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Das Kunst-Festival 48 Stunden Neukölln findet dieses Jahr in digitaler Form statt. Mit Hilfe eines Avatars kann man sich durch die Ausstellung von Martin Steffens im Umsannwerk Neukölln führen lassen.
Türen öffnen - das macht 48 Stunden Neukölln seit über 20 Jahren.
Diesmal geht das nur virtuel. Training für die Onlineführungen. Per Handy soll jeder die Ausstellung im Umspannwerk besuchen können:
Martin Steffens, Kurator Umspannwerk Neukölln
"Gut, Sarah, dann zeig mir doch bitte mal den Raum."
"Total schön mit dem Schatten."
"Zeig mir doch mal was da neben der Lampe ist."
Sarah ist in dem Fall sowas wie der Avatar der Besucher.
Martin Steffens, Kurator Umspannwerk Neukölln
"Gehst du mal noch näher ran, bitte."
so kann jeder sie leiten und selbst bestimmen, was er oder sie genauer sehen will und was nicht.
Alles nur online – sonst hätten sie nicht mitmachen können:
Martin Steffens, Kurator Umspannwerk Neukölln
"Traurig ist es, aber wir haben glaube ich auch die Möglichkeiten ganz gut genutzt. Probieren jetzt aus, wie es ist, Kunst digital zu vermitteln. Können damit natürlich weltweit Menschen ansprechen, auch die die gerade nicht in Berlin sind. Und versuchen die Verbindung zwischen Raum und Kunst ganz stark zu machen. Und ich glaube, es wird uns gelingen die Stimmung gut rüberzubringen."
Deswegen sind sie mit der Ausstellung abstrakter Kunst auch hier ins Umspannwerk umgezogen – die Räume sind einfach besser geeignet für die Onlineführungen.
Plötzlich bestimmt die Technik alles. Und auch Sarah sieht die Kunstwerke jetzt mit anderen Augen:
Sarah Steiner, Künstlerin
"Es ist ungewohnt, aber ich finde es spannend, mitzubekommen genau, wie jemand anders mich durch die Ausstellung bewegt."
Die nächste Tür führt ins Atelier der litauischen Papier- Künstlerin Almyra Weigel.
Alte Ausstellungsflyer hat sie zerschnitten und im ganzen Raum daraus Girlanden gemacht. Das ist ihre Installation für 48 Stunden Neukölln. "Poesie von heute" - der Titel:
Szene:
"Ich hab doch lup. Wamm kommst di?"
"Wo büst du?"
Almyra Weigel, Künstlerin
„Das ist eine Sprache, die wir, dadurch, dass wir schnell kommunizieren, per Handy oft, vertippen wir die Buchstaben und die Information und die Wörter sind eigentlich nicht richtig geschrieben.“
Irgendwie doch passend zum diesjährigen Festival - läuft doch wirklich alles nur digital.
Und Neukölln? Der reale Bezirk mit seinem unverkennbaren Rathausturm? Sieht diesmal ganz anders aus.
Ein langer Flur mit vielen Türen - wie bei einem Computerspiel, daran arbeitet Thorsten Schlenger noch, denn hinter jeder Tür wird es etwas zu entdecken geben:
Thorsten Schlenger, 48 Stunden Neukölln
"Wenn wir jetzt sagen würden, wir machen das Festival so wie immer, selbst wenn wir es beschränken würden, wir könnten es nicht kontrollieren und alle würden sich freuen, dass es wieder ist und würden sich auf nach Neukölln machen und das wäre unverantwortlich in der jetzigen Situation von daher haben wir dafür entscheiden und das Experiment macht auch Spaß."
Den Soundtrack (zum Festival) liefert unter anderem Beispiel der spanische Musiker Ainthemachine.
Er hat mittlerweile einige Livestream-Konzerte gemacht, aber er fühlte sich immer alleine - wollte schon aufgeben:
Diego Ain, Ainthemachine (englisch)
"Zuletzt hatte ich die Idee, die Leute dazu aufzufordern, mir Audionachrichten per Instagram zu schicken und mein Handy ist mit meinem Soundsystem verbunden, so kann ich ihre Stimmen sampeln und sie live einbauen während der Show. Und seitdem macht mir wieder Spaß."
48 Stunden Neukölln wird diesmal also ganz experimentell. Und auf jeden Fall eine Abenteuerreise hinter geschlossene Türen.
Autorin: Nathalie Daiber