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Gerade ist es ungewohnt ruhig in den Hackeschen Höfen. Nur wenige Touristen kommen nach Berlin. Das bereitet den Cafés, Geschäften und auch den Kulturbetrieben, wie dem Hackesche Höfe Kino Probleme.
Gerhard Groß hat sein Kino den Corona-Regeln angepasst. Eigentlich haben in diesem Saal 97 Gäste Platz. Jetzt dürfen es maximal 24 sein. Wirtschaftlich lohnt sich das nicht. Nur dank der Überbrückungshilfen vom Bund und dem Land Berlin kann das Hackesche Höfe Kino momentan geradeso überleben. Besser wird es erst eimal nicht. Die Fallzahlen steigen wieder. Und: Neue Filme sind durch Corona zur Mangelware geworden.
Gerhard Groß, Betreiber des Hackesche Höfe Kino
"Was fehlt sind die großen amerikanischen Produktionen. Vieles ist verschoben worden. Gerade vorhin habe ich mit unserem Programmchef gesprochen. Der hat gesagt, im Dezember und Januar sieht es ganz schlecht aus. Da haben wir sehr wenig Filme."
Gerhard Groß will auch für die wenigen Zuschauer*innen das Kino offenhalten und hofft auf weitere Unterstützung von der Politik. Irgendwie wird es das Kino durch die Krise schaffen – daran glaubt er fest.
Gerhard Groß, Betreiber des Hackesche Höfe Kino
"Wir Kinobetreiber sind Kummer gewohnt. Ich mache das jetzt seit 25 Jahren und wenn Sie mal überlegen, was in den 25 Jahren alles passiert ist. Da gab es zum Beispiel das Internet, da gab es die Raubkopien, da gab es die Streaming-Dienste. All damit mussten wir kämpfen."
Auch die Eigentümer der Hackeschen Höfe möchten, dass die Kultur an diesem Ort erhalten bleibt.
Gerhard Groß, Betreiber des des Hackesche Höfe Kino
"Also wir sind auch bei der Miete unterstützt worden. Eigentlich alle hier sind bei der Miete unterstützt worden. Um es einmal so zu sagen: Der kalte Odem des Kapitalismus weht nicht durch die Hackeschen Höfe."
Neben dem Kino sind es vor allem kleinere Manufakturen, die hier auf Kundschaft warten.
Gerade für viele Tourist*innen ist ein Besuch in den Höfen ein Muss. Ihr Ruf als authentisches Stück Berlin mit dem besonderen Flair zehrt dabei noch von der Vergangenheit. Kurz nach der Wende entdeckten vor allem Künstler*innen die baufälligen Höfe und waren angetan von der romantisch-zerfallenen Atmosphäre. Die Freiräume nutzten sie für Ausstellungen, Konzerte und Modenschauen. Mitte der 90er Jahre wurden die Höfe komplett saniert, viele Künstler*innen mussten weichen. Fortan sollten die Hackeschen Höfe von unterschiedlichen Gewerben genutzt werden.
Auch die prunkvolle Jugendstil-Fassade wurde erneuert – mit Fliesen der Keramikmanufaktur GOLEM.
In den Höfen betreibt die Firma seit 25 Jahren einen ihrer Läden. Hier hat Corona bisher keine Spuren hinterlassen. Das Baugeschäft boomt nach wie vor. Victor Bassely und Tobias Klaus beraten ihre Kunden momentan per Telefon und im Internet. Im Laden kommt zurzeit kaum jemand vorbei.
Victor Bassely, Vertriebsmitarbeiter GOLEM Kunst und Baukeramik
"Manchmal haben wir auch ein bisschen mehr Ruhe jetzt. Das ist der Vorteil. Dann können wir uns besser konzentrieren."
So wie jetzt, hat Victor Bassely die Höfe noch nie erlebt.
Victor Bassely, Vertriebsmitarbeiter GOLEM Kunst und Baukeramik
"Da draußen laufen immer sehr viele Touristen, immer Gruppen, es ist immer ganz laut. Und jetzt steht es hier fast ganz still."
Stillstand, Leere, fehlende Tourist*innen – nicht an allen Geschäften sind die Auswirkungen der Pandemie spurlos vorbeigegangen. Sawade, Berlins älteste Pralinen-Manufaktur, hat im Sommer "Insolvenz in Eigenverantwortung" angemeldet. Mit dem Insolvenz-Geld kann die Produktion und der Geschäftsbetrieb erst mal weiter gehen. Inhaberin Melanie Hübel hofft, dass ihr Unternehmen so gerettet werden kann.
Melanie Hübel, Inhaberin Sawade
"Kurz vor dem 4. August, als wir Insolvenz anmelden mussten, haben wir natürlich immer wieder überlegt: Gibt es noch andere Möglichkeiten, als diesen Schritt jetzt zu gehen – der weiß Gott kein angenehmer ist? Aber den Punkt, an dem wir jetzt gesagt hätten, wir geben auf, den gab es nicht."
Momentan laufen die Umsätze wieder besser. Und es wurde ein Logistikzentrum für den Online-Vertrieb ins Leben gerufen. Falls der zweite Lockdown kommt, ist man diesmal besser vorbereitet.
Melanie Hübel, Inhaberin Sawade
"Als Unternehmer muss man sich relativ schnell wieder selbst aufrichten und die Lage bewerten. Und dann eben mit einem möglichst kühlen Kopf versuchen zu sagen: 'Klar, da hängt mein Herz dran – aber wie schaffe ich es jetzt durch diese Krise zu gehen?'"
Die Hackeschen Höfe werden wohl noch eine Weile leer bleiben. Davon lässt sich hier aber keiner so schnell unterkriegen.
Autorin: Lilli Klinger