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Stefanie Reinspergers Bühnenpräsenz lässt Kritik und Publikum jubeln. Die 34-jährige Schauspielerin ist Tatort-Kommissarin und seit 2017 fest am Berliner Ensemble. Ihre Körpermaße entsprechen nicht den gängigen Normen, wofür sie immer wieder angefeindet und beleidigt wurde. Über diese Erfahrungen und ihren Weg mit den Beleidigungen umzugehen, hat Stefanie Reinsperger jetzt das Buch "Ganz schön wütend" geschrieben.
"Du kannst meine Liebe zu dir nicht verhindern."
"Fette Sau!"
Stefanie Reinsperger in einer furiosen Solo Performance auf der Bühne des Berliner Ensembles.
In dem Stück "Phaidras Liebe" der englischen Dramatikerin Sarah Kane steht sie knappe 2 Stunden allein auf der Bühne und wird von Kritik und Publikum gefeiert. Als Spiel-wütig bezeichnet sie sich selbst. Und das mit stolz. Eine Schauspielerin, die gern ihre Grenzen auslotet.
Stefanie Reinsperger, Schauspielerin
"Ich versuch mich selber immer zu überraschen und noch mal weiter gehen und bei dem Abend wollt ich noch mal weiter gehen. Und ja, das tut weh und ist anstrengend aber ich kann nicht anders arbeiten."
Es läuft bestens für die 34 jährige Schauspielerin. Nicht nur am Theater. In Österreich wurde sie grade mit dem Film und Fernsehpreis "Romy" ausgezeichnet. Doch ihr Weg zum selbstbewussten Auftritt war keineswegs leicht, erzählt sie in ihrem Buch: "Ganz schön wütend". Offen und ehrlich spricht sie aus, wie es ist, wenn man einen Körper hat, der nicht dem medial vermittelten Ideal entspricht.
Stefanie Reinsperger, Schauspielerin
"Ich kann mich aus meiner Kindheit und Jugend nicht daran erinnern, dicke Menschen, nein ich korrigere mich, dicke Frauen in Film und Fernsehen gesehen zu haben und zwar in tragenden Figuren, die eine Entwicklung, eine Reise durchmachen und die genauso Liebe, Sex, Zuneigung und Lob erfahren, wie die zu 99% dünnen Hauptcharaktere. Und wisst ihr was? Es ist verdammt nochmal ok, darüber wütend zu sein."
Heute will Stefanie Reinsperger Vorbild sein. Mut machen, zum eigenen Körper zu stehen. Wut ist dabei ihr Wegweiser, ein Gefühl, das gegen Anfeindungen
Als Tochter österreichischer Konsulatsangestellter verbringt sie die ersten Jahre in London. Schon mit 4 spielt sie im Kindertheater. Nach der Schauspielschule an den großen Deutschsprachigen Bühnen. Schließlich: die Buhlschaft bei den Salzburger Festspielen.
Stefanie Reinsperger, Schauspielerin
"Das ist in Österreich eine sehr große Ehre für diese Rolle angefragt zu werden, da gibt es immer so ein Missverständnis, es ist nicht so, dass sich danach viele Dinge für dich eröffnen, du wirst wirklich erst angefragt, wenn du einen gewissen Punkt erreicht hast in deiner Karriere. Und ich weiß noch, dass als der Anruf kam das ich gesagt hab, ich muss mir das kurz überlegen."
Doch die Rolle, die für die meisten Schauspielerinnen einen Höhepunkt markiert, wird für Sie zum Trauma. Sie bekommt Hassbriefe, wie sie sich anmaßen könne, diese Rolle zu spielen, sie sei nicht schön genug.
Stefanie Reinsperger, Schauspielerin
"Es ging nur um dieses Kleid, es ging nur um mein Aussehen. Das nahm wirklich überhand und Formen an von Beleidigungen auf der Straße, von Drohbriefen, von wirklich unschönen Situationen."
Eine Verletzung die tief sitzt und über die sie lange nicht sprechen will.
2017 kommt sie ins Team des Dortmunder Tatorts. Wieder ein Karrieresprung.
"Friedemann Kohn, der Mann der die Grabstelle reserviert hat, existiert gar nicht."
Doch vor der Ausstrahlung ihres Debüts als Ermittlerin Rosa Herzog, gerät sie in Panik.
Stefanie Reinsperger, Schauspielerin
"Und ich weiß noch, es war Mittagspause und wir standen beim Catering und der Kollege sagt: Mensch Steffi, heut Abend wir gucken das alle, wir freuen uns so! Und ich hab so angefangen zu weinen. Ich freu mich überhaupt nicht, ich hab so Angst und dann hab ich sofort alle Kommentar Funktionen alles ausgestellt und ich war so… Oh Gott, ich kann das nicht, ich weiß nicht, ob ich das noch mal schaffe."
Doch sie hat es geschafft. Auch dank ihrer Spiel-Wut. Nie wieder möchte sie auf Übergriffigkeit und Beleidigungen mit Traurigkeit und Rückzug reagieren. Sondern laut werden. So laut wie möglich.
Stefanie Reinsperger, Schauspielerin
"Was mich freut und was eine schöne Reaktion ist, die ich sehr oft bekomme auf das Buch ist, das Menschen auch Männer sagen: Ach Danke, jetzt bin ich nicht ganz so allein. Endlich sagt es wer. Das darüber reden. Es hat mich auch viel Mut gekostet, zu sagen: Stopp! Wie sprichst Du mit mir? Hör auf damit!"
Autorin: Charlotte Pollex