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Als die Designerin und Grafikerin Annette Köhn 2011 den "JaJa" Verlag gründete, war das ein Wagnis. Dieses Jahr bekam sie den Deutschen Verlagspreis für ihre Arbeit. Eine Erfolgsgeschichte in über 150 Veröffentlichungen.
Lektorat, Vertrieb, Lizenzen - im Ein-Frau-Verlag "Jaja" macht Annette Köhn all das in Personalunion. Vor zehn Jahren hat sie hier in Neukölln ihren "Jaja"-Verlag gegründet. Comics begleiten Annette Köhn schon, seitdem sie ein Kind war.
Annette Köhn, JaJa-Verlag
"Weil ich zwei ältere Brüder hab und die waren auch sehr Comic affin. Also wir hatten alle "Asterix und Obelix" Bände da, "Micky Mouse". Ich mochte am meisten "Die Schlümpfe"."
Momentan geht es im Jaja-Verlag zu wie in einer Wichtelstube. Weihnachtsgeschäft. Die Praktikant*innen verpacken all die Bücher, Kalender und Postkarten, die bestellt wurden.
Annette Köhn stammt aus Erlangen. In Berlin studiert sie Kommunikationsdesign, arbeitet als Zeichnerin und Illustratorin, erfüllt sich schließlich ihren Traum Verlegerin zu werden.
Annette Köhn, JaJa-Verlag
"Die Zeit war reif. Weil bis dato hatte ich dann so viele Zeichner*innen kennengelernt. Und die hatten eben auch teilweise ihre Diplom- und Bachelorarbeiten, die irgendwie Bücher waren, aber nie veröffentlicht wurden auch in ihren Schubladen und daher kam dann auch so langsam die Idee, da muss doch ein Verlag her, der diese Sachen rausbringt."
Es hat sich in der Comic-Szene herumgesprochen, dass Annette Köhn junge Talente fördert. Pro Woche kriegt sie ein gutes Dutzend Manuskripte zugeschickt.
"Ein Lyrikband, ein illustrierter."
- "Hm. Ohje. Ja, ganz schlimm."
"Mensch, du hast die Lyrik doch noch gar nicht gelesen."
- "Ja, aber mir gefallen die Bilder nicht."
Annette Köhn, JaJa-Verlag
"Eigentlich ist es immer so Bauchgefühl und Geschmack. Meiner. Und vielleicht noch n bisschen so: Will das auch jemand anderes lesen? Also so ein bisschen noch auf den Markt schauen, aber in erster Linie gefällt mir der Strich. Und ich mag immer gerne, wenn man das Handgemachte sieht."
Einer von Annette Köhns Autoren ist Federico Cacciapaglia. Er wohnt im Kiez, kommt häufig zum Kaffee vorbei. Seit einem Jahr arbeitet er an seinem neuen Comic und bittet um noch einen Monat Verlängerung. Annette Köhn ist geduldig.
Federico Cacciapaglia, Comiczeichner
"Ich sehe das Ende des Tunnels. Es ist nicht nur ein Licht. Ich sehe wirklich – ich sehe das Himmel. Aber noch nicht, ich bin in den Tunnel."
Federico ist selbst zur Comicfigur geworden, gezeichnet von der Chefin persönlich. In Annette Köhns neuem Band geht es um ihren Arbeitsalltag. Der ist oft eintönig und besteht vor allem aus Bürokratie, Buchhaltung, Logistik.
Annette Köhn, JaJa-Verlag
"Manchmal da braucht man bisschen einen langen Atem."
Aber die Glücksgefühle, wenn ein neues Buch erscheint, sind es wert. Nur vom Literaturbetrieb würde sich Annette Köhn mehr Anerkennung wünschen.
Annette Köhn, JaJa-Verlag
"Viele haben eben noch das Vorurteil Comics sind für Kinder. Darum gabs ja auch dann vor ein paar Jahren die Idee, ach wir nennen das jetzt mal Graphic Novels. Und das klingt dann viel ernsthafter und seriöser. Weil da halt auch ganz viel produziert wurde, also Literaturadaptionen. Also man nimmt dann eben ein echtes literarisches Werk und macht daraus ein Comic. Aber eigentlich ist der Comic wirklich ein eigenständiges tolles Ding. Und muss sich nicht irgendwie bedienen bei anderen Literaturwerken."
Annette Köhn ist stolz darauf, dass sie viele Comickünstler*innen aufgebaut und Ihnen ein zu Hause gegeben hat. Marie Geißler ist eine ihrer allerersten Entdeckungen.
Marie Geißler, Comic-Künstlerin
"Bei anderen Verlagen sind halt Angestellte und es ist halt vielmehr so ein Wirtschaftsunternehmen am Ende. Ne es geht halt auch um Geld und Rechte. Und bei Annette ist Geld halt mindestens auf Nummer zwei, wenn nicht weiter unten. Aber so Herzblut ist glaube ich so ganz oben und dieser Familiengedanke."
Über 200 Bücher hat Annette Köhn ganz allein veröffentlicht, ein Kraftakt. Dafür gab es dieses Jahr den Deutschen Verlagspreis. Und auch nach zehn Jahren kann sich Annette Köhn kein größeres Glück vorstellen, als die Arbeit mit ihren Comics.
Autorin: Lilli Klinger