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Ein altes Kassenbuch, Millimeterpapier, ein Notenheft, Schnittmusterbögen oder hauchzartes Seidenpapier – dies sind die Ausgangsmaterialien der Künstlerin Fiene Scharp. Aus solchen Papieren ritzt sie mit dem Skalpell kleinste Kästchen heraus. So entstehen filigrane Raster und zarte Gitter. Die Papierschnitte der Berliner Künstlerin sind im Moment in der Galerie Kuckei + Kuckei zu sehen.
"Ich bin Fiene Scharp. Ich bin bildende Künstlerin und mache hauptsächlich Papercuts.
Willkommen in meiner Ausstellung VOIDS, in der Galerie Kuckei + Kuckei in Berlin Mitte. Das Besondere an Papercuts, also an Papierschnitten, ist, dass man entweder händisch mit Skalpell, Schere oder auch mit technischen Mitteln wie Laser, ins Papier schneidet.
Gegen Ende des Studiums, habe ich zusammen in einer Atelier-Etage mit einem anderen Künstler zusammen gearbeitet, der Sprayer war. Und er hat mit Stencils gearbeitet, dass heißt mit Schablonen. Das Ausgangsmaterial, was er benutzt hat, das fand ich sehr faszinierend. Das war der Dreh- und Angelpunkt für mich, noch einmal mehr ins Papier zu gehen.
Was mich also interessiert, ist die scheinbare Präzision, die "am perfektesten" durch technische Hilfsmittel entstehen würde. Wenn man von Betrachterseite herantritt, zeigt sich dann erst in unmittelbarer Nähe das Material, aber auch die Imperfektion. Dann sieht man plötzlich: Das ist eben nicht industriell hergestellt, sondern es muss mechanisch bearbeitet worden sein.
Ich denke mein Beitrag ist dabei auch, dass es um sehr feinsinnige Arbeiten geht, die man wirklich erst aus die Nähe betrachtet versteht. Das braucht Ruhe und eigentlich auch Geduld seitens des Betrachters. Man muss sich darauf einlassen. Man steht davor und muss sich die Zeit nehmen, um die Feinheiten zu entdecken.
Für mich ist das schon wichtig, als Ausgleich oder als andere Möglichkeit gegenüber der digitalen Schnelllebigkeit und Multimedialität. Dadurch, dass ich per Hand schneide und mit den Rastern arbeite, mit Wiederholung, dass ich versuche auf die Präzision zu achten, wie die Rastersysteme daherkommen. Das Individuelle schleicht sich eben dadurch ein. Früher habe ich sehr perfekt gearbeitet, sehr präzise und sobald mir so eine Art Fehler passiert ist, habe ich dann die Arbeit verworfen. Bis mir dann aber klar wurde, das eigentlich gerade der Fehler und die Leerstellen das Reizvolle sind. Das ist es, was mich interessiert.
Ich bin unglaublich glücklich, das machen zu können, was ich mache. Dass ich einfach für mich wirklich die Zeit habe, meiner künstlerischen Arbeit vollständig nachzugehen. Der Rest kommt einfach."
Autor: Benjamin von Essen