David Ungureit (Quelle: dpa/Frank May)

Autor David Ungureit & Regisseur Hannu Salonen - Fünf Fragen, fünf Antworten

"Hans Christian Andersen hat ein Kunstmärchen geschrieben, das hochpolitisch ist und in dem es um grundlegende menschliche Verhaltensweisen geht."

Autor: David Ungureit

1. Wenn Sie eine Figur in Ihrem Märchen sein könnten, wären Sie …
... Jakob, der Weber, der eigentlich gar keiner ist, weil der Jakob der Held dieses Märchens ist, und wenn ich es mir schon aussuchen kann – was spricht dagegen, ein Held zu sein?

2. Kann die Moral von damals in eine heutige Sichtweise transportiert werden?
Unbedingt. Hans Christian Andersen hat ein Kunstmärchen geschrieben, das hochpolitisch ist und in dem es um grundlegende menschliche Verhaltensweisen geht: Eitelkeit, Opportunismus, Selbstüberschätzung - und um das Verhältnis von Politikern und Volk. Das ist immer aktuell.

3. Wie interpretieren Sie selbst das Märchen?
Wer um sich herum nur Duckmäuser duldet, wird irgendwann nackt dastehen. Und interessant ist auch die Frage: Wenn Kleider Leute machen, was machen dann "keine Kleider"?

4. Welchen Unterschied macht der Film gegenüber der Vorlage?
Statt der beiden Weber aus der Vorlage gibt es im Film nur einen: Jakob – und der ist noch nicht mal wirklich ein Weber, sondern tut nur so. Ihm zur Seite stehen die Vagabundin Maja und ihre kleine Schwester Greta, die beide in Andersens Märchen nicht vorkommen. Dieses Trio findet in der – ebenfalls neu erfundenen – Hofschneiderin Adele eine gefährliche Gegnerin. Und dann gibt es noch eine Liebesgeschichte, zwei Diener, einen Berater und und und... Der Kern des Märchens ist aber dennoch völlig unangetastet geblieben. Keine Mobiltelefone, keine Außerirdischen und am Ende ist der Kaiser entblößt.

5. Wenn Sie ein eigenes neues Märchen schreiben könnten, wovon würde es handeln?
Entweder von einem gierigen, habsüchtigen König, der seinem darbenden Volk bei jeglicher Kritik an seinem ruinösen Regierungsstil entgegenhält: "Ihr seid doch nur neidisch!" Oder von einem König, in dessen Reich zwar zu wenige Kinder geboren werden, der aber dennoch allen Fremden den Zutritt verweigert, weil sie seiner Meinung nach die falsche Haarfarbe haben und die falschen Lieder singen. Beide Märchen funktionieren natürlich auch prima mit einer Königin.
Regisseur: Hannu Salonen (Quelle: WDR/Frank Schirrmeister)

Regisseur: Hannu Salonen

1. Für welche Märchenfigur konnten Sie sich als Kind am meisten begeistern?
Mir gefiel die alte Hexe aus "Hänsel und Gretel" ausgesprochen gut. Sie war schlicht gruselig und dient mir noch heute als Vorbild für manch einen Antagonisten in meinen Filmen. Andererseits fand ich "Ronja die Räubertochter" toll. Sie ist eine klassische Heldin, die lauter Abenteuer erlebt.

2. Wenn Sie eine Figur in Ihrem Märchen sein könnten, wären Sie …
Ich möchte natürlich Jakob sein, weil er mutig ist, Risiken eingeht und trotzdem uneigennützig agiert. Er ist imstande, eine sanfte Revolution mit wenigen Handgriffen herbeizuführen. Was für ein Held!

3. Und die Moral von der Geschicht´?
Nicht auf die Kleidung kommt es an, sondern auf die Taten. Der moralische Kern eines Menschen bestimmt seine Größe, nicht die äussere Hülle.

4. Welchen märchenhaften Trick oder magische Kräfte würden Sie gerne einmal ausprobieren?
Den "jakobschen" Trick würde ich gerne beherrschen: so viel Zuversicht auszustrahlen angesichts größter Herausforderungen.

5. Was ist das besondere daran, Filme für Kinder und Familien zu drehen?
Auch in Kinderfilmen geht es oft um höchstspannende Sachen: Risiko und Abenteuer faszinieren Kinder wie Erwachsene. Jakobs tollkühne Reise ins kaiserliche Schloss gleicht zwar einem Selbstmord, aber genau darum geht es ja. Man serviert die Geschichten für Kinder und Erwachsene jeweils ein bißchen anders, aber was drunter liegt, läuft auf das Gleiche hinaus: gut erzählte Geschichten lösen einen Katharsis aus, einen befreienden Prozess, der uns hilft, besser mit den eigenen Ängsten umzugehen.

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