Anette Schönberger, Drehbuch, Bild: Radio Bremen / Anette Schönberger
Bild: Radio Bremen / Anette Schönberger

5 Fragen an... - Drehbuchautorin: Anette Schönberger

Genau das wollen wir mit dem „Geist im Glas“ transportieren: dass Toleranz, Offenheit und Zusammenhalt sich immer auszahlen und eigentlich selbstverständlich sein sollten.

„Der Geist im Glas“ ist ein Märchen nach den Brüdern Grimm. Was war für Sie die größte Herausforderung bei der Adaption der Vorlage?

Das ursprüngliche Märchen der Brüder Grimm war sehr knapp und reichte natürlich nicht aus, um einen 60minütigen Märchenfilm zu erzählen. Aber uns gefiel das Thema: der Geist Mercurius, der aus dem Glas entwischt, der Sohn des armen Holzfällers, der Arzt werden will und seine Ausbildung nicht fortsetzen kann, weil dem Vater das Geld ausgeht. Ich überlegte mir also, welche Elemente ich übernehme, dem Original immer noch gerecht werde und diese in eine neue Geschichte einbette, denn natürlich braucht man für einen Märchenfilm starke Protagonisten und Antagonisten. Wir entschieden uns gemeinsam für eine starke Frauenfigur, Sophia, als angehende Ärztin, und Mercurius bekam einen Gebieter, den bösen Gutsherrn Veith. Auch das Thema „klassische Medizin“ fand ich spannend, und es lag auf der Hand, ihr die „Naturheil- und Kräuterkunde“ gegenüberstellen. So ergab sich schließlich der große Bogen der Geschichte: Das zerstrittene Geschwisterpaar, der Arzt Malik und die Kräuterfrau Eda, die in der Vergangenheit ihre eigenen, schlimmen Erfahrungen mit dem Geist Mercurius gemacht haben, und ihre Lehrlinge Sophia und Jakob, die auf die Heldenreise geschickt werden, um den Geist wieder einzufangen, der Sophia in der Arztpraxis aus dem Glas entwischt ist.

Wie würden Sie Ihr Märchen interpretieren? Was ist daran noch wichtig für die heutige Zeit?

Ich finde das Märchen in vielerlei Hinsicht aktuell und wichtig. Sophia und Jakob haben völlig unterschiedliche Lebenskonzepte und Ansichten und merken schließlich, dass diese kein Hindernis sind, sondern ein Zugewinn. Genauso geht es dem Geschwisterpaar Malik und Eda, die über zwanzig Jahre lang wegen ihrer unterschiedlichen medizinischen Ansichten zerstritten waren. Doch dann merken sie, dass die klassische Medizin und die Naturheilkunde sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern im Gegenteil: Sie ergänzen sich und bereichern einander. Genau das wollen wir mit dem „Geist im Glas“ transportieren: dass Toleranz, Offenheit und Zusammenhalt sich immer auszahlen und eigentlich selbstverständlich sein sollten.

Welche der Figuren bei „Der Geist im Glas“ finden Sie besonders spannend?

Grundsätzlich mag ich alle meine Figuren, aber einen Geist „zum Leben zu erwecken“ war schon etwas Besonderes. Der Zufall wollte es, dass ich während der Recherche für das Märchen im Brüder-Grimm Museum in Kassel auf ein Buch stieß, das wie gemacht für Mercurius war. „Eine ungemein eigensinnige Auswahl unbekannter Wortschönheiten“ von Peter Graf, in dem sehr außergewöhnliche und witzige Wörter des Deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm gesammelt sind. „Finsterbang“, „wimmelsinnig“, „katzenhirnig“ und viele andere Wörter stammen also direkt aus erster Quelle, geben Mercurius eine eigene Sprache und nehmen ihm manchmal auch den Schrecken, was ich sehr wichtig für unsere junge Zielgruppe finde. Zu sehen, wie fantastisch Holger Daemgen Mercurius spielt, war natürlich noch mal ein besonders schöner Moment.

Was ist die Moral von der Geschicht‘?

Ganz klar: Sei offen für alles Neue, und kämpfe für deine Träume. Dann gelingt dir alles.

Wie würden Sie die Atmosphäre des Märchens beschreiben?

Im „Geist im Glas“ gibt es sowohl die heile, warmherzige Dorfwelt, Malicks saubere Arztpraxis, Edas gemütliche Hütte, in der man am liebsten sofort bei einem Becher Tee alles über Kräuter und Magie erfahren möchte. Aber dann ist da auch Veiths düstere, gruselige Welt, die man nur betreten kann, wenn man die magischen Tore durchschreitet. Regisseur Markus Dietrich und dem gesamten Team ist es unglaublich gut gelungen, ein Gleichgewicht zu schaffen, sodass das Märchen spannend und manchmal auch gruselig ist, aber auch immer wieder durch schöne, lustige Momente durchbrochen wird. Das finde ich für unsere jungen Zuschauer enorm wichtig, denn bei aller Spannung muss es auch immer wieder Momente zum Durchatmen und Lachen geben. Und dafür sorgen die Zimmermannsbrüder in der perfekten Besetzung: Bürger Lars Dietrich und Olli P..