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Eine ganze Generation wuchs in den 1970er Jahren mit den Anti-Kriegsliedern von Bob Dylan, Joan Baez, Edwin Starr oder Country Joe McDonald auf. In Deutschland sangen Nicole oder die Bots in den 1980ern gegen Cruise Missiles und für den Frieden. Beim "Sound of Peace" Konzert in Berlin wurden alte Lieder wieder hervorgeholt, neue Friedenslieder gibt es kaum. Der Schauspieler und Musiker Daniel Donskoy gerade sein Lied "Kein Krieg" auf russisch eingespielt.
So klang es 1969 - das bis heute berühmteste Friedenslied. Damals ging es um Vietnam. Auf den neuen, den Krieg in der Ukraine hat er als einer der ersten reagiert: Daniel Donskoy mit seinem Lied "Kein Krieg".
Er singt: Es ist Krieg. Und Krieg tötet. Unsere Leute und Eure. Die Freiheit und die Liebe.
Daniel Donskoy, Musiker
"Ich war im Studio, hab dann angefangen, Wörter zu schreiben und aus einem englischen Song, der eigentlich popkulturell werden sollte, ist dann das geworden. Wenn Du heute "Kein Krieg" in Russland sagst, kannst du bis zu 15 Jahren ins Gefängnis gehen. Die Worte, die ich hier in Deutschland frei singen kann, darf in Russland nicht mal jemand aussprechen."
Sound Of Peace neulich in Berlin: Unter vielen alten Liedern, ein neues.
Dota Kehr und Max Prosa, Musiker
"Wir kennen den Krieg nur aus Geschichten und aus Filmen…"
Die Berliner Singer-Songwriter Dota Kehr und Max Prosa.
"Die Menschen, die den Frieden wollen sind in der Überzahl, überall."
Sie schreiben dieses Lied innerhalb weniger Tage.
Max Prosa, Musiker
"Das war so weit weg. Der Krieg schien – das singen wir – wir kannten den nur aus Filmen, es war wirklich wie was, das es hier bei uns nicht mehr gibt."
Dota Kehr, Musikerin
"Was mir wirklich die Kehle zuschnürt, ist diese nukleare Bedrohung, die plötzlich wieder auch so real ist und präsent."
Video, Eve Of Destruction
"The Eastern World it is explodin…"
Die apokalyptischen Visionen, Protestlieder und Hoffnungs-Hymnen von damals sind plötzlich wieder aktuell – und sie funktionieren auch nach 50 Jahren noch.
Video, Bob Dylan
"How many years must a mountain exist before it is washed to the sea?…."
Gerade erzählt eine Ausstellung in Berlin von der musikalischen Antikriegs-Bewegung der 60er, die im Woodstock-Festival ihren Höhepunkt fand. Damals wie heute trifft Musik am stärksten die Gefühle, die Hoffnung der Menschen. Der Kulturforscher Klaus Farin beobachtet seit Jahrzehnten die Entwicklung der Popkultur.
Klaus Farin, Kulturforscher
"Die Themen haben sich verlagert. In den 80er Jahren schon hat die Anti-AKW-Bewegung die Friedensbewegung eingeholt, dann spielten Rassismus, Ungerechtigkeiten, Gewalt eine immer größere Rolle, Klima natürlich, jetzt seit einigen Jahren. Da ist das Friedensthema so ein bisschen in den Hintergrund gerückt."
"Russians", Sting 1985
Jetzt aber meldet sich auf Instagram ein Weltstar zurück: Sting, mit seiner Antikriegs-Ballade aus der Zeit des atomaren Wettrüstens.
Sting, Musiker
"Ich hab das Lied seit damals selten gesungen, aber angesichts von Putins blutiger Invasion eines friedlichen Nachbarlandes, appelliert der Song wieder an unsere gemeinsame Menschlichkeit."
Video, Sting
"Believe me when I say to you I hope the Russians love their children too."
Klaus Farin, Kulturforscher
"Die Situation heute ist komplexer. Es reicht eben nicht zu sagen: Wir sind gegen Krieg, wir sind für Frieden. Sondern man muss die Zusammenhänge sehen natürlich. Der Krieg von Putin war auch möglich, weil wir ihn aus dem Westen finanziert haben, auch heute noch, jeden Monat mit Hunderten von Millionen von Euro für Energie und Rohstoffe."
Gesang Dota Kehr, Max Prosa
"Die, die am Krieg verdienen, die ihn wollen, sind nicht die, die daran sterben."
Zur Sehnsucht nach Frieden gehört es, selbst etwas zu tun, Verantwortung zu übernehmen, glauben Dota Kehr und Max Prosa.
Gesang Dota Kehr, Max Prosa
"Doch die Menschen, die den Frieden wollen, sind in der Überzahl. Überall."
Dota Kehr, Musikerin
"Na ja, in diesem konkreten Konflikt gibt’s schon auch viel, was wir tun können, was ganz real und wichtig ist: Weg von fossilen Energieträgern so schnell wie möglich und die Bundesregierung dazu auffordern, und hey, in den 80er Jahren hatten wir auch autofreie Sonntage. Aber, wir können auch, und das ist dann ganz unabhängig davon, ein Lied singen, was die Hoffnung beinhaltet."
Max Prosa, Musiker
"Die ganzen Menschen in Russland, die wären bestimmt nicht auf die Dinge gekommen, die jetzt passieren. Das ist ja eine ganze simple Erkenntnis zu diesem komplexen Thema, die gut tut. Und das steckt ja am Ende auch in "Give Peace a Chance". Natürlich kann man dem immer vorwerfen, dass es naiv ist. Und das ist es auch. Aber es ist trotzdem wahr."
Musikvideo
"… and give peace a chance."
Es braucht vielleicht keine Hymnen, aber neue Lieder für die Hoffnung. Der Anfang ist gemacht.
Autor: Andreas Lueg