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Wie können Bäume in der Wüste wachsen? Der Australier Tony Rinaudo hat eher zufällig entdeckt, dass das möglich ist. Mit Enthusiasmus und jährelanger Beharrlichkeit sind so Wälder unter anderem im Niger in Westafrika entstanden. Dafür hat er sogar den Alternativen Nobelpreis bekommen.
Die Geschichte hat Oscarpreisträger Volker Schlöndorff so begeistert, dass er mit über 80 etwas ganz neues wagt und seinen ersten Dokumentarfilm dreht. Darin begleitet er den "Waldmacher" mit seiner Kamera.
Die Geschichte beginnt im Niger, einem Land fast vier Mal so groß wie Deutschland. Der australische Agrarökonom Tony Rinaudo hat hier riesige Wälder entstehen lassen - und das ohne einen einzigen Baum zu pflanzen. Tony Rinaudo bringt den Landbewohnern bei, wie sie die Bäume schützen, damit sie wachsen können.
Tony Rinaudo, Agrarökonom
"Schneide von oben nach unten. Wenn du nach unten schneidest, kannst du es verletzen. Genau so, ja! Gut! Gut gemacht."
Als Regisseur Volker Schlöndorff von Tony Rinaudo hört, ist er fasziniert von diesem Waldmacher. Er beschließt einen Film über ihn zu drehen. Sein erster Dokumentarfilm.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Es hat mich wirklich überrascht, dass was er da seit 20-30 Jahren macht - schon bereits 6 Millionen Hektar alleine in Niger aufgeforstet - dass das nicht viel bekannter ist."
Volker Schlöndorff dreht den Film nicht nur, er erzählt uns das Leben von Toni Rinalod:
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Viele nennen Tony Rinaudo die Mutter Theresa Afrikas, was er nicht gerne hört. Denn es geht nicht um Wunder, wenn er auch ganze Wälder wachsen lässt, ohne einen einzigen Baum zu pflanzen. Dafür erhielt er 2018 den sogenannten Alternativen Nobelpreis."
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Ich folge Tony in die entlegensten Dörfer. Da die Bevölkerung kein Vertrauen in ihre Regierungen hat, macht er lieber denen seine Aufwartung, die auf dem Lande das Sagen haben. Die Dorfältesten. Die Marabus. Die Lokalfürsten."
Tony Rinaudo, Agrarökonom
"Wir sagten: Wenn wir so weitermachen, wie wird das Leben für unsere Kinder sein? Und ich werde nie vergessen, wie der alte Chief sagte: Es wird so schlimm sein, dass wir unser Land verlassen und gehen müssen!"
Jahrzehntelang haben die Menschen in Afrika ihr Land abgeholzt. In dem Irrglauben, dadurch höhere Erträge zu erzielen. Doch die Böden sind dabei verödet und steinhart geworden.
Tony Rinaudo, Agrarökonom
"In vergangenen Zeiten war hier ein Wald. Mit der Zeit wurden die Bäume gefällt, zum Bauen und als Feuerholz. Aber zum Glück sind viele der Stümpfe lebendig."
1981, mit 24 Jahren, geht Tony Rinaudo gemeinsam mit seiner Frau Liz und ihrem 6 Monate alten Sohn in den Niger. Sie ziehen in eine Lehmhütte und bleiben 20 Jahre. Tony Rinaudo will den Menschen helfen. Er pflanzt Bäume, versucht etliche Methoden. Doch nahezu alle Setzlinge gehen wieder ein.
Tony Rinaudo, Agrarökonom
"Als junger Mensch denkt man, man kann die Probleme der Welt über Nacht lösen. Und ich habe schrecklich versagt. Irgendwann kam der Punkt, wo ich, glaube ich, ziemlich deprimiert war und dachte, es ist hoffnungslos, eine riesige Zeit- und Geldverschwendung. Ich sollte lieber aufgeben und nach Hause gehen."
Eines Tages merkt er, die Bäume existieren bereits als Wurzel unter der Erde. Man muss sie nur aufziehen.
Mittlerweile wird seine Methode in 27 Ländern angewandt. Dort haben sich die Lebensverhältnisse der Menschen deutlich verbessert. Wie für Cecilia Topok Saparog.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Sie betreibt einen kleinen Bauernhof im Norden Ghanas. Und ist eine Art Musterschülerin der Agroforestrie."
Cecilia Topok Saparog
"Bevor ich hierherkam, war das kein Ackerland. Überall waren Steine. Wir haben sie aufgeschichtet, um den Regen aufzufangen. So bleiben die Nährstoffe im Boden. Und das steigert den Ertrag."
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Was Tony sozusagen bewirkt, ist die Restaurierung nicht der Böden, sondern der Hoffnung. Er gibt den Leuten ihre Würde zurück. Er sagt, guckt mal mit der und der Methode könnt ihr euch unabhängig machen von der Entwicklungshilfe. Der Bauer selbst managed seine Fortschritte."
Toni Rinaudo begegnet den Menschen ebenbürtig. Genauso wie Schlöndorf mit seinem Film, er zeigt ein Afrika, deren Einwohner voll Hoffnung ihre Zukunft selbstbewusst in die Hand nehmen.
Tony: "Brennt die Sonne noch so?"
Frau: "Nein, im Schatten der Bäume ist alles gut."
Tony: "Früher war nirgends Schatten?"
Frau: "Kein Schatten! Wir arbeiteten im Schweiße unseres Angesichts."
Vier Jahre lang, mit Unterbrechung, begleitet Volker Schlöndorff Tony Rinaudo auf seinen Reisen durch Afrika.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Also Tony sagt von sich, dass er Agronom ist. Aber eigentlich ist er Bauer. Der steht nicht nur mit beiden Füßen auf dem Boden, sondern der hat auch einfach einen Bezug zur Erde und für die, die sie bearbeiten. Zu den Bauern. Er ist eigentlich, von der Hautfarbe abgesehen, einer von ihnen, wenn er da zusammen ist."
Es war jahrelange Überzeugungsarbeit ist nötig gewesen, bis die Landwirte und Politiker Tonys Methode ernst nehmen. Und der Weg ist weiterhin lang. Noch immer sind Milliarden von Hektar auf dem Kontinent unfruchtbar.
Tony: "Ich glaube fest daran, dass Afrika mit den richtigen Anbaumethoden, leicht die Welt ernähren könnte."
Volker: "Nein. Wirklich?"
Tony: "Ja, natürlich!"
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Ich bin ein ungläubiger Thomas und so hat der Tony mich dann auch irgendwann genannt. Weil ich immer Zweifel gehabt habe. Wird das denn auch funktionieren? Wird das denn gehen? Wird sich das durchsetzen? Werden die afrikanischen Bauern mitmachen? Und allmählich habe ich von Tony gelernt, mir nicht diese dummen Fragen zu stellen, die einen nicht weiterbringen."
Tony Rinaudo, Agrarökonom
"Ich hatte ein wenig Bedenken, wie es wohl für mich werden würde, mit diesem Mann zurück nach Afrika zu gehen – sozusagen unter seiner Regie. Aufgrund meiner Vorstellung was ein Regisseur macht. Aber dann war es eine wundervolle Entdeckungsreise, die wir gemeinsam hatten und wir sind sehr gute Freunde geworden."
Der Waldmacher ein kraftvoller Film mit großen Bildern, der uns einen stillen Kämpfer nahe bringt, der die Welt ein wenig besser macht.
Autorin: Lilli Klinger