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Zeina Nassar ist Muslima und Boxmeisterin - sie kämpft mit Kopftuch. Die Kreuzbergerin mit Vorbildfunktion wehrte sich erfolgreich gegen das Kopftuchverbot im Ring, ist Buch-Autorin und als Schauspielerin am Maxim Gorki Theater auf der Bühne zu sehen.
Mit 13 hat Zeina Nassar einfach so beschlossen, sie will boxen. Also hat sie als Muslima einen Verein nur für Frauen gesucht. Und gleich bei ihr um die Ecke die Boxhalle in der Bergmannstraße entdeckt.
Zeina Nassar, Boxerin
"Es ist genau wie vorher, ich komm rein und es riecht erstmal nach Schweiß und dieser Geruch von der Halle also das ist total schön."
Zeina Nassar, Boxerin
"Boxen ist eine der stärksten Kampfsportarten, die sehr viel Respekt und Disziplin erfordert und ich habe unglaublich viel mitnehmen können, als ich hier angefangen habe, vor allem ein starkes Selbstbewusstsein, das finde ich super wichtig."
Mit 16 holt sie ihren ersten Titel: Berliner Boxmeisterin. Die ist sie bis heute. Genauso selbstbewusst hat sie ihre Eltern überzeugt.
Nur durfte sie mit Kopftuch zunächst nicht an Wettkämpfen teilnehmen – so sahen es die Regeln des deutschen Boxverbandes vor – doch Zeina hatte gute Argumente:
Zeina Nassar, Boxerin
"Ich habe mich entschieden ein Kopftuch zu tragen und dann kam ich im Sport an und habe erfahren, dass ich mit dem Kopftuch nicht kämpfen darf. Was ich nicht verstanden habe, denn letztendlich spielt das Kopftuch im Ring gar keine Rolle, weil alle Frauen, die längere Haare haben unter dem Kopfschutz ein Kopftuch tragen müssen. Deswegen habe ich es nicht verstanden, es gab keine Argumente, die mir gezeigt haben, dass ich bzw. meine Gegnerin einen Nachteil hat."
2013 wurden die Regeln geändert.
Zeina kommt aus Kreuzberg. Wie alle in ihrer Generation ist sie viel online unterwegs. Für sie ist auch das Internet das echte Leben:
Zeina Nassar, Boxerin
"So, also ich bin jetzt hier in Kreuzberg und trink hier jetzt erst mal entspannt meinen Kaffee. Und dadurch, dass wir hier so eine schöne Ecke gefunden haben, geht es jetzt weiter mit dem Filmen."
Hier im Viertel ist sie aufgewachsen, auf die muslimische Grundschule gegangen und hat später das Abitur gemacht.
Ihre Eltern stammen aus dem Libanon.
In ihrem Buch "Dream big" erzählt sie, dass sie immer wieder gefragt wird, woher sie denn "wirklich" komme:
Zeina Nassar, Boxerin
"Manchmal sage ich, dass ich vom Sport komme. Je nachdem, auf was ich gerade Lust habe."
"Was erwartet man denn als Antwort? Ich bin hier geboren in Deutschland und bin Deutsche, meine Eltern kommen aus dem Libanon, dementsprechend spreche ich auch Arabisch, was ich auch sehr schön finde, dass ich auch mit zwei Kulturen aufgewachsen bin und ja, das wars."
Ihre Zielstrebigkeit macht sie zum Vorbild für viele junge Muslima. Sie sprengt gerne alle Schubladen.
Auf der Bühne des Maxim Gorki Theater erzählt sie zusammen mit anderen jungen Frauen im Stück "Stören" von ihren Kämpfen im Alltag.
Zeina Nassar, im Dialog mit dem Ensemble am Maxim Gorki Theater
Zeina: "Ist das Handy mindestens fünfzig Prozent aufgeladen?"
Ensemble: "Ja."
Zeina: "Schlüssel eingesteckt, damit wir nicht ewig da draußen bleiben müssen."
Ensemble: "Ja."
Zeina: "Und ist der Schlüsselanhänger mit dem Securityalarm dabei?"
Ensemble: "Ja."
Zeina: "Tasche gepackt? Durchgecheckt? Tasche gepackt. Ge, gepackt?"
Ensemble: "Alles gepackt, durchgecheckt?"
Zeina Nassar, Boxerin
"Mir war schon immer wichtig, anders zu sein, ich hab im frühen Alter immer gemerkt, es wäre falsch, anders zu sein und mit der Zeit habe ich gemerkt, dass es total was besonderes ist, nicht in eine Schublade zu passen, sondern außergewöhnlich zu leben und ich führe ein außergewöhnliches Leben. Und bin dankbar für alles, was ich habe, aber mir ist letztendlich wichtig, dass ich selbständig Entscheidungen treffe und wenn ich mich dazu entscheide zu boxen, dann will ich das auch machen."
Sie studiert mittlerweile Erziehungswissenschaften und Soziologie in Potsdam.
Typisch Zeina, sie macht alles gleichzeitig. Ihr nächstes großes Ziel: Boxen bei den Olympischen Spielen.
Autorin: Vera Drude