutsche Revolution einleitete.

Menschen
„Wir sind das Volk, wir sind das Volk, wir sind das Volk!“

Mann
„Aus der Bürgerschaft heraus kommt der Protest und nicht aus der rechten Seite. Und der Feind ist die muslimische Sekte.“
Mann
„Die wollen wir nicht. Fahren Sie mal nach Neukölln, Wedding.“
KONTRASTE
„Warum wollen Sie keine Moschee?“
Mann
„Weil die Leute gar nicht hierher passen. Das ist ja kein Glauben, das ist ja schon fanatisch, sind die ja. Das ist kein Glauben mehr. Die sind ja schon gefährlich, wenn die hier herkommen.“

Sonntag in Heinersdorf. Die Kirche ist Mittelpunkt des Stadtteils am östlichen Rand von Berlin - Einen Platz an der Sonne verheißt nur die Werbung. 6.000 Einwohner, triste Fassaden, DDR-Ruinen. Und jetzt soll hier eine Moschee entstehen, zweistöckig mit Minarett und Kuppel.

Frau
„Ich habe Angst.“
KONTRASTE
„Wovor?“
Frau
„Vor Extremisten von allen Seiten, die sich bei uns schlagen werden und wir werden hier Zentrum sein.“
Frauen
„Wir haben unser Gotteshaus und das genügt uns. Wir wollen auch nichts anderes, vor allem nicht solche Unruhe, was kommen wird.“

Die Kirche ist wieder wichtig, auch für die, die sonst nicht hier sind. Die Gemeinde rückt zusammen, seitdem die Baupläne der muslimischen Nachbarn bekannt sind.

Vor diesen Menschen haben sie Angst. Freitagsgebet in der Ahmadiyya-Gemeinde in Berlin-Reinickendorf, dem Nachbarbezirk. 200 Moslems beten hier, es ist zu eng. Das Einfamilienhaus, seit 18 Jahren Stammsitz der Gemeinde, reicht nicht mehr. Deshalb wollen sie nun eine richtige Moschee bauen. Und für die Ängste ihrer zukünftigen Nachbarn haben sie sogar Verständnis.

Abdul Basit Tariq, Imam Ahmadiyya Muslim Gemeinde, Berlin
„Ich weiß warum sie Ängste haben. Allgemein ist das Bild des Islam sehr schrecklich. Es gibt immer Terroranschläge, Selbstmordanschläge, wie die Leute gegen die Mohammed-Karikatur reagiert haben und Ausschreitungen und gibt immer Tote. Aber wir sind eine friedliche Gemeinde, das Problem ist, unsere Gemeinde ist nicht wohl bekannt.“
Mann
„Wir können nur versuchen, die Ängste der Heinersdorfer Bevölkerung, unseren zukünftigen Nachbarn, die abzulegen, mit denen ein friedliches Miteinanderleben zu ermöglichen, miteinander zu diskutieren, auszutauschen, damit wir diese Ängste einfach abbauen können.“

Tiniusstraße in Berlin-Heinersdorf. Ein Gewerbegebiet. Früher war hier die Sauerkrautfabrik einer der größten Arbeitgeber. Auf dem seit Jahren brachliegenden Grundstück wird die Moschee entstehen, für über eine Million Euro. Die Muslimgemeinde will alles aus Spenden finanzieren und die 4.000 Quadratmeter haben sie bereits gekauft. Die zukünftigen Nachbarn winken ab.

Frau
„Nix, nix! Gehen Sie weiter. Bitte gehen Sie ruhig weiter.“
Mann
„Ich habe sowieso nischt gegen Ausländer, aber es muss doch nicht sein, sollen sie sich doch woanders was suchen. Wir sind hier sehr zufrieden, dass es hier so ruhig ist.“
KONTRASTE
„Sie wollen hier keine Ausländer?“
Mann
„Ausländer sind hier auch, davon abgesehen. Hier in dem Haus, da wohnt zum Beispiel erst mal ein Schwarzer, Fidschis und so weiter, aber nee, so was hier, muss nicht sein.“
KONTRASTE
„Wovor haben Sie denn genau Angst?“
Frau
„Vor Krawallen und dass die uns hier die Fenster einwerfen und dass eventuell die Moschee mit Bomben beworfen wird.“

Die Mehrheit der 200 Mitglieder der Berliner Ahmadiyya-Gemeinde stammt aus Pakistan. In ihrer Heimat werden sie verfolgt. Sie vertreten eine andere Glaubensrichtung im Islam. Das wissen auch deutsche Islamwissenschaftler.

