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Christian Uhle ist Anfang 30, Philosoph und berät große Unternehmen wie die BVG, die Deutsche Bahn und sogar das Bundesverkehrsministerium in philosophischen Fragen. "Wozu das Alles?" heißt sein bemerkenswertes Buch. Er ist über die Frage nach diesem Sinn des Lebens zur Philosophie gekommen und seine frohe Botschaft: Sinn ist möglich!
Christian Uhle denkt nach – über eine der ältesten Fragen der Menschheit: Was ist der Sinn des Lebens? Doch: ist er damit nicht ein bisschen spät dran?
Christian Uhle, Philosoph und Autor
"Man könnte ja denken ja, die ganzen Philosophinnen und Philosophen denken die ganze Zeit über Sinnfragen nach und über den Sinn des Lebens. Das ist nicht wirklich der Fall. Gerade weil es so ein Klischee ist, das mit Philosophie verbunden wird, machen viele Philosophen Philosophen eher im Bogen darum."
Christian Uhle ist Philosoph. In der ARTE-Sendung "Street-Philosophy" beispielsweise ergründet er das menschliche Sein, deutet es, hilft es zu verstehen. Zur Philosophie kam er schon als Teenager.
Christian Uhle, Philosoph
"Ich war 16, saß ich in meinem Zimmer. Ich war sehr unglücklich verliebt und ja, irgendwie kam mir alles sinnlos vor und dachte Da mache ich das mal und denke tatsächlich mal über den Sinn des Lebens nach. Die Frage hat mich immer wieder eingeholt und kam irgendwo immer wieder zu mir."
Christian Uhle macht sich auf die Suche. Erkundet neben der Philosophie auch Bereiche der Psychologie und Soziologie. Dabei fällt auf: Gerade in reichen Ländern sind Sinnkrisen viel verbreiteter als in ärmeren. Das Streben nach Wachstum und Wohlstand führt offenbar in die Leere: Je reicher ein Land, desto positiver bewerten Menschen zwar ihre eigene Situation – gleichzeitig empfinden sie ihr Leben aber als sinnloser.
Christian Uhle, Philosoph
"Und das wirft natürlich die Frage auf Warum ist das so? Und ein Grund ist ja gerade die Steigerungslogik. Dieses Höher, Schneller, weiter, ohne zu wissen, wozu eigentlich ist eine Logik, die eben privat, aber auch gesellschaftlich den Blick versperren kann auf das, was wirklich wichtig ist im Leben."
So erfindet die Werbung immer wieder neue Bedürfnisse, die zum Konsum anregen. Ein leeres Heilsversprechen, sagt Christian Uhle.
Christian Uhle, Philosoph
"Diese ganzen Geschichten, ja diese Geschichten, dass wir halt auf irgendetwas hinarbeiten müssen oder hin sparen müssen oder hin konsumieren müssen und so was. Das sind ja Geschichten, die den Blick in die Zukunft verlagern. Sinn aber entsteht in der Gegenwart."
Wie finden wir aus der Falle des ewigen Strebens? Christian Uhle sieht die Lösung ausgerechnet in einer eigenartig sinnlosen Tätigkeit: dem Spiel. Die Kinder auf dem Spielplatz arbeiten nicht auf die Zukunft hin – sie sind ganz im hier und jetzt und fragen nicht etwa: wozu das alles?
Christian Uhle, Philosoph
"Dieses Zwecklose des Spiels, also vordergründig genau dieses Sinnlose, bildet ja eine eigene Art von Sinn. Und diese Art von Sinn: Das ist halt eben eine, wo wir uns mit der Welt in eine Beziehung setzen, in eine konstruktive Beziehung, wo wir den Sinn aus dem Moment selber heraus schöpfen und nicht in die Zukunft hinein streben."
Christian Uhle sucht den Sinn lebensnah: Die Antworten findet er nicht allein zwischen den Deckeln dicker Bücher oder in den Sternen – sondern in ganz alltäglichen Situationen – beispielsweise in einem Geschäft für Schokolade.
Christian Uhle, Philosoph
"Ja, schmeckt fantastisch, die Schokolade und hat tatsächlich einen Zusammenhang zu der Frage nach dem Sinn des Lebens. Durch unseren spürenden Leib, ja, setzen wir uns mit der Welt in Verbindung. Und das ist schon etwas ganz Besonderes. Also Welterfahrung ist Selbsterfahrung. Das ist miteinander verschränkt und die Sinnkrisen sind ja gerade dadurch gezeichnet, dass man sich so ein Stück weit fremd von der Welt fühlt. Leiblichkeit und Sinnlichkeit ist eben ein Ansatz, um eine solche Verbundenheit herzustellen, die uns im Moment einer Sinnkrise abhanden gekommen ist."
Sechs Jahre lang hat Christian Uhle an seinem Buch gearbeitet. Am Ende ist ihm eins klar geworden: Der größte Irrtum bei der Suche nach Sinn im Leben ist, dass man ihn angeblich nur bei sich selbst finden kann.
Christian Uhle, Philosoph
"Es ist eben nicht nur unser persönliches Versagen, wenn wir, wenn es uns gerade schwerfällt, keinen Sinn im Leben zu führen, sondern vielleicht dann das gesellschaftliche strukturelle Ursachen. Und insofern ist die Aufgabe, ein sinnvolles Leben zu ermöglichen, eine sowohl persönliche, die von meiner Lebensführung abhängt, aber auch eine gesellschaftliche."
Bleibt noch eine letzte Frage offen: Was ist denn nun der Sinn des Lebens, Christian Uhle?
Christian Uhle, Philosoph
"Was ist der Sinn des Lebens? Da wollen wir ja jetzt einen Satz drauf hören, so Paff. Das ist der Sinn. Aber wir haben eben viel mehr davon, wenn wir genau diese Komplexität anerkennen. Und wenn wir verstehen, dass unser Leben unglaublich facettenreich und vielschichtig ist und dementsprechend eben auch der Sinn in unserem Leben."
Autor: Max Burk