
EU-Außengrenze -
Für viele Politiker und Analysten im Westen ist ein Ende der Flüchtlingskrise an der EU-Außengrenze in Sicht. In Warschau dagegen ist man skeptisch.


Vor zwei Wochen campieren noch Tausende Geflüchtete aus dem Nahen Osten an dem polnisch-belarussischen Grenzübergang Kuznica. Die Lage eskaliert. Brüssel versucht die Krise zu lösen, verhängt Sanktionen gegen Menschen und Organisationen, die sich am Menschenschmuggel beteiligen. Mittlerweile nehmen Fluggesellschaften Iraker, Syrer und Jemeniten nicht mehr nach Minsk mit. Auch Belarus scheint einzulenken. Der Grenzübergang in Kuznica sieht jetzt leer aus. Machthaber Lukaschenko gruppiert die Geflüchteten in einer Lagerhalle oder lässt sie in die Heimat zurückfliegen.


Für den Journalisten und Nahostexperten, Maciej Czarnecki, ist dennoch kein Ende der Krise in Sicht.
Maciej Czarnecki, Gazeta Wyborcza:
"Die EU-Sanktionen werden nicht auf Dauer abschrecken. Zum einen ist die Lage der Menschen dort schlimm. Zum anderen haben sie als Alternative das Mittelmeer, wo sie ertrinken können, also ist die neue Fluchtroute übers Land weniger schrecklich."
Czarnecki war in Kurdistan, an der irakisch-türkischen Grenze. Kurden kämpfen dort gegen den IS und gegen die benachbarte Türkei. Czarnecki hat dort Menschen getroffen, die bereit sind viel zu riskieren, um in die EU zu kommen.
Maciej Czarnecki:
"Im Nordirak leben eine Million Menschen, die aus anderen Teilen des Iraks flüchten mussten. Es sind inländische Geflüchtete. In anderen Landesteilen gibt es immer noch Probleme, schiitische Kämpfer breiten sich aus, IS-Kämpfer sind da. Dazu kommen Probleme mit Korruption und Arbeitslosigkeit. Das überlappt sich alles."
Auch Kamil Kłysiński, Migrationsexperte im Zentrum für Oststudien in Warschau, glaubt nicht an das Ende der Flüchtlingskrise an der polnisch-belarussischen Grenze.

Kamil Kłysiński:
"Es ist durchaus möglich, dass die bisherige Belarus-Route von einer neuen ersetzt wird, zum Beispiel durch eine Russland-Route. Neue Flugverbindungen wurden schon angekündigt. Man spricht auch über neue Touristenvisen."
"Ich sehe nur eine Lösung, den Druck aufrechtzuerhalten, bis Lukaschenko nachgibt und gleichzeitig aber sein Gesicht wahrt. Solche Sachen passieren nicht von einem Tag auf den anderen, deswegen müssen wir skeptisch bleiben, wenn es um diesen Prozess geht."
Beitrag von Agnieszka Hreczuk