
5 Fragen an... - Regisseur: Carsten Fiebeler
Regisseur Carsten Fiebeler gab eine prompte Zusage, als er für das Märchen "Siebenschön" vom HR angefragt wurde.
1. Hatten Sie als Kind ein Lieblingsmärchen? Und warum?
Na klar. Zu den Lieblingsmärchen meiner Kindheit gehört in jedem Fall: "Wie einer auszog, das Fürchten zu lernen". Ein Märchen mit dieser Fülle von Abenteuern und bizarren Gestalten haben mich gruseln lassen und genau diese Erfahrung hat sich damals tief in mein Gedächtnis gegraben. Allein die Vorstellung, dass sich jemand nicht fürchten kann, also keinerlei Angst kennt, hat mich als kleiner Junge nachhaltig beeindruckt. So wollte ich natürlich auch sein. Und möglicherweise hat mir dieser Umstand in manch einer Situation zu mehr Mut verholfen. Wenn einer loszieht, und die grässlichsten Gefahren sucht, kann es doch nicht so schwer sein, die eigene "kleine" Angst zu überwinden. Und am Ende bekommt man dann noch die Prinzessin.
Im Übrigen, ist dieses Märchen aus meiner Sicht immer noch aktuell. Es wirft die alt bekannte Fragen auf, wer in unserer Gesellschaft für welche Ängste sorgt? Und warum?
2. Was hat Sie beim Dreh zum Lachen gebracht?
Auf der Ronneburg gibt es ein Pfauenpaar. Das gehört praktisch zum dortigen Inventar. Beim Dreh auf der Burg fühlte sich das Pfauenmännchen durch unsere Anwesenheit animiert sein Frauchen zu beeindrucken und hörte gar nicht mehr auf sein wunderschönes Federrad aufzuschlagen. Darüber hinaus mochte er die Stative unserer Lichtcrew nicht in seinem Revier. Und man konnte regelrecht darauf warten, dass sich der Pfau nach dem „Ruhe“ der Aufnahmeleitung oder meinem „Bitte“ in fast jedem Take lautstark zu melden begann. Das sorgte dann doch für eine gewisse Heiterkeit und zu Späßen auf Kosten des Pfaus.
3. Gab es während der Dreharbeiten besonders schwierige Momente?
Ja, wir hatten zum Beispiel einen riesigen Schreckensmoment mit unserem König Richard, gespielt von Michael Kind. Er sollte in seinem Bett vor Freude herumspringen bis Selbiges zusammen bricht. Das Bett war entsprechend präpariert und krachte bei jedem Versuch im gewollten Moment zusammen und Michael Kind spielte den Rest der Szene zu Ende. Als wir alle Einstellungen im Kasten hatten und das Bild quasi abgedreht war, wünschte ich mir eine Zusatzeinstellung. Er sollte "nur" die Springerei im Bett in wildester Manier wiederholen.
Die Kamera lief, Michael gab alles und das Bett brach in gewollten Moment zusammen. Doch diesmal war etwas anders. Plötzlich rollte sich Michael im Bett zusammen. Ich wollte ihm gerade für den beherzten Einsatz danken, da sah ich seine Lippe bluten. Ich habe den Moment, als sein Kinn das Bettgestell touchierte nicht mal mitbekommen. Der Schreck war erst mal gewaltig. Nur eine kurze Unaufmerksamkeit genügte, dass selbst so ein alter Schauspielfuchs, wie Michael Kind, sich verletzte. Glücklicherweise kannte unser König keinen Schmerz und stand am nächsten Tag wieder vor der Kamera. Und im Film wird die kleine Blutblase an der Lippe des Königs immer an diesen Moment erinnern.
4. Im Film sagt die Nonne Genoveva (gespielt von Esther Schweins) zu Siebenschön (gespielt von Xenia Assenza): „Für mich leuchtet Deine Schönheit aus dem Herzen. (…) Und darauf! Schönheit vergeht, Wissen bleibt!“. Könnte man meinen, das sei die Botschaft des Films? Das würde den Stoff des Märchens besonders aktuell machen?
Der Stoff ist hochaktuell. Unsere Gesellschaft legt in zunehmendem Maße Wert auf Fassade. Man könnte fast von einem Diktat der Äußerlichkeiten sprechen. Äußere Schönheit zum Beispiel wird inzwischen als Leistung verkauft, die einem größtmöglichen gesellschaftlichen Erfolg und Achtung garantiert. Die Model-Casting-Shows sind der beste Beleg dafür. Sie machen die Macher und ihre Teilnehmer in der öffentlichen Wahrnehmung zu Stars und schaffen ein Klima, in dem ein Kind oder Jugendlicher, der nicht Teil dieses Starrummels sein möchte, zum Außenseiter degradiert wird. Darüber hinaus kreieren sie die Bilder, wie man auszusehen hat, was zu tragen ist oder wie man zu sein hat. Wissen oder wirkliche Leistungen spielen dabei keine oder nur untergeordnete Rollen. Das finde ich sehr bedenklich. Ich mochte die Zeiten, als es nicht uncool war, mit Leistungen zu punkten.
5. War das ein Grund für die Auswahl des Märchens? Wollten Sie ein Zeichen in dieser vom Schönheitswahn geprägten Gesellschaft setzen?
Die Auswahl des Märchens habe ja nicht ich getroffen. Als ich von der Redakteurin Patricia Vasapollo angefragt wurde, habe ich sofort zugesagt, da ich denke, dass es in unserer Gesellschaft ein wirklich wichtiges Thema ist. Zeichen setzen? Ja, unter anderem!