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Alfred Hagemann ist Spezialist der "Berliner Klassik", der Kunst und Kultur unter Friedrich dem Großen. Jetzt hat der Kunsthistoriker im Humboldt Forum Spuren der Geschichte des Ortes aufgearbeitet, die im 12. Jahrhundert beginnt und bis zum Palast der Republik reicht.
Alfred Hagemann hat vor der digitalen Eröffnung wenig Zeit. Der Kunsthistoriker führt uns quer durch das Humboldtforum zu historischen Objekten, die von 800 Jahren Geschichte erzählen.
Anders als an der Fassade, sind im Keller alles historische Originale: Sie wurden bei Grabungen kurz vor Baubeginn gefunden.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Das ist ein großer Ventilator, einer von einer ganzen Batterie von Ventilatoren, die hier im Keller in der Kaiserzeit unter Wilhelm II installiert wurden."
Damals war das Hightech: Eine Heizung, die nicht nur warme Luft ins Schloss pustet, sondern saubere, warme Luft.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Das war vorher das Problem, dass auch Ruß mit nach oben gepustet wurde. Es gab diesen Spruch: Wenn man mit einem weißen Kleid ins Schloß geht, kommt man mit einem grauen wieder raus."
Alfred Hagemann will uns aber eigentlich etwas anderes zeigen. Ihn begeistern ganz besondere Ziegel.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Dass man hier Reste des Schlosses gefunden hat, das war erwartbar, aber die Sensation waren diese Mauern hier, wo tatsächlich Reste des Dominikanerklosters erhalten geblieben sind."
Vor dem Schloß stand hier ein Dominkanerkloster, das um 1300 gebaut wurde.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Hier wurden Zapfhähne aus Metall gefunden. Hier waren Fässer, wo man Bier oder Wein für die Mönche gezapft hat."
Unsere Zeitreise führt durchs ganze Haus: Im dritten Stock treffen wir "Eisenzahn" in Mamor. So hieß Kurfürst Friedrich II mit dem die Schlossgeschichte 1443 begann – und auch der Zoff darum.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Es gibt diesen wunderbaren Begriff des Berliner Unwillens. Die Berliner*innen haben verstanden: Wenn der Kurfürst ihnen ein Schloß in die Stadt baut, dann ist das auch, um sie zu kontrollieren, und deshalb haben sie erstmal die ganze Baustelle unter Wasser gesetzt."
Etwas weiter, entlang dieser Familienaufstellung der Hohenzollern steht Friedrich der III. Der Kurfürst krönte sich 1701 zum König. Von Andreas Schlüter ließ er sich ein opulentes Barockschloss bauen. Es sollte beeindrucken. Das tut es bis heute, auch als Nachbau.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Die wirkliche Größe dieses Hofes war mir nicht klar, bis ich zum ersten Mal hier in dem rekonstruierten Hof stand. Die Dimension wird auf Fotos nicht deutlich."
Von dieser Pracht blieb nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch eine Ruine. Sie wurde 1950 gesprengt. 1976 eröffnete ein neuer Palast. Das Wegeleitsystem aus dem Palast der Republik hängt jetzt im Humboldt Forum.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Diese Drei ist das Zeichen für Rolltreppe und wenn das rote Stopp leuchtet heißt das, dass die Rolltreppe stehen geblieben ist."
Heute sind diese Schilder ein Ausstellungsstück. Alfred Hagemann ist es wichtig, dass auch im Humboldt Forum die Spuren des Palastes der Republik sichtbar bleiben. 2006 wurde er abgerissen, um Platz für das neuen Schloss zu machen.
Alfred Hagemann zeigt uns Teile einer gemalten Schlossfassade. Heute ein historisches Stück.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Das ist ein Stück von der Plane, mit der 1993 das Schloß simuliert wurde. Das war ein großer Coup auf dieser bemalten Plane eins zu eins das Schloß vor den Palast der Republik zu stellen."
Mit der Attrappe war das Berliner Schloss auf einmal wieder in der Stadt – und damit war auch der Streit wieder da.
Alfred Hagemann, Leiter des Bereiches Geschichte des Ortes
"Wenn man an dieser zentralen Stelle in der Mitte Berlins, an einem hochsymbolischen Ort etwas macht, egal was, wird es Streit und Auseinandersetzung geben. Jeder Schritt, den man hier tut, wird als Symbol interpretiert werden. Ein Ort der Macht ist immer auch ein Ort des Streites."
Jetzt steht es, das Humboldt Forum. Gestritten wird aber noch immer. Die Geschichte geht weiter.
Autorin: Vanessa Loewel