Stephan Rosiny, Islamwissenschaftler, Freie Universität Berlin
„Wir haben es hier auf keinen Fall mit einer gewalttätigen Gruppe zu tun. Die Ahmadiyya ist in der Literatur beschrieben, eher als eine friedliche Gruppe, die für sich den Islam als eine friedliche Religion interpretiert.“

Seit 18 Jahren beten die Ahmadis in ihrem Gemeindehaus in Reinickendorf. Nie gab es Ärger mit den Nachbarn, keine Klagen, keine Beschwerden. Auch der Verfassungsschutz hat keine Erkenntnisse über radikale Aktivitäten.

Die meisten ihrer Kinder sind hier geboren, gehen an Berliner Schulen und wollen was werden in diesem Land.

Mann
„Die Jugendlichen, die besuchen das Gymnasium und ein paar sind auch an Realschulen, eine Hauptschule besucht meines Wissens keiner und das ist schon erst mal ein Zeichen, dass wir halt natürlich integriert sein wollen, aber nicht integriert in den Klassen, wo letztendlich nur die Kriminalität und solche Sachen wie Drogenkonsum und andere verschiedene gesellschaftliche Probleme existieren.“

Die Heinersdorfer kennen ihre künftigen Nachbarn nicht, aber sie haben Angst vor ihnen. In der Laubenkolonie trifft sich die Bürgerinitiative hinter verschlossenen Türen.

Der Bürgerinitiative gehören etwa 50 Menschen an, sie haben inzwischen mehr als 2.000 Unterschriften gegen die Moschee gesammelt. Reden wollen sie eigentlich nicht, aber dann kommt eine kleine Delegation doch noch vor die Tür.

Bürger
„Es gibt große Sorgen hier in Heinersdorf. Die werden hervorragend vertreten durch die Initiative und es geht darum, darüber nachzudenken, wie man diese Sorgen auch im Bezirk öffentlich machen kann. Das wird hier getan, nichts anderes.“
KONTRASTE
„Was haben Sie denn jetzt gegen die Moschee, die hier kommen soll?“
Bürger
„Wir hoffen und erwarten, dass Sie respektieren, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts sagen möchten. Wir möchten uns jetzt gerne versammeln, wir möchten uns gern austauschen und wenn wir der Meinung sind, dass wir uns an Sie wenden möchten, dann werden wir das zum gegebenen Zeitpunkt sicherlich auch tun.“

NPD-Demonstranten
„Ali, Mehmet, Mustafa! Fahrt zurück nach Ankara!“

Die NPD spricht aus, was die bürgerliche Mitte nicht zu sagen wagt. Demonstration gegen das muslimische Gotteshaus. ‚Nein zur Moschee’, ist der Slogan – im Ziel sind sich NPD und Bürgerinitiative einig.

Der PDS-Bürgermeister ist erschüttert über das Ausmaß von Fremdenfeindlichkeit und Ressentiments gegenüber Moslems in seinem Stadtteil. Die Moschee wird trotzdem gebaut – die Politik will nicht einknicken.

Burghard Kleinert, Bezirksbürgermeister Berlin Pankow
„Nach dem Motto , die passen uns nicht, die wollen wir hier nicht, die sollen da bleiben, wo sie herkommen, nach dem Motto, können wir nicht entscheiden, werden wir nicht entscheiden und ich denke, wir werden uns hier auch nicht dem Druck beugen.“

Seitdem bekannt ist, dass die Moschee gebaut wird, gehen in der Bezirksverwaltung Drohanrufe ein.

Jens- Holger Kirchner, Vorsitzender Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Pankow
„Diese Anrufe gibt es in der Tat, die dann sagen, wenn die Moschee steht und wenn der Bau nicht zu verhindern ist, dann wird sie brennen!“
KONTRASTE
„Macht Ihnen das Angst?“
Jens- Holger Kirchner, Vorsitzender Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Pankow
„Na, behagen tut mir das nicht.“

Die Ahmadis wollen trotzdem an ihren Moscheeplänen festhalten. Die Baugrube – heißt es – wird unter Polizeischutz gestellt.

Mann
„Also mulmig ist es mir im Herzen schon, aber Gott ist unser Beschützer und wir wollen niemanden irgendwie ärgern, wir wollen ein friedliches Miteinanderleben haben.“
Abdul Basit Tariq, Imam Ahmadiyya Muslim Gemeinde, Berlin
„Wir sind eine friedliebende, friedliche Gemeinde und wir beten und wünschen immer alles Gute für Deutschland.“

Natürlich gibt es auch Moslems, die sich mit unserem Grundgesetz schwer tun. Aber solche Probleme regeln wir hier mit den Mitteln des Rechtsstaats, nicht mit den Mitteln des Volkszorns.