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Schon vor dem Krieg kamen Menschen aus der Ukraine zu uns nach Deutschland, ein Großteil als Arbeitsmigrant*innen. Wie viele Osteuropäer*innen arbeiteten sie als billige Pflegekräfte. Davon erzählt der Film "Rivale". Es geht um einen ukrainischen Jungen, dessen Mutter als Krankenpflegerin in einem deutschen Seniorenhaushalt lebt und arbeitet. Als seine Oma stirbt, zieht der Junge zu seiner Mutter in die deutsche Provinz. "Rivale" ist ein bewegendes Psychogramm. Der junge Hauptdarsteller musste mittlerweile nach Berlin flüchten. Wir haben mit ihm und Regisseur Marcus Lenz über den Film gesprochen.
In einem LKW versteckt reist der neunjährige Roman von der Ukraine nach Deutschland zu seiner Mutter. Sie arbeitet als illegale 24-Stunden-Pflegekraft.
3 Jahre haben sie sich nicht gesehen. Sie lebt mit dem Witwer Gert, gespielt von Udo Samel. Ein Leben in der Illegalität. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte.
Marcus Lenz, Regisseur
"Es war ne junge Frau, die lebte als wir sie kennenlernten, in dem Keller eines Mehrfamilienhauses und zog zwei Wochen später hoch zu einem viel älteren deutschen Mann und ich fand die Beziehung spannend. Sie war offensichtlich finanziell komplett abhängig von ihm und er aber emotional."
"Die Geschichte ist erzählt aus der Perspektive des Kindes, das war mir sehr wichtig, dass wir in die Seele eines Neunjährigen eintauchen und versuchen die Welt aus seinen Augen zu entdecken."
Eine Rivalität entsteht zwischen dem Mann und dem Jungen. Die ohnehin angespannte Situation verschärft sich als seine Mutter mit einem Blinddarmdurchbruch ins Krankenhaus muss. Als Illegalen droht ihnen die Abschiebung. Sie haben keine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland.
Regisseur Markus Lenz interessiert diese dramatische Dreiecksbeziehung, getrieben von Abhängigkeit, Liebe und Eifersucht.
Marcus Lenz, Regisseur
"Dass man wirklich drei Figuren hat, die alle voneinander abhängig sind in gewisser Art und Weise und die sich verändern können innerhalb der Geschichte weil sie letztlich alle nichts anders wollen als geliebt zu werden."
So authentisch wie möglich soll der Film sein. So gab es für den Jungen, gespielt von dem Ukrainer Yelizar kein Skript, es wurde viel improvisiert - fast ohne Worte.
Marcus Lenz, Regisseur
"Das heisst Yelizar, also der 9jährige Hauptdarsteller hat nie ein Skript bekommen, kannte die Geschichte nicht, hat – glaube ich- nicht ein Wort Dialog was ihm vorgegeben war sondern wir sind gemeinsam auf Entdeckungsreise gegangen, weil ich daran interessiert war, wie sich ein 9jähriges Kind in einer solchen Situation verhalten würde."
Mit Markus Lenz treffen wir den Hauptdarsteller und seine Mutter. Heute ist er 14 Jahre alt. Für den Regisseur war Yelizar ein Glücksfall gewesen, den er aus über 500 Kindern gecastet hat und der ihn überzeugt hat, weil er mit großer Intensität die Figur spielt - ohne wirklich je erfahren zu haben, wie sich das anfühlt.
Yelizar Nazarenko, Darsteller
"Anfangs war es schwer….aber dann spielte ich alles was mir in den kopf kam… Ich kannte solche Situationen nicht, aber ich stellte mir das vor."
Marcus Lenz, Regisseur
"Yelizar, du hast mich mit einer Sache überrascht, woher kam das?"
Yelizar Nazarenko, Darsteller
"Hm naja ich hab als ich kleiner war, viel Metall und Rock musik gehört, da schreien sie auch und das kombiniert mit der Wut über Schule und so, da hab ich dann geschrien."
Nicht nur im Film, auch in der Realität ist der junge Hauptdarsteller jetzt in Deutschland. Er ist mit seiner Mutter wegen des Krieges nach Berlin geflüchtet.
Marcus Lenz, Regisseur
"Das ist komisch das gedreht zu haben und das es jetzt von der Realität so überrollt wird. In dem Film geht es um ökonomische Zwänge, jetzt geht’s einfach nur darum zu überleben, deshalb sind die Leute hier."
Eine schwere Situation für Yelizars Mutter, ihr älterer Sohn und Mann sind an der Front, sie mit Yelizar hier. Die Freunde sind in Europa verteilt, zur Schule geht er nicht. Sie warten auf das was kommt.
Natalija Nazarenko
"Wissen sie, es ist sehr schwer darauf zu antworten, ich weiss nicht wie ich mich fühlen soll, wir wissen überhaupt nicht wie es weitergeht, die Situation ist unerträglich."
Das Schicksal der Ukrainerinnen und Ukrainer lässt den Regisseur und Kameramann Markus Lenz nicht los, gerade war er in Butscha und Borodjanka, um zu dokumentieren, wie es nach der russischen Besatzung nun weiter geht. Es ist ein Alltag eingekehrt, der zuweilen grotesk wirkt, wenn etwa eine Militärkappelle vor einer Ruine spielt.
Marcus Lenz, Regisseur
"Ich habe sowieso eine sehr enge Verbindung zur Ukraine, dadurch, dass meine Frau daher kommt, und ich viele Freunde dort habe aber es hat jetzt eine ganz andere Dringlichkeit."
Sowohl als Dokumentarfilmer als auch als Spielfilmregisseur interessiert Markus Lenz Authentizität. Im Film Rivale ist das bemerkenswert zu sehen.
Autorin: Theresa Majerowitsch