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Heinrich Schliemann ist Deutschlands berühmtester Archäologe. In die Geschichte eingegangen ist er als Entdecker der antiken Ruinen von Troja. Doch er war so vieles mehr: Weltreisender, geschickter Geschäftsmann, erst russischer, dann amerikanischer Staatsbürger. Von seiner schillernden Persönlichkeit erzählt anlässlich seines 200. Geburtstags eine große Ausstellung in Berlin. Ausgerechnet Schliemanns berühmteste Funde aus Troja fehlen - denn Russland hält den "Schatz des Priamos" seit 1945 unter Verschluss.
Es sieht aus wie eine Operation am offenen Herzen: Mit OP-Handschuhen und Maske wird sie ausgepackt, die Hochsicherheits-Fracht aus dem Archäologischen Nationalmuseum Athen. Das Gold von Mykene 1876 ausgegraben vom deutschen Heinrich Schliemann. Heute so etwas wie ein griechischer Nationalschatz.
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Was wir hier haben sind wirklich tolle Objekte aus den Schachtgräbern, tatsächlich bis heute einer der bedeutendsten Funde aus der griechischen Archäologie. Das ist ganz dünnes Goldblech, grade haben wir diese tolle Rosette gesehen. Das ist für das Grab gemacht."
In der Bronzezeit wurden so Tote aus der Königsfamilie von Mykene geschmückt - um 2000 vor Christus.
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Die Bestattung der Männer mit Waffen gehört natürlich auch dazu und man sieht natürlich bei diesen Objekten, die lange im Boden waren, wie fragil die letztlich sind, dass die Korosionsschichten haben, dass die natürlich auch leicht brechen können. Insofern ist hier die stoßsicher Verpackung auch ganz entscheidend und das wirklich ganz, ganz sorgfältige Händeln."
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Das sind Objekte, die sind seit Schliemann nicht noch mal gefunden worden. Das ist doch unglaublich, wir befinden uns jetzt 140 Jahre nach der Entdeckung von solchen Objekten und trotzdem gibt es bis heute nichts Vergleichbares."
Seine Funde machen Heinrich Schliemann zu Deutschlands berühmtestem Archäologen. Er ist 56, als er im griechischen Mykene auf Königsgräber stößt – darin der Goldschatz, der heute in Berlin ankommt.
Der Mythos von Troja aus Homers Schriften: Wie besessen will Schliemann beweisen, dass es diesen Ort wirklich gab. Und tatsächlich findet er Troja in der heutigen Türkei. Seine Grabungsmethoden zerstören aber Teile der antiken Stadt.
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Also aus heutiger Sicht könnte man ihn extrem kritisieren, so würde niemand mehr graben er hat einfach eine riesigen Schnitt durch den Siedlungshügel von Troja geschlagen und er hat mit seinem eigenen Vermögen dafür gesorgt, dass hunderte von Arbeitern gleichzeitig schippten. Er war der Überzeugung, dass das Wichtigste unten liegt."
Was Schliemann "unten" findet, ist das, was als "Schatz des Priamos" weltberühmt wird. Schliemann schenkt ihn 1881 dem deutschen Volk. Doch in der Vitrine in Berlin ist heute nur noch eine Kopie. 1945 nimmt die rote Armee alles Troja-Gold als Beutekunst mit nach Russland.
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Wir hätten die Chance gehabt, das war so überlegt, diese Ausstellung nach Moskau zu bringen und dann einmal die ganzen anderen trojansichen Funde, die hier zu sehen sind, wieder zusammen zu führen mit dem einsamen Gold in Moskau. Das kann natürlich nicht stattfinden, wir können und wollen auch keine Verträge mit Russland schließen."
3 Jahre lang hat Matthias Wemhoff die Ausstellung vorbereitet. Es geht auch um die weniger bekannten Facetten Schliemanns, bevor er die Archäologie für sich entdeckte.
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Das faszinierende an ihm ist, dass er sich immer wieder neu erfindet, Der bringt eigentlich nichts mit von zu Hause, sein Vater Pfarrer, hat seine Pfarrstelle verloren, er muss von der Schule, er macht nur eine einfache Lehre Er will auswandern nach Venezuela, das Schiff geht unter vor Texel und er landet in Amsterdam."
Schliemann fasst Fuß bei einer Handelsagentur. Und: er bringt sich selbst zig Sprachen bei. In Russland erkennt er einen großen Markt. 20 Jahre lebt er in St. Petersburg und verdient ein Vermögen – auch mit dem Krim-Krieg. Für die blauen Uniformen der russischen Soldaten liefert er den Farbstoff Indigo. Der Selfmade-Millionär inszeniert sich selbst - mitten im Hochsommer im Pelz. Dann ruft Amerika.
Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin
"Das erste Gold, das man mit Schliemann verbindet, das ist das, was er im Goldrausch in Sakramento verdient. Von Russland aus zieht es ihn in die Staaten, zieht es ihn nach Sacramento. Dort war sein Bruder tätig, der ist inzwischen gestorben, aber Schliemann wittert die Chance für ein großes Geschäft. Er bringt viel Geld mit und fängt dann an im großen Stil Gold aufzzkaufen. An die 80 KG pro Tag und so verdoppelt er in einem Jahr in Sakramento sein Vermögen."
Dieses Vermögen erlaubt es Schliemann, ab Mitte 40 das Leben zu führen, von dem er als Kind aus armen Verhältnissen träumte: studieren, reisen, die Welt der Antike entdecken. Das Gold, das er dabei fand, hat ihn fast so berühmt gemacht wie die Helden aus Troja, denen er auf der Spur war.
Autorin: Charlotte Pollex