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Tom Schilling ist einer der bekanntesten Schauspieler des Landes. Er macht aber auch Musik - nicht ungewöhnlich bei Schauspieler*innen und oft nicht ernst genommen von der Musikszene. Bei Tom Schilling ist das anders: er hat ein Konzept und er schreibt wunderbare Texte. Mit seiner Band "Die andere Seite" hat er jetzt neue Songs eingespielt. In einer Hinsicht bleibt er sich treu: Gute Laune findet man woanders.
Ein ehemaliger Friedhof in Neukölln. Tom Schilling ist ein bisschen nervös. Schließlich geht es heute um etwas, das ihm noch mehr am Herzen liegt, als seine Filme.
Der Ort passt zu seinen Liedern, die er jetzt unter dem Band-Namen "Die Andere Seite" veröffentlicht hat - eine Metapher für das Jenseits. Er erzählt darin von dunklen Flecken auf der Seele.
Tom Schilling, Schauspieler und Musiker
"Musik entsteht bei mir immer aus Krise heraus, weil wenn es mir zu gut geht, dann hab ich nicht das Bedürfnis, Lieder zu schreiben. Und die erste Platte hab ich über Jahre hinweg geschrieben, aber immer nur dann, wenn ich im Ungleichgewicht war. Das neue Album ist anders insofern dass ich es wirklich in kürzester Zeit geschrieben hab. Das ich so neben der Spur war, dass ich es wirklich wie in einer manischen Phase das einfach geschrieben habe."
"Das Lied vom Ich" - ein Titel, mit dem er auch eine Sinnkrise als Schauspieler verarbeitet.
Tom Schilling, Schauspieler und Musiker
" Es ist ein sehr persönliches Stück, vielleicht fällt es mir deshalb schwer, darüber zu reden, weil ich glaube, dass wenn es mir gelingen würde, mich so zu nehmen, wie ich bin, würde mir glaube ich vieles leichter fallen und vielleicht würd ich dann auch ein bisschen zur Ruhe kommen. Aber da arbeite ich schon lange dran."
Tom Schilling, Schauspieler und Musiker
"Ich hab ja immer gedacht, dass es eine ganz andere Kunstform ist - ist es aber gar nicht, im Film versuch ich auch immer viel von mir selber zu erzählen oder die Stoffe und Figuren die ich spiele, sehr nah an mich ran zu holen, um dem eine Wahrhaftigkeit zu geben, weil ich glaub nicht daran, dass ich so ein toller Versteller bin. Und da hat die Musik schon eine große Ähnlichkeit."
Tom Schilling spielt mit vier in seinem ersten Film mit und mit 12 am Berliner Ensemble. Im Friedhofs-Cafe denkt man unwillkürlich an die Filmfigur, für die man Tom Schilling immer lieben wird: den sympathischen Anti Helden.
Filmausschnitt, Oh Boy (2012) Regie: Jan Ole Gerster
"Da haben wir zwei Sorten: einmal den Café Arabica oder den Columbia Morning."
- "Welche Sorte kommt dem normalen Kaffee am nächsten?"
"Mir schmecken beide."
- "dann nehme ich den Columbia…"
Sein Tagträumer Niko im Film "Oh Boy" wird 2012 als Sinnbild einer ganzen Generation gesehen. Bei den Dreharbeiten lernt er auch seine jetzige Band kennen, die damals die Filmmusik aufnimmt. Freunde des Regisseurs Jan Ole Gerster.
Tom Schilling, Schauspieler und Musiker
"Er weiß um meine Musikleidenschaft und dann hat er mir Bescheid gesagt, als sie den Soundtrack eingespielt haben. Das war magisch, das war hoch virtuos mit anzuschauen, wie ausgefuchst die waren und da haben wir uns angefreundet."
Tom Schilling ist besessen von Musik. Und ein Perfektionist. Für den Film "Lara" übt er so lange, bis er Chopins Revolutionsetüde selbst spielen kann.
Tom Schilling, Schauspieler und Musiker
"Ich habe kurz im Kirchenchor gesungen, habe kurz Blockflöte uns Keyboard gespielt, und dann hab ich eine Gitarre geschenkt bekommen und hab mir das Gitarre spielen selber drauf geschafft und dann hab ich angefangen, Klavier mir drauf zu schaffen. Und dann hab ich angefangen, ganz kindlich, weil ich dann wusste, ok, so geht das also, das klingt gut, wenn ich danach den Akkord spiele, dann klingt das noch besser und wenn ich danach die Gesangsmelodie drüber singe, ist das ja schon fast ein Lied und das hat mich total beflügelt. Ganz kindlich und ich habe nie einen Lehrer gehabt, weil ich, glaube ich, meine Fehler gern zu Hause mache. Und nicht vor anderen."
Tom Schilling hat keine Angst vor Pathos und großen Gefühlen. Das ist ein wenig aus der Zeit gefallen, aber auch eine große Kunst.
Tom Schilling, Schauspieler und Musiker
"Wenn ich so traurige Musik mache, dann hoffe ich, dass es Hörer erreicht, die damit was anfangen können und durchs Hören das Gefühl haben, dass sie verstanden werden. Oder das es da jemand gibt, der sie sieht."
Autorin: Charlotte Pollex