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Vom Betriebsbahnhof für Straßenbahnen und Omnibusse zum Kulturquartier für Kunstschaffende. Hansjörg Schneider erzählt von der bewegten Geschichte der Uferhallen in Berlin Wedding.
Seit sich Hansjörg Schneider hier vor mehr als 10 Jahren sein Künstleratelier eingerichtet hat, begeistert er sich für die Geschichte der Uferhallen.
Über 100 Jahre lang ist dieses Gelände ein Betriebsbahnhof für Straßenbahnen und Omnibusse.
Gebaut wird es 1873. Damals ziehen Pferde die Straßenbahnen durch Berlin.
Hansjörg Schneider, Künstler
"Die erste Straßenbahn fuhr von der Badstraße oder von Gesundbrunnen bis zum Rosenthaler Platz. Das hing damit zusammen, dass der Gesundbrunnen ein ganz wichtiger Ort war. Der war ja so eine Art Wellness Betrieb mit Biergärten und so weiter."
Hansjörg Schneider hat über die Jahre seinen Arbeitsplatz genau erkundet – ein echtes Industriedenkmal. Dieses Haus wurde in den 60er Jahren mit Platten verunziert. Tatsächlich war es mal ein Pferdestall.
Hansjörg Schneider, Künstler
"In diesem Gebäude standen die Pferde im Erdgeschoss und im ersten Geschoss. Es gab ursprünglich eine Rampe auf der diese Pferde nach oben gezogen wurden."
Wenig später wird eine riesige Werkstatthalle gebaut. Sie wird dringend benötigt, denn das Berliner Verkehrsnetz wächst und wächst. Straßenbahnen fahren mittlerweile elektrisch. In dieser Halle werden die Wagons gewartet, repariert und lackiert.
Hansjörg Schneider, Künstler
"Als sie gebaut wurde, war sie bereits 50 Meter in der Breite und 100 Meter tief. Und von Anfang an waren hier 14 parallele Gleispaare verlegt. Hier sieht man auch überall wo noch so Reste von Schienen verlaufen."
Die Goldenen Zwanziger werden zur Blütezeit der Straßenbahn. Die neu gegründete BVG scheut keine Kosten und lässt ihren Betriebshof im Wedding aufwendig erneuern.
Hansjörg Schneider hat sich lange mit dem damaligen Architekten beschäftigt: Jean Krämer.
Krämer baut im Stil der "Neuen Sachlichkeit", seine besondere Formensprache prägt bis heute das gesamte Areal.
Hansjörg Schneider, Künstler
"Also außergewöhnlich ist eigentlich schon wie industriell dieser Betriebshof ist. Wie anders diese Bebauung ist im Kontext der Wohnhäuser, die hier überall standen. Und wie sehr das eigentlich auch ein Zeichen war, dass die Stadt in so einem Aufbruch sich befand."
In den 50er Jahren werden die Straßenbahnlinien im Wedding eingestellt. Die große Halle wird fortan als Hauptwerkstatt für Omnibusse genutzt.
2006 wird der Betriebshof geschlossen und verkauft.
Ein Jahr später ziehen die ersten Künstler ein. Hansjörg Schneider hat sein Atelier in einer alten Werkstatt. Die Geschichte der Uferhallen fließt auch in seine Arbeit ein. Diese alten Fotos von Doppeldeckerbussen mit Werbeaufschrift haben ihn erst kürzlich inspiriert.
Hansjörg Schneider, Künstler
"Dieser Flohmarktfund hat mich auf die Idee gebracht, dass die BVG für unsere Ausstellung Reklame fahren könnte. Und so könnte das als Motto platziert sein – auf einem Doppeldecker."
Hansjörg Schneider hat in den Uferhallen nicht nur irgendeinen Ort zum Arbeiten gefunden. Er bekommt von diesen Räumen Impulse für seine Kunst.
Autorin: Lilli Klinger