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Imran Ayata ist selber Kind von Gastarbeitern. Geboren in Ulm, studierte er Politikwissenschaften. Seit langem lebt er in Berlin. Heute leitet er eine Werbeagentur, schreibt Bücher, engagiert sich politisch - und ist Musik-Nerd. Häufig besucht er den Plattenladen "Groove Records" in Kreuzberg. Mit der Musik seiner Eltern konnte er lange Zeit nichts anfangen. Doch das änderte sich.
Als in den 60er Jahren die ersten Gastarbeiter nach Deutschland kommen, gibt es hier nicht nur keine türkischen Lebensmittel oder Zeitungen, es gibt auch keine türkische Musik oder Kultur. Also machen sie alles selbst. Sie erschaffen eine ganz eigene Musikszene, für die sich die Mehrheitsgesellschaft nicht interessiert.
Imran Ayata, Schriftsteller und Herausgeber "Songs of Gastarbeiter"
"Es gab keine Neugier. Also im wirklich humanistisch menschlichem Sinne Neugier auf den Nachbarn, weil das, was von der Politik, die Setzung von der Politik, dass das eben Gastarbeiter seien, Arbeitskräfte, die temporär der deutschen Wirtschaft helfen, diese Setzung hat natürlich eine gesellschaftliche Entsprechung bekommen."
Imran Ayata ist selber Kind von Gastarbeitern. Geboren in Ulm, studierte er Politikwissenschaften. Seit langem lebt er in Berlin. Heute leitet er eine Werbeagentur, schreibt Bücher, engagiert sich politisch - und ist Musik-Nerd. Häufig besucht er den Plattenladen "Groove Records" in Kreuzberg. Mit der Musik seiner Eltern konnte er lange Zeit nichts anfangen. Doch das änderte sich.
Imran Ayata, Schriftsteller
"Ich hab irgendwann angefangen so diese, so ausgewählte Bands, die ich so aus meiner Kindheit kannte, wieder zu hören und hab dann schon gemerkt, dass das eigentlich entgegen meiner Erinnerung ziemlich coole Musik ist."
Imran Ayata möchte die Musik der ersten Einwanderer-Generation aufspüren und holt sich Unterstützung.
Imran Ayata, Schriftsteller
"Dann stieß ich auf einen Artikel, über ein Porträt von Bülent Kullukcu. Darin gings so in einem Absatz auch darum, dass er Gastarbeiter-Musik auch hört und sammelt. Dann dachte ich, ach krass, da gibts ja noch nen zweiten Trottel. Den hab ich angerufen."
Wann immer Imran Ayata und Bülent Kullukcu einen Song entdecken, der sie begeistert, versuchen sie eine Aufnahme davon zu finden. Das ist mühsam. Viele Tonträger sind verschollen. Die meisten Bands spielten ohnehin nur live, innerhalb ihrer Community.
Imran Ayata, Schriftsteller
"Da die allermeisten Bands ja gar nicht ein Teil der Kulturindustrie waren, sind die eigentlich oft eher aufgetreten auf politischen Veranstaltungen, Festivals, auf Demos, auf Hochzeiten, auf Vereinsfesten. Also diese Musik war sehr stark abhängig von der Infrastruktur der jeweiligen Community."
Die beiden durchforsten Archive von privaten Sammlern in Deutschland und der Türkei, stöbern in den Musiksammlungen ihrer Eltern und Bekannten, befragen FreundInnen und Fremde, um die Tonträger zu finden. Schließlich machen sie genug Lieder ausfindig, um 2013 die "Songs of Gastarbeiter" zu veröffentlichen.
Die Platte stößt eine Tür auf, sorgt für Aufmerksamkeit. Jetzt erscheint die zweite Ausgabe, auf der die beiden auch spanische und griechische Lieder vorstellen.
"Songs of Gastarbeiter" erzählt die Geschichte der ersten Einwanderer-Generation aus einer anderen Perspektive - über die Musik. In ihren Liedern verarbeiten die Musiker den Alltag. Und beobachten scharfsinnig die deutsche Gesellschaft.
Imran Ayata, Schriftsteller
"Es geht um Liebe, um Trennungsschmerz, um Sehnsucht. um Streit, es geht um Erfolg haben wollen und gleichzeitig würde ich sagen, dass die Gastarbeitersongs doch ein bisschen politischer sind, dass Themen wie Arbeitsbedingungen, Themen wie Ausgrenzung und Rassismus schon damals ne ziemlich markante und wichtige Rolle spielen."
Viele der Musiker wollten Imran Ayata erst gar nicht glauben, dass er ihre Songs nach so langer Zeit auf einem deutschen Plattenlabel veröffentlichen will. Dann waren sie sehr gerührt.
Imran Ayata, Schriftsteller
"Es gibt ja so den weit verbreiteten Glauben, dass mit der zweiten und dritten Generation und der gelungenen Integration und all diese tollen Sachen entstanden sind. So ganz neu: der neue Film, die Literatur, und der Hip Hop. Und da so mit dieser Arbeit einen Hinweis zu geben, dass das eben auf etwas aufbaut, was die erste Generation ermöglicht hat und dieser Generation, wenn auch ein bisschen verspätet, symbolisch Respekt zu zollen. Wir sind ja der, der wir sind, weil es die gab."
Autorin: Lilli Klinger