Fitnessstudio (Quelle: rbb)

- Fitness nur für Deutsche - Wie Sportstudios Ausländer diskriminieren

Gesund, jung, attraktiv - und vor allem deutsch sollten die Besucher von Fitness-Studios sein. Sonst könnte es Probleme geben. Als sei das nicht Skandal genug, öffnet selbst die deutsche Staatsangehörigkeit nicht jede Tür. Vielerorts genügt es schon, einfach nur "ausländisch" auszusehen, um ausgegrenzt zu werden. Andrea Everwien und Roland Jahn haben die Probe aufs Exempel gemacht.

Vor dem Gesetz sind wir alle gleich - nicht aber vor dem Bauchtrainer. Es gibt Fitnessstudios, die wünschen sich ihre Kunden nicht nur sportlich fit, sondern auch rassisch handverlesen! Menschen, die nicht deutsch genug aussehen, sollen nicht auf den Stepper oder unter die 20-Kilo-Hantel.

Gucken Sie mal in den Spiegel: Ist ihre Nase zu groß oder sind Ihre Haare zu schwarz - dann könnte es sein, dass Sie draußen bleiben müssen. Andrea Everwien und Roland Jahn haben den rechststaatlichen Fitness-Test gemacht!



Fitness: Fitness ist in, Fitness macht stark, Fitness macht sexy. Alle wollen Fitness.

Yelitza O. wollte das auch. Yelitza O., 26 Jahre, Sprachstudentin aus Venezuela - seit einem Jahr lebt sie in Berlin. Vor ein paar Wochen suchte sie ein Fitness-Studio und stieß dabei auf einen Fitness-Discounter namens McFit. 34 Studios gibt es in Deutschland, fünf davon in Berlin. Das verlockende Angebot: ein Monat Training für nur 15 Euro 90. - Yelitza O. wollte gern einen Vertrag abschließen. Doch dann kam die böse Überraschung: Für sie gibt es keinen Platz im Studio.

Yelitza O.:
"Nee, habe ich kein Formular bekommen, Sie haben mir gesagt, es gibt eine Warteliste. Also ich war da noch mal, ich habe noch mal gefragt, aber gibt es keine Stelle."
KONTRASTE:
"Es gibt nur eine Warteliste."
Yelitza O.:
"Eine Warteliste."

Yelitza solle sich bei der McFit-Zentrale in Bayern schriftlich melden und um Aufnahme in die Warteliste bitten - so der Rat des Studios. Die Antwort aus Bayern kam postwendend: Eine Ablehnung. Die Mc Fit-Zentrale schreibt:
"Wir müssen ihnen leider mitteilen, dass es uns aufgrund der großen Nachfrage nicht möglich ist, Sie in unsere Warteliste aufzunehmen."

Eine Warteliste im Fitnessclub? Das kam Yelitza merkwürdig vor. Ihr Mann - ein Deutscher - ging deshalb noch einmal in das Studio, das seine Frau nicht aufnehmen wollte. Und siehe da: für ihn als Deutschen gab es kein Problem.

Tino O.:
"Ich war dann bei McFit in Wedding, in der Filiale in der Seestraße, alleine, und habe gefragt nach einem Vertrag für ein Jahr bei McFit. Daraufhin sagte man mir, ja, zeig deinen Ausweis her, dann habe ich den hingegeben, er ging kurz rein ins Büro, kam wieder raus und sagte: Ja, Tino, können wir sofort machen - kein Problem. Komm doch bitte rein."

KONTRASTE:
"Wie erklären Sie sich denn den Unterschied?"
Yelitza O.:
"Ich weiß nicht, aber ich vermute, vielleicht gibt es ein bißchen Diskriminierung - Diskriminierung für Ausländer, weiß ich nicht."

Müssen Ausländer bei Mc Fit tatsächlich öfter mal draußen bleiben? Auch im Internet wird über die Ausgrenzung von Ausländern bei diesem Unternehmen berichtet. Der Ausländeranteil dürfe 16 Prozent nicht überschreiten. Und weiter:
"Ich habe schon oft gehört, dass sie dort sehr streng darauf achten, dass wenige Ausländer trainieren. Viele Freunde von mir sind deshalb nicht reingekommen."

Und auch die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters bei McFit ist hier zu finden. Er behauptet, die Ausgrenzung geschehe mit System und er zählt interne Regeln auf.
"Ausländisch aussehende Personen auf die Pseudowarteliste setzen.....Man könnte sagen, alle, die etwas Dunkelbraunes an sich haben, werden nicht aufgenommen... Diese Liste nennt man intern ‚EDV-Liste'."

Eine Dienstanweisung zur Diskriminierung?

Kontraste will die McFit-Zentrale in Bayern damit konfrontieren. Doch ein Interview vor der Kamera wird uns verweigert. Statt dessen eine schriftliche Erklärung. In ihr heißt es:
"Ein Großteil unserer Mitglieder ist von unterschiedlicher Nationalität,...Aus diesem Grund weisen wir den Vorwurf der Diskriminierung vehement zurück."

Kontraste macht die Probe aufs Exempel. Wir bitten Carmen aus Spanien und Kemal aus der Türkei, sich um die Mitgliedschaft bei McFit zu bewerben. Das Ergebnis:

Frage: "Wie ist es denn hier gelaufen?" Kemal: "Wir sind nicht aufgenommen worden." Frage: Hat man gesagt, ihr könnt später wiederkommen oder wie war das genau? Kemal: Sie haben uns einen Zettel gegeben und wir sollen da schriftlich melden und warten und so weiter und so fort weil es ist - alle Plätze sind voll."
KONTRASTE:
"Wie ist es denn hier gelaufen?"
Kemal:
"Wir sind nicht aufgenommen worden."
KONTRASTE:
"Hat man gesagt, ihr könnt später wiederkommen oder es gibt 'ne Warteliste oder war das genau?"
Kemal:
"Sie haben uns einen Zettel gegeben und wir sollen da schriftlich melden und warten und so weiter und so fort weil es ist - alle Plätze sind voll."

Zehn Minuten später, dasselbe Studio: Ein Deutscher bittet um Aufnahme.

KONTRASTE:
"Du warst gerade drin, bist du aufgenommen worden oder nicht"
Deutscher:
"Überhaupt gar kein Problem, da Mitglied zu werden. Ich hätte dann bloß noch meinen Personalausweis rüberreichen müssen und dann hätte alles gepaßt."

Also doch: In der "Fitnesshalle für alle" werden nicht alle gleich behandelt. Vor Ort im Studio fragen wir nach. Gibt es eine Warteliste für alle oder ist sie nur ein Vorwand, um Ausländer aus dem Studio heraus zu halten?

KONTRASTE:
"Uns ist berichtet worden, dass hier zur gleichen Zeit ein Deutscher und ein Ausländer versucht haben zu trainieren und dem Deutschen wurde gesagt, er könnte gleich anfangen, dem Ausländer dagegen wurde gesagt, das sei nicht möglich, da es eine Warteliste gebe und die voll sei."
Trainerin McFit:
"Kann ich nichts zu sagen, weiß ich nicht."
KONTRASTE:
"Gibt es denn so eine Warteliste?"
Trainerin McFit:
"Gibt keine Wartelisten."
KONTRASTE:
"Es gibt keine Wartelisten?"

Leugnen, Abstreiten, Schweigen - so wehrt sich McFit gegen den Vorwurf der Diskriminierung. Doch ein verdeckt gedrehtes Video in einem weiteren Mc Fit Studio bestätigt es: Ausländer haben tatsächlich kaum eine Chance, hier aufgenommen zu werden.

An der Anmeldung muß der junge Türke seinen Pass vorlegen - und siehe da: in ganz Deutschland gäbe es leider keinen freien Trainingsplatz.

(Gedächtnisprotokoll)
"Ich kann nur Leute aufnehmen, wenn ich einen freien Platz habe. Aber 32 Sportstudios in ganz Deutschland schlagen sich um die gleichen Plätze wie ich. Das ist mein Problem."

Diskriminierung bei McFit. Das läßt sich nach den Kontraste Recherchen nicht mehr leugnen.

Konfrontiert mit unseren Recherchen gesteht die Geschäftsführung Fehlverhalten ein. Per Fax teilt sie mit:
"...nach interner Prüfung des Sachverhaltes mussten wir zu unserem Bedauern feststellen, dass die ...Vorwürfe dem Anschein nach zutreffen. Dieses Verhalten wurde unsererseits mit sofortiger Wirkung unterbunden."

Späte Einsichten.

Doch McFit ist offenbar nicht das einzige Unternehmen, das Ausländer nur in beschränktem Maße zuläßt. In diesem Sportstudio wurden auch Deutsche abgewiesen, nur weil sie ausländisch aussehen.

Ein gebürtiger Berliner mit deutschem Paß: Özgur Yildirim. Er durfte hier nicht Mitglied werden, weil er Türke sei.

Özgur Yildirim:
"Sie meinten daraufhin, als ich gesagt hab, dass ich kein Ausländer bin, dass ja meine Mutter in der Türkei geboren sei und das bedeute, dass ich türkisches Blut habe. Woraufhin ich natürlich total geschockt - Ich wußte gar nicht mehr, was ich sagen sollte. Was kann man dann darauf erwidern?"

Kontraste begleitet Özgür Yildirim noch einmal in die Sportschule Reichenbach, um den Vorfall aufzuklären. Warum wurde ihm der Vertrag als Clubmitglied verweigert? Doch die Dame am Empfang streitet jede Diskriminierung ab - und der Geschäftsführer sei nicht zu sprechen.

Empfangsdame:
"Nächste Woche, wenn der Chef wieder da ist, können Sie gerne noch mal wiederkommen."

Wie kann man sich gegen solche Behandlung wehren? Beim Türkischen Bund in Berlin suchen Betroffene immer wieder Rat. Schließlich verbietet doch sogar das Grundgesetz, Menschen wegen ihrer Herkunft zu diskriminieren. Es heißt im Artikel 3:
"Niemand darf wegen seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft...benachteiligt oder bevorzugt werden."

Doch es gibt im deutschen Recht keinen Paragraphen, der den Verstoß gegen diesen Artikel unter Strafe stellt.

Nuran Yigit, Türkischer Bund Berlin-Brandenburg:
"Natürlich steht das in unserem Grundgesetz, aber praktisch ist es nicht umsetzbar. Wir brauchen ein praktisches Gesetz, womit wir hantieren können."

Wann Diskriminierung in Deutschland endlich verboten wird ist ungewiss. Schon vor vier Jahren forderte die EU in einer Richtlinie die deutsche Regierung auf, entsprechende Gesetze zu erlassen. Das hat die Bundesregierung bis heute versäumt.

Und Fitness-Studios sind nicht die einzigen. Auch Autoversicherer oder Wohnungsvermieter diskriminieren Menschen, die nicht aussehen wie "Made in Germany". Das Anti-Diskriminierungsgesetz, wie es die EU fordert, hat die ro-grüne Koalition schon lange versprochen. Es ist ja nur sechs Jahre her.